2020.09.10 - Karlheinz Gründel - 480p.mp4
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Astrid Kirchhof: heute ist der 10. September 2020, wir befinden uns im Haus von Karl-Heinz und Gisela Gründel und zwar in Gera und ich beginne jetzt mit dem Interview von Karl-Heinz Gründel, mein Name ist Astrid Kirchhof. #00:00:27-7# Herr Gründel, vielen Dank, dass Sie uns in Ihr Haus gelassen haben und zum Interview bereitstehen. Erzählen Sie uns doch erst mal etwas von Ihrer Lebensgeschichte in Bezug auf die Wismut. #00:00:46-0#
Karl-Heinz Gründel: ja, Danke. Ich war eigentlich, als ich Ihren Artikel gelesen hab von der Frau Schein über die Wismut-Zeitzeugen, war ich überrascht, dass ich von einer unbeteiligten Institution, so will ich sie mal bezeichnen, jemand damit beschäftigen möchte, was ist aus den Leuten in der Wismut geworden, welche Lebensgeschichte haben sie, denn es gab sehr viele Historiker, Bücher wurden geschrieben über die Wismut und alles mögliche, aber im Wesentlichen wurden nie die Schicksale der Menschen angesprochen. Und ich selbst bin ja als, fast noch als Kind, als 14Jähriger bin ich zur Wismut gekommen und möchte eigentlich im Vorfeld sagen, dass ich in der Wismut 41 Jahre gelebt habe, gearbeitet habe, dort meine Entwicklung genommen hab und ich bin stolz und glücklich, dass ich in der Wismut arbeiten durfte. Nun zu meiner Geschichte. Geboren wurde ich am 2. Mai 1936 in Hindenburg Oberschlesien. 1945 im Januar wurden wir von dort aus evakuiert. Wir waren keine Flüchtlinge, wir wurden von der deutschen Administration aus Oberschlesien 'rausgebracht, ich habe einen ziemlich schlimmen Leidensweg miterlebt über den ganzen Weg der Flucht oder Vertreibung oder Evakuierung. Ich lag in Freiberg zwischen Hunderten von Leichen, wir waren von Läusen und Wanzen zerfressen. Also ich möchte sagen, ich habe das Flüchtlingsgeschehen am eigenen Leib erlebt. Wir kamen dann 19hundert, Mai etwa, 1945 nach Dommitzsch Kreis Torgau. Dort wurden wir in ein Lager untergebracht, das war sicher zu Hitlers Zeiten ein Internierungslager. Dort ham wir gehaust. Wir Kinder durften nicht in die Schule. Erst 1946 hat man zugelassen, dass wir eigentlich nach fast anderthalb Jahren in die Schule weitergehen konnten. Also ich wollte damit sagen, ich weiß was Flüchtling heißt. 1949 - mein Vater kam 47 [1947] aus der Internierung - hat dann über Bekannte mitbekommen, dass in Marienberg Objekt 5 Bergbau betrieben wird, Uranbergbau. Es wusst ja keiner was das so richtig ist und naja, er ist dann 1947 nach Marienberg gezogen, allein. Wir waren noch in Dommitzsch und hatten dort auf den Schächten als Steiger untertage gearbeitet. 1949 kamen wir dann selbst, sind wir umgezogen von Mahlitzsch dann nach Marienberg, ham dort eine Zweizimmerwohnung gehabt und ich ging 1949 noch das letzte Jahr, die achte Klasse in Marienberg in die Schule. Die Schule war beendet, wir, ja was wird mit den, ja das sind ja noch Kinder, mit den Jugendlichen. Und in der Zeit gab es keine Lehrstellen. 1950 war ja noch eigentlich ziemlich alles aufgerissen und meine Mutter eigentlich, weil mein Vater in drei Schichten gearbeitet hat, meine Mutter hat mitgekriegt, dass in der Wismut irgenwie Lehrlinge eingestellt werden. Und da hat sie mich an der Hand genommen, ich hätt beinah gesagt am Kragen geschnappt und hat mich in die Kommandatur Marienberg geschleppt. Ich muss sagen, die Kommandatur deswegen, weil ja zu der Zeit das Militär, das sowjetische Militär diese ganze Gestaltung der Wismut unter Kontrolle hatte. Ja und dort hieß es auf einmal ich kann Elektriker werden, so Elektrolehring werden. Nun, eigentlich wurde ja erst maximal mit 15 Jahren wurden ja erst Lehrlinge eingestellt, aber ja ich sach 'n Übersetzungsfehler oder sonstwas, jedenfalls man hat mich da eingestellt und so wurde ich Elektrolehring bei der SDAG Wismut in Marienberg Objekt 5. Diese Zeit in der ich in Marienberg gelernt hab, die ging von 1950, also 5. September - vor fünf Tagen hatte ich meinen 70sten Arbeitsanfang - vom 5. September bis etwa Februar 1952. Ende 1951 wurde die Erzproduktion in Marienberg, also in diesem Objekt 5, eingestellt und nun, die Bergleute wurden entweder nach Aue oder schon in den Geraer Ronneburger Raum delegiert und die Frage stand, was wird mit den Lehrlingen. Wir waren damals etwa 80 Lehrlinge von Klassen 1949 und 1950. Ich wollte es nochmal ausdrücklich sagen: 1949 hat die SD, nee, die Wismut-AG hat 1949 Lehrlinge eingestellt und ausgebildet. Das war natürlich eine Besonderheit, das ist klar, aber in den ganzen Jahrzehnten dann auch - und ich komm nochmal auf die Chronikschreiber zurück - in den ganzen Jahrzehnten ist zum Teil sogar verleugnet worden, dass es diese Lehrlinge gab. Jene 80 jungen Menschen sind einfach nicht existent gewesen. So. Die Wismut hat ab 1960 etwa in Gera und sicher auch in Schlema so eine professionelle Lehrlingsausbildung betrieben, aber sich daran zu erinnern, dass schon 1949, wenn's auch bloß wenige Lehrlinge warn, Lehrlinge ausgebildet wurden. Das hat man, ja das passte eben nicht rein. Das hat man vergessen und was dann vergessen ist, das hat man halt dann nicht mehr gewollt. Und was nicht sein soll, kann nicht sein. So und wir kamen dann, sollten nach, in das sogenannte Objekt 7 nach Annaberg umgesetzt werden, also im Uranbergbau und da warn aber die Bedingungen nicht gegeben und so hat die Wismut eine sehr gute Entscheidung getroffen. Man den Lehrlingen, die es wollten freigestellt, vor allen Dingen die Eltern, dass wir in Gera im sogenannten Objekt 90 - also ich mal davon aus, dass jetzt bekannt ist, was die Wismut für eine Struktur hatte mit ihren Objekten, dass diese Lehrlinge im Raum Gera Ronneburg ihre Lehre beenden können. Und so kamen wir, im Februar glaub ich, 1952 nach Gera. Das erste war natürlich die Unterkunft. Wir wurden untergebracht in Gera in der Rathenaustraße, da waren ein großes Forsthaus, dann waren zwei Wohnhäuser leergemacht in der Rudolf-Scheffel-Straße und dort wurden wir Lehrlinge untergebracht. Die (...) ja die Ausbildung in Gera war eigentlich nur kurz. Gera war ehemalige Werkzeugfabrik Wesselmann war nur kurz, wir wurden dann in die mechanische Werkstatt nach Ronneburg gebracht und ich persönlich habe im Februar 1952 in einem kleinen Vermerk auf meinem, auf einem Fragebogen, den ich da ausfüllen musste, in Russischer Schrift, dass ich eingestellt war als Elektorlehrling in der Karriere Trünzig und Katzendorf. Das ist also hinter Ronneburg. Wir Lehrlinge, es warn zwei Fachrichtungen, Schlosser und Elektriker. Die Schlosser hatten eine Lehrwerkstatt, die sind untergebracht worden und wir Elektriker waren vom ersten Tag an als Lehrlinge und dann auch als Gesellen in den Tagebauden. So, und dort ham wir eigentlich unsere beste Ausbildung bekommen, weil wir nicht nur Installationen, wie es da so im Elektrikerbereich üblich ist, wir ham Hochspannungsarbeiten, wir ham Gleichstromarbeiten, wir ham Riesen E-Lockbatterien gehabt, die gewartet werden mussten, also wir hatten eine allumfassende Bildung und 1953 hab ich dann mit anderen meinen Facharbeiter gemacht und war Facharbeiter. (...) Vielleicht nochmal 'n Sprung zurück. 19hundert, als wir von Marienberg nach Gera kamen, wie gesagt, ich war ein Knöpfchen, so groß, blass, mickrig und ich weiß jetzt nicht, ich hab's hier in den Unterlagen, wir wurden medizinisch untersucht und als mich der Arzt gesehen hat, hat er bestätigt, dass ich später für'n Bergbau übertage noch untertage verwendbar sei. So, also ich war untauglich überhaupt im Bergbau in irgendeiner Form zu arbeiten. Aber das hat keinen interessiert. Ich bin mit der Kolonne weiter maschiert. So. Also die Bescheinigung liegt in meinen Akten hier. Interessant. Da wir sowieso in den Tagebauen waren, die Schächte war'n ja noch nicht soweit, hab ich mich 1954 bemüht im Tagebau Philipp Müller, das ist ein Tagebau bei Kauern gewesen, als Elektriker arbeiten zu können, weil ich 'n bißchen mehr Geld verdienen wollte. So, im Tagebau Philipp Müller hab ich gearbeitet als Elektriker, dann bin ich kurze Zeit als Hauer gegangen. Ich muss sagen, das Erz lag so flach, dass wir das übertage mit Pickhammer und Schaufel geborgen haben und hab ja bis Mitte 56 [1956] da als Elektriker wieder und als Hauer, also es wechselte hin und her, gearbeitet. (...) Vielleicht noch 'ne Episode. Ich hatte so den Hals voll, die Hände warn aufgerissen, ich, ich war ja auch gar nicht so groß und stark. So, und da war eine Kampagne, da wurden Neuleh, Neulehrer gesucht in der DDR. Ich dachte, du machst Lehrer und da hab ich mich gemeldet und hab meine ganzen Unterlagen in der FDJ-Kreisleitung abgegeben, weil das über die FDJ-Organisation abgelaufen ist und zu meinem Glück oder Unglück sind meine ganzen Unterlagen versaubeutelt worden. Also ich hatte nichts mehr. Gut, hab och nix gehört, also hab ich weiter im Tagebau gearbeitet. 1956 bekam ich die Chance, ein Freund von mir auch - mer muss ja immer bedenken 1956 war ich ja grade mal 20 Jahre alt, also zu der Zeit waren das noch Kinder fast - bekam ich die Möglichkeit, einen Meisterlehrgang, damals in Karl-Marx-Stadt zu besuchen, ein halbes Jahr. Hab diesen Meisterlehrgang mit sehr gut abgeschlossen. Gut, das war schön. Und wurde danach als Schichtmeister für Elektro im Tagebau, dann war es Karriere Vierter Parteitag schon, im Tagebau eingesetzt. Mein Arbeitsvertrag heißt Schichtelektrotechniker, aber das war halt so, also Schichtmeister. Ich hab meine Arbeit in drei Schichten, wie gesagt, wie alle andern gemacht, hab im Erz gearbeitet, so wie der Tagebau war und 1960 wurde dieser Tagebau auf zwei Schichten reduziert und nun war klar, eine Schicht fiel aus, ich wollte eigentlich, ich war jung verheiratet, hab 1958 geheiratet, wollte bißchen mehr Geld verdienen und hab mich ins Schachtkombinat 5 Reust beworben und wollte als Elektriker untertage arbeiten. Das hat auch geklappt, ich hab paar Monate untertage gearbeitet als Elektriker und eines Tages wurde ich zum Hauptingenieur des Betriebes bestellt und der machte auch nicht viel Worte, sagt, horch, du hast den Meister, du musst die technische Versorgung vom Betrieb übernehmen. Ich wusst gar nicht, was das bedeutet, technische Versorgung. Der Betrieb hatte damals vielleicht schon 2000 Leute, also es war ja schon immerhin, ein ganz schönes Objekt. Aber ich war eigentlich immer gehorsam. So, also was blieb mir übrig, ich wurde Leiter der technischen Versorgung von dem Betrieb, vom Bergbaube ... damals noch Schachtkombinat 5 Reust. So. Ich muss noch eine Sache dazu bringen. 