Ronald M. Schernikau

GND-ID
118891839
VIAF-ID
2753907
WIKIDATA-ID
Q109615
Alternative Namen
Ronald Lothar Schernikau
Mentioned in
Kurzbiografie

Nach der Übersiedlung seiner Mutter aus der Deutschen Demokratischen Republik in die Bundesrepublik Deutschland 1966 wuchs Schernikau in Lehrte bei Hannover auf. Mit 16 trat er der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) bei. Noch vor seinem Abitur am Lehrter Gymnasium erschien 1980 die Kleinstadtnovelle im Rotbuch Verlag. Das Buch über schwules Coming-out in einer Kleinstadt wurde ein erster bemerkenswerter Erfolg, die Erstauflage war nach wenigen Tagen vergriffen. Im selben Jahr zog Schernikau nach West-Berlin, wo er zur Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) wechselte und an der FU Germanistik, Philosophie und Psychologie studierte. Zu seinen Freunden gehörten seither die Autoren Gisela Elsner, Irmtraud Morgner, Ulrich Berkes und Erika Runge. Auf Runges Interviewtechnik bezog er sich in eigenen Arbeiten, er entwickelte sie weiter. In den populären Büchern von Matthias Frings zu männlicher Sexualität, Homosexualität und Aids ist Schernikau mit Beiträgen vertreten. In der Rolle einer Tuntendiva trat er in dem West-Berliner Ensemble „Ladies Neid“ auf. Marianne Rosenberg bat ihn nach den Protesten gegen den Besuch des US-Präsidenten Reagan in West-Berlin um einen Liedtext zum Thema, den er ihr schrieb („Er ist ein Star“). Von 1986 bis 1989 studierte Schernikau am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“ in Leipzig, wo er als West-Berliner nur mit erheblichen Schwierigkeiten zugelassen wurde. 1988 nahm er an einem Aufbaustudiengang teil. Im Mai 1988 legte er seine Abschlussarbeit die schönheit von uwe. die losung 43 und der spass der imperialisten. darüber, daß die ddr und die brd sich niemals verständigen können. geschweige mittels ihrer literatur vor und veröffentlichte den Essay 1989 in überarbeiteter Form unter dem Kurztitel die tage in l. im Konkret Literatur Verlag. Unter der Regie von Florian Hein wurde das Werk an der Berliner Schauspielschule Ernst Busch als Theaterstück inszeniert. Ebenfalls 1988 trat er der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei. Dazu bedurfte es einer Bürgschaft, die er von Peter Hacks erhielt. In diese Zeit fällt der größere Teil des Briefwechsels mit Peter Hacks, zu dem Schernikau bereits von West-Berlin aus Kontakt aufgenommen hatte. Schernikau stellte Hacks darin die Frage, ob er in die DDR übersiedeln solle. Dieser antwortet ihm, dass, wenn er ein großer Dichter werden wolle, er keine andere Wahl habe, als in die DDR zu kommen. Sie allein stelle ihm „auf entsetzliche Weise“ die Fragen des Jahrhunderts. Solle aber sein Talent darin bestehen, „Erfolg zu haben und Menschen zu erfreuen“, dann solle er sich das noch einmal überlegen. Hacks Antwort an Schernikau ergab sich aus seiner scharfen Kritik an der damaligen Honecker-Politik, die – anders als die Politik zu Zeiten Walter Ulbrichts – den Sozialismus beeinträchtige und gefährde. 1989 beantragte und erhielt Schernikau die Staatsbürgerschaft der DDR und siedelte am 1. September 1989 nach Berlin-Hellersdorf über. In Ost-Berlin war er als Hörspieldramaturg des Henschel-Verlages tätig. Auf dem Kongress des Schriftstellerverbands der DDR vom 1. bis 3. März 1990 hielt er eine Rede, in der er seinen Zuhörern sagte, dass sie noch nichts „von dem Maß an Unterwerfung“ wüssten, „die der Westen jedem einzelnen seiner Bewohner abverlangt“. Die Strategie des Zurückrollens sei aufgegangen. Der Westen habe gesiegt, die Konterrevolution habe gesiegt. Die spätkapitalistische Ökonomie brauche für ihre Fortexistenz keine Rechtfertigung mehr. Schriftsteller würden sich nun wieder „mit den ganz uninteressanten Fragen auseinanderzusetzen haben, etwa: Wie kommt die Scheiße in die Köpfe?“ Dabei würden sie alleine sein. 1991 vollendete er den umfangreichen Montageroman legende. Er konnte erscheinen, nachdem Autoren wie Eberhard Esche, Peter Hacks, Elfriede Jelinek, Sahra Wagenknecht, Wolfgang Kohlhaase, Dietrich Kittner und Hermann L. Gremliza sich privat und öffentlich für die Subskription einer Vorzugsausgabe eingesetzt hatten. In dem Film Banale Tage (1992) hatte er seine einzige Rolle als Darsteller. Vom 1. September 1989 bis zu seinem Tod am 20. Oktober 1991 lebte Schernikau in Berlin-Hellersdorf, Cecilienstraße 241 (ehem. Albert-Norden-Straße). Schernikau starb an AIDS. Er liegt auf dem Friedhof Georgen-Parochial II, Abteilung 52, Reihe 02, Grabstelle 16 begraben. Seit dem 5. September 2014 erinnert an seinem letzten Wohnhaus in Berlin-Hellersdorf eine Gedenktafel an Schernikau. Die Tafel wurde von der Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ finanziert und montiert. In den letzten Jahren erfuhr Schernikaus Werk eine Renaissance, vor allem im Theater brachten Inszenierungen seiner Texte (u. a. von Bastian Kraft und Moritz Beichl) neue Aufmerksamkeit für den Autor. 2019 erschien im Verbrecher-Verlag eine Neuauflage des voluminösen Romans legende. Schernikau lebte offen homosexuell und bekannte sich zu seiner kommunistischen Weltanschauung.

(Quelle: Wikipedia)

Fakten

Geschlecht
  • Männlich
Geburtsdatum
  • 1960-07-11
Geburtsort
Sterbedatum
  • 1991-10-20
Sterbeort
Nationalität
  • Deutsch
Berufliche Tätigkeit
  • Schriftsteller