1960 liefen, schlichen Männer um - wir hatte ne Zwischenwohnung in Gera - dort in dem Wohngebiet rum, erkundigten sich nach mir und und und. Und eine Nachbarin sagte dann, ich glaube da ist was mit Ihnen los. Ach du lieber Gott, was soll mit mir los sein. Ja, in meiner, ja was'n. In meiner Not bin ich zu meinem Parteisekretär in den Schacht und hab dem das gesacht. Und da sacht er, nee des geht alles in Ordnung. Warte mal was kommt. Ich muss sagen, ich bin 1958 Mitglied der SED geworden. So, als 18 Jähriger. Also wie gesagt, kein Karrierist. Ich war, wir waren vorher in einer Bezirksjugendschule in Glauchau und alle wurden dann gewonnen, Kandidat der SED zu werden. Ich auch. So und als Geschenk, vergess ich nicht, bekam jeder so'n Stapel Stalinbände. Die warn damals nichts mehr ... gut. Ja, dann warte ab. Es dauerte auch nicht lange, da wurde ich wieder zum Parteisekretär bestellt. Da saßen zwei Genossen und da wurde mir offeriert, ich wäre der Einzige im Kreis Gera und Eisenberg, der eine Verwandtschaft in Landshut hat. Bundesrepublik. Und man sucht einen jungen Genossen oder einen guten Genossen, der bestimmte Kundschafterarbeiten da auszuführen hat. Nu gut. Ja was nun. Also mach ich. Wie immer: Ich mach. Und nun war's aber so, ich sollte mit einer Genossin, die meine Partnerin war, die hatte scheinbar och Aufträge oder was, keine Ahnung. Und da meine damalige Frau, ihre Mutter und ihre Schwester in Landshut waren, ham wir natürlich die einzige Chance gesehen, die ich ihr och geben wollte, nach 'm Westen zu kommen. Wir hatten eigentlich in Gera nicht viel zu verlieren. Diese kalte Wohnung da, in der wir wohnten, so also hab ich's durchgesetzt, dass wir im Dezember, als ich als heimlicher Kundschafter - sehen Sie, dass erfahrt ihr, das weiß keiner - als heimlicher Kundschafter in die Bundesrepublik geschickt wurde mit meiner Frau und meiner Tochter Evelyn, die war ja damals knapp zwei Jahre alt. So, dort hab ich meinen Parteiauftrag erfüllt, ich sollte kundschaftern, was mit der KPD-Gruppe von einem gewissen Höfelmeier, der war och noch 'n Bekannter von meiner Schwiegermutter, ist. Die wär auseinander gegangen. Also ich sollte dort die Sachen prüfen, kontrollieren usw. Naja. Also war ich 14 Tage im Auftrag als Kundschafter in der Bundesrepublik. Nu muss ich sagen, da war die Verlockung schon groß, da drüben zu bleiben. Wir hatten ja hier ni 60, was hatten wir 'n hier, gar nichts eigentlich. Und mich hat der Teufel geritten, ich hab gesagt, du hast 'n Auftrag gekriegt, du fährst zurück. So und damit begann eigentlich ein Teil der Tragödie meiner ersten Ehe mit diesem heimlichen Westkontakt, den ich dann über mehrere Jahre mitgemacht hab. Wenn meine Schwägerin kam, in Marienberg angemeldet war, bei ihren Schwiegereltern, und sich dann 'ne Woche heimlich bei uns in der Wohnung aufgehalten hat. Aber das ist jetzt Geschichte. So 1960, wie gesagt, ich war Leiter der technischen Versorgung ... es, ach so, da muss ich vielleicht noch sagen, die Schächte und Tagebauen, aber auch Transportbetriebe oder (unv.) Betrieb 17, die hatten eigene, hatten betriebseigene Materialversorgung, aber untergeordnet war dieser materialwirtschaftliche Prozess der Abteilung Materialwirtschaft des jeweiligen Objektes, also in dem Fall des Objektes 90. So. Da gab's die Hauptabteilung. Und da drüber, ich komm zu unserm Gespräch von vorhin, da drüber war die Zentrale, die 22. Abteilung der Generaldirektion, das war die zentrale Materialwirtschaft der Wismut, die also über die Fondbeschaffung und die großen Investitionen ihre Hand hatte und dort war der Herr Professor Freyer lange der Leiter dieser Abteilung. Gut, also ich hab dann bis 1963 diese Tätigkeit ausgeführt und ja Anfang 64 wurde ich zum Betriebsleiter bestellt. Horch, da kam eine neue technische Sicherheit im Bergbau als Grundvorschrift und es mussten innerhalb kürzester Zeit mussten aller Hauer, Bohrer, Lockfahrer qualifiziert werden. Also mit dieser technischen Sicherheit im Bergbau vertraut gemacht werden. Und was ham sie gemacht. Gründel, du musst das machen. Also hab ich meine Stelle als Leiter der technischen Versorgung aufgegeben und wurde Ingenieur für Erwachsenenqualifizierung. Diese Tätigkeit hab ich durchgeführt, och zur Zufriedenheit, gut und hab mich Ende 64 selbst wegrationalisiert. Da waren, die waren alle qualifiziert. So, na gut, ich hätte meine Arbeit schon gehabt. Und da kam die Anforderung vom Objekt, also von der Objektverwaltung, der Leiter der Abteilung Materialwirtschaft ging zur Parteischule und es wurde jetzt der stellvertretende Leiter, es wurde ein Stellvertreter gebraucht im Objekt war ich ... so. Also war ich Gruppenleiter in der zentralen Materialwirtschaft und Stellvertreter. Diese Sache, ja diese Arbeit ging bis 1991, äh bis 1971, Mensch man wird ja langsam irre. 1970 kam die zentrale Entscheidung von der Generaldirektion, dass die Objekte - offensichtlich warn sie wirtschaftlich zu stark geworden in ihrer Einheit - die Objekte zersplittert werden. So und das Objekt 90, es gab ja neben der Erzproduktion gab's ja einen ganzen Berg von Hilfsprozessen, also die Materialwirtschaft. Es gab die betrieblichen Betreuungen, es gab die Feriendienste, es gab den Sport und was weiß ich alles, Gesundheitswesen und alles was im Objekt 90 eben organisatorisch angesiedelt war, wurde jetzt aufgeteilt und so ist die Materialwirtschaft und auch die Lagerwirtschaft, die waren damals noch getrennt, sind die nach, zum Bergbaubetrieb Reust gekommen. Der hieß damals schon Bergbaubetrieb DSF Reust. Und so bin ich 1971 wieder nach dem Bergbaubetrieb Reust gekommen und das war eigentlich mein, mein betriebliches Zuhause. Dort hab ich, obwohl ich mit meinen, mit meinem Tätigkeitsbereich ziemlich eigenständig war, aber ich war im Betrieb angesiedelt, ich war im Betrieb parteilich, politisch organisiert mit vielen Dingen, die also so alle gelaufen sind und ja die, diese Zeit war dann so, dass ich - ich spring jetzt mal bis 1988 - im Bergbaubetrieb Reust war. Meine Aufgabe war, die zentrale Materialwirtschaft. Wir hatten, das muss ich ja auch nochmal sagen, weil ich ja immer von der Materialwirtschaft rede, wir hatten 19hundert, bis 1977 war die Materialversorgung, wenn ich's mal so sagen darf, und die Lagerhaltung waren getrennte Bereiche, das war so historisch gewachsen, war aber derartig ökonomisch katastrophal, sodass ich den damaligen Betriebsdirektor überzeugen konnte, 'ne neue Struktur aufzubauen und so wurde ab 1977 das Bereich Material- und Lagerwirtschaft, wie sich's gehört, aufgebaut, das gehörte zu mir, ich hatte damals mehere große Hauptlager. Wir ham in den Schächten und Betrieben Zwischenlager gehabt, wir ham also ja für rund 30 Millionen Mark Vorräte gehalten, des sind mehrere hundert Millionen Mark Material- und Ausrüstungsumsatz gewesen. Das war schon 'ne ziemlich große Einheit und wir ham auch einen guten ökonomischen Gewinn für den Betrieb gebracht, weil die Berechnung dieser sogenannten Beschaffungskosten, ich glaub die warn so um die acht Prozent oder 8,7 Prozent, das war ja der reine ökonomische Gewinn, den ein Bergbaubetrieb, der ja von dem, von der Erzproduktion gelebt hat, gut gebrauchen konnte. So und mit dieser Bereichserweiterung kam natürlich auch noch eine ganze Menge anderer Verantwortung auf mich zu. Es waren, ich's sag's, die ganzen gesellschaftlichen Aufgaben, die, die, sagen wir mal in der Parteileitung, in der Gewerkschaft, in der DSF, im Neurer Wesen, das war 'ne ganz große Kategorie. Also es gab vieles, was du als Leiter, och die Arbeit mit den Menschen natürlich, und es ist nicht so gewesen, dass der sozialistische Leiter der Held war, nein. Der war der Prügelknabe, der ... über ihn konnte sich jeder bei der Partei, bei der Gewerkschaft, beim Direktor beschweren. Und jedes Mal, wenn sich ein Werktätiger über dich beschwert hat, weil de 'n dumm angeguckt hast oder irgendwie, da wurdest du zitiert, wurdest rund gemacht. So, als so rum lief natürlich die Richtung auch. Aber es war eine gute Zeit, es hat Spaß gemacht. Eh, ich hab eins jetzt übersprungen, aber das gehört auch mit zu meinem Leben. 1980 hab ich meine Frau Gisela kennengelernt, 1982 ham wir geheiratet und ich hatte auch insofern Glück, natürlich nicht nur mit ihr, so insofern Glück, eh sie war Russisch-Lehrerin und wir haben in unseren Betrieben natürlich viele sowjetische Spezialisten gehabt. So, also die Fachabteilung so ... war das ja trotz der Sache, dass wir 'nen deutschen Generaldirektor hatten, aber die sowjetischen Spezialisten waren ja auch der Hauptingenieur und es dauerte ja auch nicht lange, da kriegten die Genossen schon mit, wenn der Karl-Heinz was zu machen hat, die Ausfahrten organisieren, dann hat er für die natürlich auch mal was Besonderes mit organisiert. Na gut, ging ja nicht aus meiner Tasche. Aber ich hab's gemacht. So, aber es kam noch eins dazu. Die sowjetischen Frauen hatten keinen großen Kontakt zum Territorium und auf einmal war eine Frau dabei, bei den Ausfahrten, mit denen sie sich unterhalten konnten, nämlich auf Russisch. So und da war das dann über die ganzen Jahre eigentlich schon so, wenn die sowjetischen Spezialisten ihre Jahresausfahrten machten, wer musste das organisieren? Der Karl-Heinz und wer musste mit (unv.) sagen? Und so war das eigentlich auch ein schönes Verhältnis und so haben wir auch in gewisser Hinsicht auch private Verhältnisse bis zu 'ner Grenze so, zu den sowjetischen Spezialisten aufgebaut. Das war schon recht gut. So. Naja, und vielleicht noch eins, das gehört halt mit dazu. Wenn ich jetzt ausschweife, dann können Sie mich ja unterbrechen. Wir ham aus der zentralen Funktion der Materialwirtschaft, bekamen wir, ich weiß es nicht mehr, es kann Ender 70er Jahre, kriegten wir den Auftrag für alle Bergbaubetriebe hier in diesem Ronneburger Raum die Bohrkronen - ich hoffe, Bohrkronen sagt was - also die werden immer gebraucht für's Bohren und Sprengen, die Bohrkronen zu schärfen. Das war 'ne aufwendige Sache, alle Schächte ham's in eigener Regie gemacht und da kam aus der Sowjetunion Spezialisten und ham bei mir im Bereich eine Bohrkronenschleiferei aufgebaut. Das größte Fest war, muss ich sagen, für meine Schlosser, die haben einen Verbesserungsvorschlag nach dem anderen gemacht, weil an den Maschinen nichts funktionierte. Das ging wirklich, war ne Katastrophe, aber das konnten wir ja den sowjetischen Spezialisten nicht sagen. Und eine Sache war noch, das Hartmetall für diese Bohrwerkzeuge, auch für andere Werkzeuge, war ein sehr kostbares Gut und soweit ich 's noch in Erinnerung hab, kostete die Tonne Hartmetall 40 Tausend Mark. Also es war schon ein ziemlicher Wert. Und um das Hartmetall aus den abgearbeiteten Kronen zu gewinnen, ham wieder die einzelnen Schächte eine ja jeder mit Schmiedefeuer oder mit sonstwas versucht das Hartmetall aus diesen Kronen rauszubrechen, nicht schmelzen, rauszulösen. Und 1984 kam ich, das war dann mein größter Wurf eigentlich, kam ich dann durch Zufall, weil mit jemand zusammen aus der Chemie, wir ham uns unterhalten, wie man chemisch dieses Hartmetell aus den Kronen lösen könnte und ja es ging dann sehr schnell, ich hab dann mich mit dem Chemiebetrieb in Verbindung gesetzt, auch mit der Wismut wegen Spezialisten und wir ham bei uns eine Hartmetallrückgewinnungsanlage aufgebaut, natürlich mit allen technischen Vorschriften, so und ham mittels Salpetersäure, aber der Prozess dann, ham wir das Hartmetall gelöst und haben ja weit über anderhalb Millionen Mark gesellschaftlichen Nutzen gebracht. Also das war schon ne gute Sache und dafür bekamen wir auch den Banner der Arbeit, so als Kollektiv. Nun ... was soll ich jetzt noch sagen. 85 [1985], die Jahre 86 [1986], 87 [1987] die liefen, ich bekam, ich war auch sicher gesellschaftlich gut aufgestellt, war auch in sogar hier in der ach ... in der Volkskontrolle, ich komm jetzt gar nicht auf den Namen, hier im Territorium. Also ich hab eigentlich aktiv überall soweit mitgerabeitet, bekam auch viele Auszeichnungen und 1988 dann war wieder so ein Wismuthistorischer Moment, der Bergbaubetrieb Reust wurde aufgelöst, die Wismut hatte zwischenzeitlich die Produktion zurück gefahren, es wurde der Bergbaubetrieb Bärwalde stillgelegt und so gab es eigentlich noch den Betrieb Schmirchau, Paitzdorf und Drosen. Drosen war der modernste Betrieb und der jüngste und modernste Bergbaubetrieb und Reust wurde aufgelöst. Jetzt stand die Frage alle Funktionen, die Reust neben dem Bergbau hatte, die mussten nun untergebracht werden. Mein Bemühen war nach Drosen zu kommen, des wäre für mich das Beste gewesen, weil die Linen (?) zwischen der Betriebsleitung und mir auch passten, aber es gab andere Konstellationen und so wurde entschieden, dass mein Bereich zum Bergbaubetrieb Paitzdorf kommt. So, in Paitzdorf hab ich - das Jahr 88 - meine Sache gemacht, aber ich muss sagen, ich fühlte mich als Fremdkörper im Eis. So, gut, die Sache aber war in Ordnung und Ende 1988 kam dann für mich eine schlimme Situation mit der weiß Gott nicht gerechnet hätte und in der, ich wiederhol mich nochmal, ich war ein Kind des Sozialismus, hab meine ganze Ausbildung - achso ich hab eins vergessen - mein Gott, ich hab ja den, den, den Ritterschlag vergessen. Ich bin 1975, wurde ich zur Bezirksparteischule nach Mittweida delegiert, als Jahresparteischule. Das war für jeden sozialistischen Leiter zwar ein Grausen, aber das war dann auch ein gewisser Ritterschlag. So, wenn du die Bezirksparteischule hattest, ich habe sie och mit sehr gut abgeschlossen, so. Dann warst du als Kader schon für die nächsten Aufgaben bißchen vorgesehen. Ja, das hatte ich vergessen. Ja, aber des is ja nun vorbei. Also 1988 hab ich dann ein Schlag in meinem Arbeits- und persönlichen Leben gekriegt, von dem ich nicht geglaubt hatte, dass das im Sozialismus möglich ist. An dem ich persönlich erlebt habe, wie die Rechtsbeugung aber auf so unverschämte und brutale Weise durchgeführt wird und mit einem eiskalten Lächeln Menschen an die Wand gedrückt werden oder zum Gedanken des sich selbst Tötens führen und deswegen - dadrüber kann man reden, ich kann über alles reden - so, deswegen hab ich vorhher wahrscheinlich nie so richtig verstanden, wenn Leute mit dem was in der DDR passiert ist nicht einverstanden waren oder Widerstand oder nach 'm Westen abhauen wollten oder sonst was. Und in diesen zwei Monaten, sagen wir Januar, Februar 1989, da hab ich das erste Mal eine so richtige Ohrfeige gekriegt und da kam für mich die Wende, das sag ich jetzt mal, die kam für mich wie eine Erlösung in höchster Form. Nicht nur für mich, auch für meine Frau. So ... #00:38:20-9#
Astrid Kirchhof: Wollen Sie darüber jetzt die Geschichte erzählen? Oder ... #00:38:25-8#
Karl-Heinz Gründel: Ja, wenn's ... #00:38:28-9#
Astrid Kirchhof: ... dann erzählen Sie doch jetzt die Geschichte und nachher frag ich nochmal alle Sachen nach. #00:38:31-5#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ich kann, gut, gerne! Ich war Leiter der zentralen Materialwirtschaft, war Leitungsmitglied der SED-Grundorganisation, war also eigentlich - Materialwirtschaft zu DDR-Zeiten - ich muss sagen, ich verfügte über keinen Pfennig Geld im Betrieb. Wir hatten kein Bargeld. Es gab nichts was du dir in die Tasche stecken konntest. Wir haben alles über Lastschriftverfahren, die Buchhaltung gemacht. Also das muss ich vorneweg schicken. Aber in der Zeit der DDR war's halt leider so, dass wir nicht in 'n Baumarkt gehen konnten und uns 'n Sack Zement holen konnten oder paar Steine oder zwei Bretter oder selbst Nägel oder was, also es blieb eigentlich durch diese verfehlte Wirtschaftspolitik, die wir och als Leiter wussten, is nicht so, ich hab manchmal mit meinem Betriebsdirektor, mit meinem Freund ham wir uns im Garten unterhalten. Schon Jahre, Jahre, wie soll des ausgehen, wie soll der Schwindel ausgehen. Aber wir waren in dem System eingebunden und wir hatten nur zwei Möglichkeiten. Entweder gehen wir, wohin? Oder wir machen mit. So, und ich hatte in meinem Bereich - lacht nicht - einen alten Tischler, vier Schlosser und einen Maurer, die so die Gebäude, wir hatten ja große Lagerhallen und so weiter, die also die Gebäude und die Paletten instand halten, also kleinere Reparaturen machen. Was natürlich der Tischler gemacht? Am liebsten hat er ja ... so gepfuscht. So, das hat er schon bevor ich das Bereich übernommen hab gemacht, nicht etwa. Aber jetzt kam eben die Kollegin Soundso, du Karl-Heinz das Fenster bei mir ist kaputt, kann der Rudi - ich sach, kann oder hat er schon? - naja, er hat's eigentlich schon. Gut. Der andere kam, meine Tür ist kaputt, kann der Rudi - ja, kann. So. Aber es gab och andere Sachen. Es gab auch Entscheidungen, ich kann's so sagen, da kommt der Parteisekretär, der Genosse Wager und sacht, wir treffen uns draußen an den Gleisen. So, die Gleise, des war des Anschlussgleis bei mir in Gera. Der kam von Reust nach Gera. Warum ham wir uns an den Gleisen getroffen? Keiner wusste ob nicht in meinem Zimmer was ist, also sind wir an die Gleise gegangen. Und da ging des so los: Du Karl-Heinz, der Fleischmann Werner, ich sprech mal so wie er es sachte, der Fleischmann Wern, der wollte gerne seine Datsche verkleiden. Ja und ich? Ja, sacht er, der Tischler muss das machen. Mein alter Tischler. Ich wurde dann für diese Verbrechen, hab ich dann teuer bezahlt. Der Tischler. Gut. Ja und was soll'n nu ... Ja, der ruft dich. Er ruft mich an, Genosse Gründel kannst du mal in die Gebietsparteileitung kommen. Man muss sich mal diese Ebene jetzt vorstellen. Ich war noch nie da drin. Mein Herz klopfte schlimmer als bei euch jetzt hier, so. Hin, komm rein, großer Zimmer, kumm, kumm, horch ma. So war der Sprachschatz: Kumm, horch ma. Ich hab da so ne kleene Datsche und da wollt ich ne Sperrholzverkleidung machen, so. Hab mi'm Wager gesprochen, mit 'n Stelzig. So, da war ja schon alles fest. Dein Tischler soll's machen. Nu gut. Bin ich mit, mit in seine Datsche gefahren, hab des ausgemessen, zurück, Tischler Auftrag gegeben, du machst Sperrholzplatten mit Leisten, den und den Maßen. So. Ich hab aber nicht gewusst, der Tischler hat nicht gefragt für wen, der Tischler hat in seinem heimlichen Buch, wo er alles aufgeschrieben hat über Jahrzehnte, für wen er was gemacht hat, reingeschrieben Sperrholzverkleidung für Gründel. So. Die Sperrholzverkleidung wurde gemacht. So, du kannst se holen. D.h. ich hab's meinem Parteisekretär gesagt. Na, ich kriegt 'n Anruf, die bringst du mit 'n B Tausend (unv., #00:43:37-9#). Wir hatten 'n B Tausend, aber da war 'n Fahrer drauf. Jetzt musst ich dem Fahrer sagen, ich fahr heute den B Tausend. Also bin ich mit 'm B Tausend mit seinem Zeuch nach Karl-Marx-Stadt gefahren, nach Bittersgrün, wo er seinen Bungalow hatte, abgeladen. Paar Wochen später sagt meine Sekratärin, Parteikontrollkomission ist hier. Ich sach, was? Der Genosse Horn, ich kann ja mit den Namen arbeiten. So, Genosse Horn, des war der Stellvertreter. Genosse Gründel, ich hab mi'm Genossen Wager gesprochen, ich brauche einen Zaun. Aus Kistenbrettern. Wir kriegten hier große Maschinen, also hatten wir och ... ich dachte: Aus Kistenbrettern, ja. Wager angerufen. Des musst du machen. Also hab ich dem Tischler den Auftrag gegeben, einen Kubikmeter, was das war, Zaunslatten zu schneiden. Was steht in seinem Buch: Für'n Gründel Zaunlatten geschnitten. Der hat des halt aufgeschrieben. So. Es gab noch viele andere für die ich diese Leistungen oder ich wär irgendwann über die Klinge gesprungen. Also hab ich's gemacht. So und ich habe einen Freund gehabt, sehr engen Freund, mit dem hab ich mich viel unterhalten und hab auch ihm manchmal mein Herz ausgeschüttet. Das ham wir unter uns gemacht. Des war der Brauer, des war der Stelzig und das war ich. Und wir drei ham Klartext geredet, wenn wir die Luft ablassen wollten. So und das hat seine Frau zum Teil mitgekriegt oder Siegfried hat's och ihr erzählt. Und wie das so ist, wenn ich sagen darf, 1986 ist der Sohn von den Brauers hat in Jena gearbeitet, Dr. der Chemie, ist in der U-Bahn geschnappt worden bei der Republikfllucht, der Siegfried war Geheimnisträger, ist abgelöst worden, Scheidung kam, Siegfried hat seine Frau um Geld beschwindelt, was weiß ich, und die Frau saß da drüben und hat auf Rache gesinnt. Und da hat die sich ein Werk zusammen gesponnen und hat das an die Gebietsleitung, an die Gebiets-VP, weil die das alles als nicht relevant weggetan haben, hat sie das an den Generalstaatsanwalt der DDR geschickt und da wurde beschlossen, dass der Gründel als Bauernopfer (unv.) als ich und er ja, wir werden ihn nicht ganz tot machen, wir ziehen jetzt die Schau ab. Und so ist die Schau abgezogen, die diese Frau von A bis Z verfolgt hat und der sie auch berichtet haben. Und da blieb ich zum Schluss übrig. So und als dann, ich habe 178 Straftaten begangen, erstaunlich wie wenig, mit einem gesellschaftlichen Schaden von über 18 Tausend Mark. Dann hat man noch vergessen, mir die Zinsen zu berechnen. Die hab ich auch noch bezahlt und dann kam mein Strafbefehl, dass ich 8700 zum Nachteil des sozialistischen Eigentums veruntreut habe und ich selbst beteiligt bin mit 1700 Mark. Ich war erstaunt und als diese ganze Sache dann im Februar zum Ende kam, sagte mir der Hauptmann Heinrich, der emittelnde Hauptmann - in dem Moment bist ja kein Genosse, du bist ja dann nur noch der Herr Gründel - Herr Gründel, wir machen jetzt Schluss mit den Ermittlungen, ich wusst gar nicht wo mir der Kopf stand, weil ab 20 Tausend Mark hätte es vor's Gericht gehen müssen. So, das wollte man ja nicht, denn dann wär ja die Frage gekommen, was sind denn das hier für Sachen. Aber wir sehen mit Wohlwollen, wenn Sie von den Genossen das Geld zurück bekommen. Und da habe ich dann die Beträge, die für Parteisekretäre, och mal 'n Betriebsdirektor, nebenbei gesagt, oder andere. Ein Mitarbeiter von mir, der hat sich sein Bungalow auskleiden lassen, das hab ich gar nicht gewusst, das ging dann och gleich noch mit auf mein Konto. Also ich habe dann das Geld von allen 1989 zurück bekommen, heimlich natürlich, ohne was und ja, der einzige, der nicht bezahlt hat, war der Parteisekretär. Und das was für die Horn und Fleischmann war, das war ja mein Anteil, diese 1700 Mark hatte ich ja als meins oder der Tischler als die Leistung für mich genannt. Naja gut und da war die Sache erstmal soweit. Aber was noch viel schlimmer war, es gab zwei Haussuchungen. Die eine war in meinem Garten, die andere hier, jeweils vier Leute, die alles nun durchstöbert haben und da war ein gewisser Major Kauter, der hat, war eigentlich sehr enttäuscht. Ich hatte ja Sperrholz veruntreut, Bungalowverkleidung, die musste ja jetzt irgendwo sein, die guckten nun mit aufgerissenen Augen, in meinem Bungalow gab's kein Sperrholz. Da waren Bretter, Kistenbretter angenagelt. Die hatte ich hobeln lassen, das geb ich zu. So und die hab ich aber selbst angenagelt. Da sagte er noch zu mir frech: Wer hat denn das gemacht? Da sach ich, ich. Sowas macht man doch nicht. Nägel werden doch verdeckt genagelt. Und ich hab das Sperrholz unterschlagen, aber es ist nun egal. Hier im Zimmer, Schrank aufgemacht, Hauptmann Major Kauter und da liegen meine Sozialversicherungsausweise. Der nimmt sie und steckt sie in die Jackentasche. Ja, ich war ja wie gebannt, ich war ja nich mal mehr in der Lage klar zu denken. Und ja dann zogen die ab. Im Protokoll wurde nichts beschlagnahmt, nichts gefunden und ich habe auch meiner Frau immer gesagt, pass auf, wenn mal was passiert, ich habe für alles, was wir hier, was ich beschafft hab, hab ich die Rechnung. Und das war auch mein Glück. Ich habe alle Rechnungen für alles gehabt, die haben nicht ein Stück, außer den 1700, gut das ist schon klar, das war ja auch erklärlich, die Bungalowverkleidung, die sie ja nicht gefunden haben. Aber egal. Und da er meine Sozialversicherungsausweise eingesteckt. Naja gut. Im, ich weiß nicht wann, 1989 im Februar bin ich, ruft mich die Lohnbuchhalterin, die kleene Maus, die Frau Beer an, sacht, Karl-Heinz du kannst mal deine SV-Ausweise holen. Hole ich sie, ich hab's hier, können 'Se alles mitnehmen. So, sind mir vom Februar 1952 bis 1964 alle berechtigten bergmännischen Jahre gestrichen worden, einfach entfernt, gestrichen. Nun gut. Ich konnt es nicht fassen, ich hab den Hauptbuchhalter nochmal angesprochen und sach, wieso macht ihr das. Jajaja (unv.) so. Gut. Dann bin ich zu meinem Betriebsdirektor vom Genossen Hofmann, Genossen auch ja und wollte nun wissen, wasnun jetzt ist, ist alles abgeschlossen. Ich hab ihn im Zechengebäude auf der Treppe getroffen. Und da sach ich, du Manfred, was iss'n jetzt, wie geht das jetzt weiter. Auf der Treppe, Zechengebäude, dich lös ich ab, geh zum Kaderleiter, du bist abgelöst. Da war fast 30 Jahre meiner Leitertätigkeit weg. So, zum Kaderleiter. Der hat mir drei Stellen angeboten. Eine, den Leiter vom Ersatzwerk, da hätt ich sogar mehr verdient als ich vorher hatte, als Bereichsleiter der Materialwirtschaft. Dann Bereichsökonom und Sachgebietsbeauftragter Wissenschaftliche Arbeitsorganisation. Weil ich aber wegwollte, hab ich das Letzte genommen, weil mir das das Einfachste war und hab naja, das gemacht. Ich hatte 'n guten Abteilungsleiter, der sagt, Karl-Heinz Mensch, Karl-Heinz halt durch, in zwei Jahren geh ich in Rente, da machst du dass Karl-Heinz. Ich hab aber auf den Schächten viele Leute getroffen, die mir auf die Schulter geklopft haben, ich hab vielleicht auch einige getroffen, die gesagt haben, dir geschieht's recht. Das mag alles sein. Im Juni kommt der, der mir das fast alles eingerührt hat, der Siegfried und sacht, du Karl-Heinz in Drosen wird ein Prozesstechnologe gesucht, du bringst das, du machst das untertage. Das war die Steuerung der gesamten Förderung dieses Riesenbergbaubetriebes über Computer. Ich keine Ahnung. So, was hab ich gemacht. Ach, sagt er, der Stelzig kann mit dir aber nicht sprechen. Der darf in keiner Verbindung zu dir gebracht werden, sonst klappt das nicht. Du musst zum Hofmann gehen und musst von ihm erwirken, dass er dich gehen lässt. Nun gut, bin ich zum Hofmann und hab ne Forderung gestellt, die er nicht erfüllen konnte und da hab ich ihm gesagt, du, kannst du nicht mal mit 'n Stelzig sprechen mit Drosen, ob die mich nehmen. Also ich war da nur noch 'n Bettler, ob die mich nehmen. Ja, ich hatt ja mit 'n Hofmann sowieso keine besonders gute Ebene und drei Stunden später werd ich zum Kaderleiter gerufen. Du hast doch nicht viel einzupacken, nee, du kannst gleich nach Drosen. So, da bin ich nach Drosen und bin dann noch anderthalb Jahre untertage als Prozesstechnologe gewesen. Hab's dann och einigermaßen gepackt und dann kam die Wende und ich hatte, ich hatt's Ihnen glaub ich gesagt, Anfang November hab ich dann untertage meinen ganzen Mut zusammen genommen und hab gesagt, du wendest dich nochmal an den Ersten Sekretär der Gebietsleitung, habe mit der Sekretärin von meinem Parteisekretär von Drosen, der war in Ordnung, sie och, hab sie gebeten, ob sie mir des schreibt, hat sie gemacht, ich hab den Brief nach Karl-Marx-Stadt geschickt an die Gebietsleitung, hab dann - steht auch hier - hab dann am 11. November 1989 vom Genossen Rothe Alfred persönlich ein Schreiben bekommen, dass er mit großer Aufmerksamkeit mein Gejammere, also gelesen hat und er gibt dem Chef der Parteikontrollkommission den Auftrag den ganzen Vorgang nochmal zu meiner ... aufzurollen und er geht davon aus, dass es zu meiner Zufriedenheit gelöst wird. Ich dachte, mich trifft der Schlag, ich hab gehört, der hat sich wohl nächsten Tag aufgehangen. Der Rothe Alfred. Aber es war egal, das Schreiben ging raus. Ich hab dann im ... Anfang 89 [1989], als dann die Wende war, hab ich an den Kaderleiter der SDAG Wismut geschrieben, hab ihm mein Leid geklagt, was mir begegnet ist mit dieser Rentensache und ich kriegte dann - iss auch hier drin - da im Oktober 1990 die Bestätigung aller Jahre, die mir vorher gestrichen wurden. Gut, die Bestätigung hatt ich, aber es war im Umlauf, der Gründel hat Rentenbetrug gemacht, der Gründel war 'n Rentenbetrüger usw. und Auslöser war wieder die Frau Brauer, weil mein Freund Siegfried ihr irgendwann mal gesagt hat, dem Karl-Heinz hab ich seine Rente in Ordnung gebracht. Der hat meine Rente nicht in Ordnung gebracht, der hatte damals lediglich meine SV-Ausweise mit nach Reust zu der Stelle genommen, die die ganzen Unterlagen hatten, zur Überprüfung der Bergmännischen Tätigkeit. So und nun hab ich das. Was mir bleibt ist die Erinnerung. ich kann aber sagen, Gott sei Dank und da danke ich Ihnen auch, bin richtig froh, dass ich das mir mal von der Seele reden konnte, ich hab's lange verdrängt, meine Frau muss ja da viel mitmachen, iss klar, sie hat's aber geduldig getragen. So, weil sie auch wusste, was is oder was nich is und deswegen dank ich Ihnen jetzt mal richtig, dass ich reden durfte, und zwar so, wie es aus meiner Seele rauskommt. Ich sach nochmal, ich war ein Kind der Wismut, ich bin in der Wismut das geworden, was ich auch mir selbst erarbeitet hab, klar. Ich hab nicht von Korruption oder sonstwas gelebt, ja. Aber ich hab halt immer das gemacht, was man von mir erwartet hat. #00:58:39-6#
Astrid Kirchhof: Ich würd sagen, wir machen hier mal 'ne kurze Pause und dann kann ich ja nachfragen. #00:58:44-8#
Karl-Heinz Gründel: Ja, gerne! #00:58:43-7# (...)
Astrid Kirchhof: Ich hab nochmal ein paar Nachfragen zu Ihrer Ersterzählung. Also zuerst wollt ich mal gerne wissen, Sie haben ja von Ihrer Kindheit, was ich sehr gut fand, erzählt, weil man dann so besser versteht, woher Sie kommen. Sie sagten, Sie kommen aus Oberschlesien ... #00:58:57-7#
Karl-Heinz Gründel: Ja #00:58:57-7#
Astrid Kirchhof: ... da kommt auch meine Familie ursprünglich her übrigens. War denn das für Ihre Eltern, Mama und Papa, klar, dass Sie im Ostteil bleiben? Da war ja noch keine Mauer. #00:59:10-5#
Karl-Heinz Gründel: Ich glaube das war, das Wort war klar, kann ich gar nicht sagen. Die haben einfach, die sind dahin gepflanzt worden und sie waren damals, vermute ich, genauso hilflos wie viele andere und durch die Arbeit vom Vater in Marienberg da war eigentlich gar nicht die Frage. Sie ham, es gab etliche Verwandte, die von dann auch irgendwie von Oberschlesien nach Westdeutschland kamen, die ham sie auch in den 60er Jahren besucht, kamen aber immer wieder treu und brav nach Marienberg zurück und dort sind sie geblieben bis sie gestorben sind. #00:59:55-7#
Astrid Kirchhof: Hatten Sie denn damals, Sie waren doch einmal drüben in Landshut, haben Sie gesagt, ne und also Bayern. Und da war Ihre Frau mit dabei, ne? #01:00:09-3#
Karl-Heinz Gründel: ... die erste Frau ja #01:00:11-0#
Astrid Kirchhof: ... die erste Frau ... #01:00:10-8#
Karl-Heinz Gründel: ... und die Tochter. #01:00:10-8#
Astrid Kirchhof: War da Ihre Frau mit Ihnen einer Meinung, wir gehen zurück oder wär sie lieber gerne im Westen geblieben oder war des okay ... #01:00:19-9#
Karl-Heinz Gründel: Wissen Sie, ich kann das nicht mit Ja oder Nein beantworten. Es war eigentlich für uns, wie soll ich'n sagen, 1960, ich war 24 und sie war 23. Wir waren, ihre Schwester ist ja vorher nach Westdeutschland gegangen sozusagen und die Mutter auch, so. Also es hätte viel nahe gelegen, dass wir drüben bleiben, aber ich hab, ich weiß nicht warum ich so 'n Gehorsamsfimmel hab. Und ich hatte den Auftrag und da bin ich wieder zurück gegangen. Ja. Sie wär vielleicht gern geblieben. #01:01:04-2#
Astrid Kirchhof: Aber Sie können sich nicht erinnern, ob da Diskussionen waren oder so. #01:01:08-0#
Karl-Heinz Gründel: Nein, aber es war dann eben, sozusagen der Kompromiss muss ich sagen, dass dann die Schwägerin jedes Jahr rüberkam zu uns und ich hab das dann gemacht mit Bangen, dass das keiner rauskriegt, obwohl in meiner Stasiakte stand lückenlos wann die gekommen ist, aber ... #01:01:28-3#
Astrid Kirchhof: Aber des war doch erlaubt, wir waren auch in der DDR bei Verwandten. #01:01:31-6#
Karl-Heinz Gründel: Es war nicht erlaubt, weil ich die Verpflichtung unterschrieben hab, dass ich kein Westkontakt habe ... #01:01:38-8#
Astrid Kirchhof: hmm, so ... #01:01:39-8#
Karl-Heinz Gründel: ... wegen dieser vertraulichen Verschlusssache. So. #01:01:41-0#
Astrid Kirchhof: ... wegen der Arbeit, ah ja. #01:01:42-4#
Karl-Heinz Gründel: Das war ja der Punkt. Sonst wär das nicht gewesen. #01:01:45-9#
Astrid Kirchhof: Achso, verstehe. ... Sie haben erzählt, dass Sie irgendwann nach Gera kamen als junger Mann und da wollt ich noch wissen, wo warn denn da Ihre Eltern, sind die mit gekommen? #01:01:55-7#
Karl-Heinz Gründel: In Marienberg, nein. Ich bin als 15, also als 15Jähriger von zu Hause, von der Mama nach Gera umge ... #01:02:07-6#
Astrid Kirchhof: Ganz allein. #01:02:07-7#
Karl-Heinz Gründel: Ganz allein. Ich bin immer mitgelaufen. Ich war ja immer der Kleinste. Vielleicht darf ich das noch sagen. Als wir uns vor fünf Jahren über die Lehrlinge unterhalten hatten, die ersten Lehrlinge, mit der OTZ. Da warn die andern zwei immer so großmäulig, ja wir ham, wir ham! Da hab ich erst mal mitgekriegt, überlegen Sie mal, das war, da war ich noch um die 80 Jahre alt, mitgekriegt, dass ich ja immer der Kleinste war. Ich war immer der Jüngste, der Kleinste. Ich hing immer hinter her, bis dann der Knoten geplatzt war, dann war ich vorne dran. #01:02:49-5#
Astrid Kirchhof: (lacht) ... so drehen sich die Sachen um im Leben. Sie ham vorhin gesagt über die Lehrlinge, die so früh wie Sie kamen zur Wismut wurde nie, die Chronisten hätten darüber nicht gesprochen ... #01:03:00-1#
Karl-Heinz Gründel: Nein. #01:03:00-1#
Astrid Kirchhof: Erklären Sie mir nochmal was Sie denken, warum sollte das verheimlicht werden, ist doch eigentlich 'ne gute Sache ... #01:03:05-3#
Karl-Heinz Gründel: nee, das war nicht verheimlicht, das war, das ging, das war nicht bekannt, das ging unter und als ich dann - ja eigentlich nach der Wende mehr - diese schlauen Leute. Es gibt auch ein Buch. Sie werden mit der Frau Bergholz wahrscheinlich nochmal reden, da können Sie noch fragen, ob sie weiß, dass die Wismut schon 1949 Lehrlinge ausgebildet, das weiß die vielleicht gar nicht. Das hat die Leute auch nicht interessiert. Ab 1960 oder 61[1961] warn dann die Lehrbetriebe aufgebaut worden in der Wismut, dann wurde der Lehrbetrieb aufgenommen, Hauer und was alles. Schlosser und Elektriker, so und ab da gilt, die Wismut hat seit 1960 Lehrlinge ausgebildet. Es geht nicht um die paar Leute, aber es geht eigentlich darum, wenn man sagt, Mensch, die Wismut hat damals das schon gemacht und nicht nur Verbrecher eingestellt oder was, ja. #01:04:08-2#
Astrid Kirchhof: Würden Sie sagen, das ist die Wismutinterne Erzählung ihrer eigenen Geschichte, also, dass es erst ab 1960 Lehrlinge gibt. #01:04:17-4#
Karl-Heinz Gründel: ja, ja. #01:04:20-7#
Astrid Kirchhof: Okay. Sie haben ja, wenn ich das richtig verstanden hab, hauptsächlich übertage - nicht nur - aber hauptsächlich übertage gearbeitet. #01:04:25-7#
Karl-Heinz Gründel: Hauptsächlich, ja. #01:04:25-7#
Astrid Kirchhof: Können Sie nochma bißchen was erzählen, wie so ein -, sie haben ja viele verschiedene Tätigkeiten gemacht - erzählen Sie doch noch mal ein bißchen, was man als Elektriker gemacht hat und was ich auch nicht so ganz, was ich schwierig finde, wenn Sie Material, als für das Material verantwortlich waren, auf der einen Seite sagt man, die Wismut ist immer sehr bevorzugt worden mit Material ... #01:04:46-5#
Karl-Heinz Gründel: ja das stimmt #01:04:46-5#
Astrid Kirchhof: ... auf der anderen Seite ham Sie gesagt, es war auch nicht immer so einfach, man konnt ja nicht einfach zum Baumarkt gehen. Vielleicht erzählen Sie nochmal so 'n paar Schwierigkeiten oder was Ihre Tätigkeit so ausgemacht hat. #01:04:56-1#
Karl-Heinz Gründel: Na gut, das erste ... vielleicht nochmal die Jahre bis 1960, von mir aus. Da hab ich im Tagebau gearbeitet als Elektriker. Der Tagebau, wie isser, wie überall: Erde, Schlamm, wenn's regnet biste bis zu den Knien im Schlamm versunken. Wenn's trocken war, hat's gestaubt wie verrückt. Wir hatten den übertage, also den Abbau, war ja erst, weiß nicht wieviel Meter Masse, da hatten wir zu Beginn Kipper, (unv., #01:05:38-3#) Kipper, sowjetische. Dann kamen deutsche H6-Kipper, die waren Sechstonner und dann kam der Krass. Der Krass war der 12-Tonner, der jetzt vielleicht auch noch irgendwie bei paar Ausstellungen iss, das war der größte Kipper. Dann muss man sich natürlich vorstellen, in so 'nem Tagebau - wenn trocken is, is ja alles schön und gut - aber wenn's nass ist, wenn's regnet, die Fahrstrecken waren sogenannte Rollbahnen, da hat man aus Balken und Querpfosten direkte Rollstraßen gebaut, damit die Kipper nun hin und her fahren konnten. Wir hatten dann, im weiteren Verlauf haben wir Elektrobagger bekommen, die tausend Voltspannung hatten, also EKG nannten die sich. So, also wurde auch im Tagebau wurden Hochspannungsleitungen verlegt, Kabel verlegt, die mussten, wenn geschossen wurde, mussten die Kabel getrennt werden. Ich hatte mal einen tragischen - er ging aber gut aus - einen Unfall in meinem Bereich. Wir hatten Bagger, die mussten betreut werden durch die Baggerelektriker, Baggerschlosser. Wir hatten Raupenfahrzeuge, also das war ein ganzer Teil von Maschinen, aber es war immer eins: Erstens haben wir von montagfrüh 6 Uhr bis Sonntag in der Nachtschicht, bis sonntagfrüh 6 Uhr gearbeitet. Also wir haben noch 6 Tage in der Woche gearbeitet und wenn du eben Schicht hattest, dann warst du sonntagfrüh fertig und dann ham wer zugesehen, dass wir mit dem Zug und dann mit 'm Mottorrad nach Marienberg gefahren sind, denn dort war ja unser Zuhause. Dort war ja die Freundin oder die Frau und soweiter. Also die Arbeit im Tagebau, die war auch für die Handwerker, wir standen ja nicht an der Werkbank, wir war'n ja draußen im Feld, war schon hart und brutal. Ja. #01:07:55-3#
Astrid Kirchhof: Erzählen Sie mir doch nochmal so einen Tag, wie Sie den begangen haben, also oder was da Ihre einzelnen Tätigkeiten waren, früh ... mittags .... #01:08:01-5#
Karl-Heinz Gründel: ... ich war als ... gut, ich war als Schichtelektrotechniker, also als Schichtmeister. Ich hab zu Beginn der Schicht die Elektriker, die ich hatte für die Aufgaben, die mir die vorgehende Schicht übergeben hat ... mit den Aufgaben beauftragt, also was zu reparieren war, wann Sprengarbeiten waren, wann die Leitungen getrennt werden mussten und so weiter. Und meine Aufgabe war dann letztendlich, dass alles nach den Sicherheitsvorschriften abläuft. Das ist also zu keinen Störungen, zu keinen Unfällen kommt und ja also, ich muss nochmal sagen, ich begreif das heute auch noch nicht. Ich war 20 Jahre alt, da hat man mich da eingesetzt und ich hatte Elektriker und Schlosser - naja Schlosser nicht, war ja Schichtmeister - Elektriker, die waren 40 und 50 Jahre alt, die hatten 20 Jahre Berufserfahrung und aber, ich war ja auch dankbar für jeden, der mir geholfen hat. Ich war nicht der Vorgesetzte, der alles übersehen hat. Das hat man immer gedacht, das hat man vorausgesetzt, bin ich auch im Lauf der Zeit geworden ja. Aber die Arbeit verlief eben so, dass die meiste Zeit ich dann draußen entweder an ein' Bagger war oder an der Hochspannungstrasse oder am Schaltschrank mit war, also weil ja die Angst immer mitgeht von dem Verantworlichen, bei solch sensiblen Sachen, dass nichts passiert. Ja. #01:09:43-3#
Astrid Kirchhof: Was würden Sie sagen, warum sind Sie so jung Chef geworden oder wer des übersieht ... #01:09:47-7#
Karl-Heinz Gründel: Das fragen Sie den lieben Gott (lacht). Ich, ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Ich kann nicht sagen, ich war der Gute, ich war der Beste (lacht). Liebe Frau Doktor, ich bin ... ich, ich weiß es nich, ich bin reingewachsen, wie ich reingewachsen bin. Wenn man mir gesagt hat, du machst das, da hab ich das och gemacht, ja. Aber ich musste ja Leistung gebracht haben, sonst wär ich ja nicht so weit gekommen. Und da drauf bin ich eigentlich auch stolz (lacht). #01:10:22-1#
Astrid Kirchhof: mmh, auf jeden Fall #01:10:23-9#
Karl-Heinz Gründel: ja #01:10:23-9#
Astrid Kirchhof: ehm, sagen Sie, Sie haben's vorher schon gesagt, aber vielleicht nochmal kurz benennen, welche, wie hießen die verschiedenen, die Bezeichnungen Ihrer verschiedenen Tätigkeiten. Also Sie waren Elektrotechniker ... #01:10:37-4#
Karl-Heinz Gründel: Ich war Elektrolehrling. Dann hab ich 1956 den Meister für Bergelektrotechnik gemacht. Ist auch hier drin. Dann hab ich 1961, jetzt darf ich's nochmal sagen, mein Studium an der Bergingenieurschule Georgius Agricola in Zwickau als Bergelektroingenieur begonnen, habe 1966 meinen Abschluss gemacht und hatte ein kleines Pech, weil 1966 die Bergingenieurschule Georgius Agricola als allgemeine Ingenieurschule umgewandelt wurde. Also hab ich nicht den Ingenieur für Bergelektrotechnik, was ich studiert hab, sondern ich bin einfach Elektroingenieur (kichert). Das spielt doch keine Rolle. So, also das war meine Laufbahn. Dazwischen ... Vier, 75 [1975] wurde ich zur Parteischule delegiert, das war der sogenannte interne Ritterschlag, so. Und naja, das waren so die Qualifikationen, die ich hatte. #01:11:50-9#
Astrid Kirchhof: Sie waren ja bis, also 66 [1966] fertig mi 'm Studium, da warn Sie ja schon verheiratet und hatten schon ein oder ... #01:11:58-4#
Karl-Heinz Gründel: Ja ein Kind. #01:11:58-4#
Astrid Kirchhof: ... ein Kind. Wie ham Sie des finanziert? #01:12:00-0#
Karl-Heinz Gründel: Das war Fernstudium. Das war Fernstudium und da wurde ich, ja ich wurde mit 'm Gehalt bezahlt. Das war ne Art Freistellung, wenn ich's mal so, ich denke, ich weeß nich ... #01:12:16-5#
Astrid Kirchhof: Ach so! Also Sie konnten studieren und sind noch bezahlt worden dafür? #01:12:20-2#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja. #01:12:20-2#
Astrid Kirchhof: Das ist ja... #01:12:20-8#
Karl-Heinz Gründel: Ich musste och arbeiten ... #01:12:23-2#
Astrid Kirchhof: Sie hatten den Vorteil ... ach so, aber Sie mussten ... #01:12:23-2#
Karl-Heinz Gründel: Ich musste och noch arbeiten. Aber, aber das darf ich vielleicht noch sagen: Als 1991 oder irgendwann ... nee Quatsch, 96 [1996] ging ich ja in Altersrente mit 60 Jahren. Deswegen hatte sich ja die Sache mit dem Bergmännischen sowieso erledigt gehabt. Und eine meiner ehemaligen Mitarbeiterin war in der Sozialvericherung und ich hatte sie aufgesucht unn da sacht 'se, du Karl-Heinz, aber dass du ja die Klappe hälst! Die hat eigentliche Schnauze gesagt. #01:13:02-8#
Astrid Kirchhof: (lacht) #01:13:02-8#
Karl-Heinz Gründel: ... dass du ja die Klappe hälst! Ich darf dir das nicht sagen, aber du musst nochmal einreichen, du kriegst für das Fernstudium noch en zusätzlichen Punkt. Wenn ich dir das sage, werd ich rausgeschmissen. Sehn' Se, so und da hab ich das durch das Fernstudium sogar noch 'nen halben oder 'en Rentenpunkt mehr bekommen. #01:13:27-9#
Astrid Kirchhof: mmh, nicht schlecht. #01:13:28-9#
Karl-Heinz Gründel: Weil ich ja gearbeitet hab .. #01:13:30-3#
Astrid Kirchhof: Ach so ... #01:13:31-9#
Karl-Heinz Gründel: Also da bin ich irgendwie bißchen belohnt worden, keine Ahnung. Wissen 'Se ... #01:13:36-4#
Astrid Kirchhof: Also für den ersten Teil hab ich noch zwei kurze Nachfragen ... #01:13:39-3#
Karl-Heinz Gründel: Sie wollten Materialwirtschaft noch wissen. #01:13:39-2#
Astrid Kirchhof: Ja, #01:13:41-4#
Karl-Heinz Gründel: Bitte trennen, das Eine ist das Betriebliche und das Andere ist das Private. Das Betriebliche war, dass wir, die Wismut als LVO gleichgestellte, also Landesverteidigungorga, gleichgestellter Betrieb waren. Wir bekamen also Kontingente vom Material, Kabel, Leitungen was weiß ich, Maschinenteile, Computer oder was, alles. Und auch sonstige Materialien bekamen wir von den Großhandelszentren, och von Kabelwerken oder direkt, vorrangig. So, das war der Vorteil, den die Wismut hatte. Und wir ham - leider muss ich das auch sagen - wir ham Situationen gehabt bspw. bekamen wir von Neuruppin einen ganzen Waggon voll Feuerlöscher, die wir gar nicht gebraucht haben. Aber uns riefen ein Dutzend Betriebe an, Genosse Gründel - damals war's halt so - ihr habt Feuerlöscher und wir nich. Und die ham gesacht, könnt ihr uns nich in sozialistischer Werkshilfe unsere Feuerlöscher verkaufen. Also solche Dinge gab's auch. Ich könnte Ihnen noch ein anderes Beispiel sagen, da sträuben sich die Haare. Es war ja Ende der 70er Jahre, da ruft mich der Leiter der Materialwirtschaft vom Kaliwerk Zielitz an: Genosse Gründel, Mensch wir brauchen eure Hilfe! Ich sach, was is denn? Ihr habt Schleifböcke bekommen und wir brauchen so dringend für unsere Bohrkronenschleifer einen Schleifbock. Hören Sie, das war auch DDR-Zeit. Schleifbock. Ja, ich hab meinen Mitarbeiter geholt und, was ist denn da eigentlich los? Ja, sacht der, Karl-Heinz, wir haben für Drosen, Drosen war der Hauptbetrieb dann für uns damals, haben wir 'n Haufen Schleifböcke gekriegt, die brauchen die gar nicht. Also hab ich den Genossen Bednartz gesagt: Ihr könnt den Schleifbock kriegen. Och, Danke, Danke, Danke! Nächsten Tag ruft er an, sache ma, wir durften ja gar nicht zu euch kommen. Da waren diese - wisst ihr alles gar nicht - da wurden Kreise gezogen, in welchem Umkreis der Betrieb überhaupt noch fahren durfte. Kreise gezogen, und Zielitz liegt ja da hinter Erfurt irgendwo. Mensch, was machemer? Dank unserer Großzügigkeit, sach ich, pass uff, wir bringen den Schleifbock zum Maschinenbauhandel nach, ich sach mal Erfurt, muss nicht genau stimmen. Och Dankeschön! Der Schleifbock ist ausgeliefert worden, die ham die Rechnung bekommen, des ging also alles korrekt. 14 Tage später ruft er an, sacht er, ich soll euch vom Betriebsdirektor danken und wir würden euch als Dankeschöne zu einer Befahrung mit Abendessen nach Zielitz einladen. Ins Salzbergwerk Zielitz. So, etwa ich. Ja wer denn noch? Mein Meister, mein Kraftfahrer, der PKW-Fahrer? Ich sach, wir fahrn nach Zielitz. Also sind wir nach Zielitz gefahren, dem Betrieb nichts gesagt, dem Direktor nicht. Na gut, der hätt mir 'n Kopp nicht abgerissen, aber die Bergleute waren interessiert, ins Salzbergwerk zu kommen. Jetzt fahren wir drei Leuchten nach Zielitz. Dort sind wir empfangen worden, haben eine Schichtbefahrung gemacht, haben die gigantische Salzgewinnung gesehen, abends mit dem Obersteiger zusammen gesessen, früh noch vom Direktor verabschiedet und die Sache war erledigt. Keiner hat, es war ne private (unv.). 14 Tage später ruft er an, des war nach'n 7. Oktober, du ich muss dir sagen, alles ging schief. Wieso. Da war Folgendes: Der Erich Honecker sollte vorm 7. Oktober das Werk besichtigen und die neue Sensation war die zentrale Bohrkronenschleiferei in Zielitz, nich bei uns. Und die hatten einen Roboter von Wittstock und einen Tag vorm Probelauf (lacht) hat der Com, der Roboter seinen Arm ausgestreckt und hat alles in seinem Bereich liquidiert. Also wurde der Erich Honecker nich ... #01:18:38-1#
Astrid Kirchhof: (lacht) ... nicht eingeladen. #01:18:38-4#
Karl-Heinz Gründel: Der wurde schon eingeladen, aber nicht zur Bohrkronenschleiferei gebracht und wir hatten unseren schönen Tag. Solche Kuriositäten gab's natürlich auch. Aber das Zweite ist, was du dann nicht bekommen hast draußen im Handel, so, wo die Leute bauen wollten und dann eben da standen und dann kam's eben, dass Vieles dann aus den Betrieben rausgeschleppt wurde. Das war das Schlimme, das war das sehr, sehr Schlimme. #01:19:06-7#
Astrid Kirchhof: Von Einzelpersonen rausgeschleppt worden, weil es draußen brauchten. #01:19:11-3#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ich sach ja (lacht): Die Lagerfacharbeiterin, die Tür war kaputt, die Fensterscheibe war kaputt. Ja woher ein Glas kriegen? Wir hatten's. Also hat's der Wolfram (unv., #01:19:23-7#) gemacht. Danke, Karl-Heinz! Dann stand's in seinem Buch. So, aber so war das Leben. Ja. Muss man nicht traurig sein. #01:19:33-4#
Astrid Kirchhof: Jetzt komm ich mal zu unserem, sach ich mal, Nachfrageteil der so strukturiert ist. Sie wissen ja, dass 1953, 61 [1961], 89 [1989] sind so Zäsuren der DDR-Geschichte, also 17. Juni 53 [1953], Mauerbau, Mauerfall. Was verbinden Sie vielleicht mit Ihrer persönlichen Geschichte mit diesen Daten? Verbinden Sie überhaupt was damit? #01:19:57-9#
Karl-Heinz Gründel: 1953 - ich hab, also wie gesagt, im Tagebau gearbeitet und da hieß es, es ist Revolution. Und da stand SIS-Kipper da, also die kleinsten Kipper und da sind wir, ja 53 [1953], wie alt war ich'n, 17, sind wir auf den Kipper gesprungen zur Revolution nach Gera. In Gera war heilloses Durcheinander, sind wir vom Kipper runter und ham uns verkrümelt in die Rudolf-Schöffel-Straße in unser Quartier. Ja, das ist der 17. Juni 53 [1953]. Das nächste Datum? #01:20:44-8#
Astrid Kirchhof: 61 [1961] #01:20:44-8#
Karl-Heinz Gründel: 1961 #01:20:46-4#
Astrid Kirchhof: Mauerbau #01:20:48-4#
Karl-Heinz Gründel: Gut, wir wollen ja ehrlich sprechen. Ich war von den politischen Einflüssen, die ich ja selbst hatte, war ich überzeugt, das kann so nicht sein, dass die sich bei uns ausbilden lassen und nach'm Westen abhauen. So. Also ganz simpel, ganz, ganz ohne jeglicher Begründung. Naja gut, die Mauer wird gebaut. Ich hab da nichts empfunden. Also, dass das jetzt eine schlimme Sache is oder ich mein, viel schlimmer is ja die Leute, die's direkt betraf in Berlin. Also das war ja furchtbar grausam. Aber wir ham hier im Hinterland nichts begriffen. Und wir ham och in den, da war Parteiversammlung, du lieber Gott so, ist da drüber och gar nicht geredet worden. #01:21:44-8#
Astrid Kirchhof: Und Sie ham auch nicht gedacht, jetzt kann ich nicht mehr da und da hin reisen oder so ... #01:21:53-2#
Karl-Heinz Gründel: Nee, das gab's nicht. Ich war DDR-Bürger, ich, ich ... Mensch, ich darf's nicht sagen ... #01:21:55-3#
Astrid Kirchhof: (lacht) #01:21:56-4#
Karl-Heinz Gründel: Ich war sogar stolz, dass ich wieder zurück gekommen bin, ich kleiner Doofie. So, aber ich hab doch eine gute Entwicklung dann gehabt, also ja. Also ich hab mit 61 [1961], hat mich nicht berührt. Und 89 [1989] (lacht) kann ich och gleich sagen ... ich weiß jetzt nicht, ich hatte Schicht. Und da hieß es auf einmal ähm Revolution. So, da tobten welche, tobten welche draußen uff'm Schacht - also wo ich dann übertage war - Schacht rum und da hörte ich, die ham die Gewerkschaft abgelöst und ham die Parteileitung abgelöst und was weeß ich, was da alles da plötzlich kam. Da schoben sich Leute vor an die Spitze, vor denen würdest du ... ach, es Übelste vom Übelsten hat sich da nach vorne gedrängelt. Das hat sich dann im Lauf der Zeit natürlich alles wieder geordnet. Aber die ersten Revoluzzer, die bei uns waren, also Mensch, ich meine da konnte man nicht sagen, das ist einer an den ich mich anschließe. Ja, so. Und dann kam ja, ich glaube 91 [1991] kam ja dann die, wir hatten ja 'ne eigene Industriegewerkschaft Wismut und wir wurden ja dann mit der IGBCE - das ist die Gewerkschaft Bergau, Chemie und Energie - gab's 'n Vereinigungsparteitag und - wenn ich das noch schnell sagen darf - und diese ... sich an die Spitze Geschobenen wollten vermeiden, dass irgendwie Leute, meinetwegen wie ich, da mal irgendein Wort sagen oder in der Gewerkschaft und Betriebsrat. So und da gab's diesen Kongress in Karl-Marx-Stadt damals noch und ein Kolleg von mir sagte, du horch Karl-Heinz, da ist doch Vereinigungsparteitag, wollen wir da nicht hin? Ich sache, Ecki, das geht doch gar nicht, wir sind doch nicht delegiert. Macht doch nüscht, wir fahren hin. Da ham wer uns in mein Auto gesetzt, sind zum Kongress, auch das ist Tatsache, zum Kongress und dort wurden nu große Reden geschwungen, wir saßen beide in der Reihe, auf einmal hieß es, Kandidaten für'n Bezirksvorstand vorstellen, ä vorschlagen. (lacht) Jeder hatte einen Zettel, ich hab geschrieben, ich schlag den Schönfeld Eckhard vor und der Schönfeld Eckhard hat geschrieben, ich schlag den Gründel Karl-Heiz vor. #01:24:40-5#
Astrid Kirchhof: (lacht) #01:24:40-5#
Karl-Heinz Gründel: So und des fiel da in den Kasten und auf einmal war ich gewählt worden. Im Bezirksvorstand der neuen IGBC. So, nu saß ich da. Ich Großmaul. So und hab - is aber alles authentisch - und hab dann mich für den Bildungsausschuss beworben sozusagen oder gemeldet, was anderes wär ja für mich gar nicht in Frage gekommen. Ich hatte keine Ahnung und dann bin ich vier Jahre zur Ausschusssitzung alle Vierteljahre nach Haldern gefahren. #01:25:20-6#
Astrid Kirchhof: In welchem Jahr war das, wo Sie gewählt wurden? #01:25:23-1#
Karl-Heinz Gründel: Das war, gloob ich 91, muss so 91 bis 94/ 95 gewesen sein. #01:25:30-6#
Astrid Kirchhof: Ach so. #01:25:30-6#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja, da war ich durch meine Selbstwahl (lacht), das heißt durch die Ecki-Wahl, so ich will, ich mach das mal bissl schmunzelnd, weil das war auch die Wendezeit. Wir ham da kein Schaden angerichtet. So, ich hab sogar einmal meine Frau mitgenommen. Wir ham in Haldern übernachtet in der Schule und meine Frau hab ich einfach mit reingenommen. Da hat die sich zwei schöne Tage gemacht. #01:25:57-7#
Astrid Kirchhof: (lacht) #01:25:57-7#
Karl-Heinz Gründel: ... also ich will damit sagen, das war auch die Wendezeit. #01:26:04-1#
Astrid Kirchhof: Beschreiben Sie doch mal so atmosphärisch die Anfangsjahre, wo Sie in der Wismut waren und die Endjahrezeit. #01:26:13-3#
Karl-Heinz Gründel: Tja, atmosphärisch, Mensch. Wo fang ich da an ... wo fang ich an ... #01:26:25-4#
Astrid Kirchhof: Vielleicht wie Sie rein ... sagen Sie nochmal wann sind Sie zur Wismut gekommen, welches Jahr war das? #01:26:29-7#
Karl-Heinz Gründel: Ich war, eigentlich war ich 'n Kind. Mit 14 Jahren. So. Und ich muss nochmal sagen, die ersten Jahre, dann hab ich mich natürlich rausgearbeitet, aber die ersten Jahre hab ich nichts rundrum verstanden. Ich hab die Lehre gemacht, ich bin dann auch 56 [1956], hab ich ja gesagt, als Schichtmeister eingesetzt worden, ich war in mir eigentlich so hilflos, wenn die das geahnt hätten, ich bin dann zwar groß gewachsen, aber wenn die geahnt hätten, wie, wie hilflos ich eigentlich war, so. Und die Atmosphäre bei der Wismut, ja du bist auf Schicht gegangen, du hast deine Arbeit gemacht und naja, bist wieder heim gefahren. Da gab's nicht viel. Und dann in den letzten Jahren, ja klar, gucken Sie mal, als Leiter, ich hab ja gesagt, mein Bereich hatte etwa 180 oder 190 Mitarbeiter, viele Frauen, paarundachtzig Frauen, die in dem Lager gearbeitet haben. Du warst eigentlich für alles verantwortlich, du musstest erstens sehen, dass du, dass die Arbeitskollektive funktionierten, dass die Atmoshäre auch so war, dass ja man sich gegeneinander auch geholfen hat, das ham wir auch gemacht. So. Aber du hattest och als Leiter politische Aufgaben. Bspw. war eine Verpflichtung, ne ökonomische Verpflichtung, dass Neuerer Wesen, so ich hatte, jeder Bereich hat die Auflage gehabt, ich kann jetzt nicht mehr wieviel pro Person, ich glaube tausend (unv.) paar Mark, musstest du an gesellschaftlichen Nutzen bringen, also ja, wie wollste das in der Material- und Lagerwirtschaft bringen? Also hab ich Leitungsentscheidungen, die ich getroffen hätte, den Kolleginnen und Kollegen in den Mund gelegt, mach doch ein Verbesserungsvorschlag. Klar ham se dann ne Prämie gekriegt und ich hatte mein Ergebnis im sozialistischen Wettbewerb. Und so waren die, also wir hatten bei uns eine gute also gute Atmosphäre, das kann man sagen, auch gegenseitig. Da gab's nicht viel, klar Stänkereien gibt's immer, aber so politische Drangsalierungen gab's eigentlich nicht. Da ham wir schon dafür gesorgt, so und wirtschaftlich, ja das war halt so wie's war. #01:29:12-8#
Astrid Kirchhof: Was würden Sie sagen, war die Hochzeit der Wismut? #01:29:17-9#
Karl-Heinz Gründel: Ja die Hochzeit, ich würde sagen die war ja das kann man auch schlecht sagen. Der Drang nach dem Uran war seit 1946 und die Entwicklung vollzog sich ja nu in mehreren Blöcken sozusagen, das war immer das Erzgebirgsbereich Aue, Schlema so. Dann kam in den 50er Jahren, kam hier das Ronneburgergebiet mit diesem Riesentagebau, mit mehreren Tagebauen, die jetzt saniert sind, und den Schächten so, also in den 80er Jahren. Dann ab 86 glaub ich war die Beerwalde, war auch ein relativ neuer Betrieb zurück gefahren. Naja und dann ging die Uranproduktion, also Uranbedarf zurück und dann wurden die Schächte Zug um Zug dann zurück geführt, also zugemacht und dann mit der Wende kam ja dann, das war ein Teil der Verteufelung, das die Bundesregierung dann diese 13 Milliarden DM für die Sanierung bereit gestellt hat und ich finde auch, die sind gut, gut eingesetzt, also das muss man sagen, das ist unendlich viel Gutes hier im Ronneburger Raum passiert und ein Ergebnis war ja auch letztendlich die BUGA 2007. Die war ja Gera und Ronneburg. Also die neue Landschaft. Ja. #01:30:58-7#
Astrid Kirchhof: Also Sie würden schon sagen, dass die Bundesrepublik ausreichend Mittel für die Sanierung bereitstellt? #01:31:06-4#
Karl-Heinz Gründel: Also ich würde sagen im Verhältnis zu anderen Dingen würd ich, meine persönliche Meinung, ja. Also diese Mittel und die sind auch von der Wismut, jetzt ist alles wohl GmbH usw. so, sind die auch, von dem Bescheidenen, was ich weiß, sind die auch sehr gut verwendet worden. Also das muss man schon sagen. #01:31:30-9#
Astrid Kirchhof: Und würden Sie sagen, das wird umweltpolitisch fachmännisch durchgeführt die Sanierung? #01:31:36-7#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja. Ja und den Lob muss man den Wismut-Ingenieuren sagen, es sind ja auch gerade im Sanierungsverfahren sind ja auch viele Verfahren, soweit ich das gehört hab, die auch weiter im Ausland genutzt werden können. Also, es ist auch vorbildlich hier. Das is schon, is schon richtig. Also da muss man den Hut ziehen vor der Wismut-Leitung. #01:32:04-1#
Astrid Kirchhof: Was wird im Ausland genutzt? #01:32:08-2#
Karl-Heinz Gründel: Die Erfahrung in der Sanierung, ja ja. Denn es gibt ja nicht nur wir ham ja Folgeschäden gehabt. Ich meine, wenn man so hört, was in den USA oder Kanada oder was weiß ich Südafrika ... #01:32:20-9#
Astrid Kirchhof: Stimmt, ja. #01:32:20-9#
Karl-Heinz Gründel: Ja, also von der Sow, von Russland hört man ja nun nichts, is klar, aber das, aber ich glaube da hat die Wismut viel, viel geleistet. Das muss man anerkennen, sehr gute Arbeit ... #01:32:36-2#
Astrid Kirchhof: Finden Sie das ne gute Sache, dass dann auch viele ehemalige Wismut-Mitarbeiter da nochmal in der Sanierung arbeiten konnten? Also, dass sie nicht nur als Bergmann davor vielleicht gearbeitet haben, sondern nach 89 in der Sanierung beschäftigt waren. #01:32:43-8#
Karl-Heinz Gründel: Ja, natürlich. Es wurden ja auch Bergleute gebraucht, es wurden ja alle Gewerke gebraucht. Ich hab Ihnen ja gesagt, dieser Riesentagebau in denen nun, nach der Wende is ja nich nur Abraum gekippt worden. Da hat man ja alles Mögliche reingehauen, so. Also diesen zu verbringen, das ist schon ne Leistung, da brauchst du alles, da brauchst du Bagger, Raupen, Kipper und Fachleute untertage genauso. Nö, nö, das is schon wahr und soweit ich gehört hab, sucht ja die Wismut auch immer wieder Fachleute. Also es geht ja auch langsam. #01:33:37-2#
Astrid Kirchhof: Sie haben vorher gesagt, dass Sie auch nochmal kurz in der Wismut gearbeitet haben, was also haben Sie da nochmal ge ... #01:33:43-6#
Karl-Heinz Gründel: Achso, ich hab die Erwachsenenqualifizierung ... #01:33:44-8#
Astrid Kirchhof: ja genau! #01:33:47-4#
Karl-Heinz Gründel: Ja, wie gesagt, es ist ja, man muss ja immer die Zeit sehen in der das alles abgelaufen ist. Und soweit ich's noch in Erinnerung hab is 1993 eine neue technische Sicherheit im Bergbau, eine Verordnung gekommen, wie meinetwegen, passt jetzt nicht, aber wie die DIN, TGL oder was, für die einzelnen Bereiche, also die vordringliche Sicherheit im Bergbau. Und nun war ja die Hauer, die kamen zwar auch schon aus der Lehrlingsausbildung, aber die sind ja zusammengefügt worden aus allen Lebenslagen. Und es war die Verordnung, dass jeder diese technische Sicherheit im Bergbau kennt, beherrschen muss und sich danach zu richten hat. Und dann waren eben administrative Maßnahmen und da hieß es, die TSB ist gekommen, die TSB muss jetzt an die Leute gebracht werden. Also wie machen. Und ja da hat man sich eben einen Verantwortlichen ausgesucht, dem man das zutraute, dass er die 500 oder 600 oder 700 Leute da nun qualifiziert und da bin ich eben losgezogen. So, es war auch so, dass ich hier einige, die partout nicht wollten oder keene Zeit hatten, die hab ich am Wochenende auch hier gehabt. Da ham wir auch, ja für mich galt nur eins, die mussten das kapieren und dann kriegten sie ihren Befähigungsnachweis und dann konnten sie, die hätten auch so weiter gearbeitet. Aber dann konnten sie halt so weiter arbeiten, nich wahr? #01:35:49-4#
Astrid Kirchhof: Bleiben wir nochmal kurz in der Zeit ... #01:35:53-4#
Karl-Heinz Gründel: ... und nach einen dreiviertel Jahr war das Projekt abgeschlossen und da wär ich sozu - ich wär nicht arbeitslos gewesen, ich hätt ne andre Arbeit gekriegt - aber da kam der Zufall, dass ich ins Objekt berufen wurde als stellvertretender Abteilungsleiter Materialwirtschaft. So, das war dann ... #01:36:12-9#
Astrid Kirchhof: ... und wie lang ham sie das dann noch gemacht? #01:36:13-9#
Karl-Heinz Gründel: Das hab ich dann gemacht ja (lacht) bis ich, bis 1988. Ich hab den stellvertretenden Leiter der Abteilung Materialwirtschaft 1964, das war aber in der Objektverwaltung. Diese Materialwirtschaft, die ich ja vorhin schon gesagt, so also vom Schacht weg und 71 [1071] wurde das Objekt aufgelöst, also das Objekt 90, die Objektverwaltung und da wurde das ganze Bereich Materialwirtschaft, Versorgung mit Lagerhaltung, ich muss natürlich auch sagen, wir hatten ja noch einen Riesenholzplatz, wir ham ja Hunderttausende von Kubikmeter Grubenholz verarbeitet und wir ham auch ein Riesensprengmittelherstellungslager gehabt in Rückersdorf. Das gehörte alles zu dem Versorgungsteil und das ist 1971, 1970 nach Reust gekommen, zum Schacht Reust. Und so ist dann, ich hab's vergessen, die betriebliche Betreuung bspw. oder och der Sport gehört, das ist dem Betrieb Paitzdorf zugeordnet worden. Also irgendwo musst du ja eingegliedert werden oder die Energie. Wir hatte ja eigene Kraftwerke ... war Schmirchau. So ist das Objekt 90 sozusagen mit seinem Nebenfunktionen vereilt worden auf die einzelnen Bergbaubetriebe. Und da bin ich, wenn Sie so wollen, von 1960 bis 1964 in Reust gewesen, dann 64 [1964] bis70 [1970] im Objekt, in der Objektverwaltung und kam dann wieder bis 1988 nach Reust. Und da ist Reust eigentlich mein Zuhause gewesen. #01:38:06-3#
Astrid Kirchhof: Sie ham, ich wollt nochmal auf sowjetische Kollegen zu sprechen kommen. Sie ham vorher gesagt, sie hatten Kollegen, sowjetische Kollegen und es war gut, dass ihre Frau auch Russisch sprach, aber ham Sie gesagt, alles hatte auch ne Grenze... #01:38:21-1#
Karl-Heinz Gründel: Ja, die Grenze kam nicht von uns. Es war so, die ... wie gesagt, wir hatten den Hauptgeologen, den Hauptmarkscheider, den Hauptingenieur und in der (unv.)technik waren eben, das war so gesetzt, so und die wohnten in der Regel fast beim Galgenberg, dort in diesen Wohnblöcken, da wohnten die sowjetischen Leute, Spezialisten mit ihren Familien. Und es war nicht gewollt, aber das hat keiner ausgesprochen, dass persönliche Beziehungen zu Deutschen sich ausgeweitet haben. Aber nun bleibt das ja nicht aus. Und ich hab speziell zum letzten Hauptingenieur, zum Grischa Dimitrenkow hab ich dann ein, hatt ich dann ein persönlich gutes Verhältnis und zur Tamara, also ich war bei denen, wir ham dort getrunken, wie die Deufel, besoffen waren wir och und die warn bei uns, aber es war eben nicht so wie du und ich, sondern die kamen eben naja und es war immer bissl, weil die andern das nicht durften und so war das. Ich kann Ihnen mal noch vielleicht eine Sache sagen, ich hatte 1971, wenn ich das noch sagen darf, weil das die Situation och e bissl erklärt. 1970 kam die Entscheidung, dass das Objekt 90 aufgelöst wird. 1971 kamen wir nach Reust. Ich hatte nen Abteilungsleiter, den Kröning Rudi. Der war, wir nannten ihn - 'n lieber Kerl - wir nannten ihn Kanzleirat. Den anderen nennen wir, ham wir Napoleon. So, den Kanzleirat. Also er machte so sein Ding, schön so. Und jetzt kamen wir plötzlich auf'n Schacht. Und auf'm Schacht waren ganz andere Verhältnisse. Es gaben jeden Montag früh um 6 Uhr Operativberatung. Da saß der Hauptingenieur, der Leiter GAS, Gesundheits- und Arbeitsschutz, und denn die Bereichsleiter und das darf ich leise sagen, an der Ecke der Leiter der Materialwirtschaft, weil dieser Zentrale seit 1971, seit 70, wo wir zum Schacht kamen, gleichzeitig die innere Funktion des Betriebes mit hatte, Materialwirtschaft. Der hatte eigentlich so'n bissle ne Doppelfunktion. Und dann ging das so los: Der Bereichsleiter: Plan nicht erfüllt, der Bereichsleiter: Plan nicht erfüllt. Warum du nich? Ja, schuld sind die Materialwirtschaft. Wir ham keine Kronen, wir ham kein Holz, wir ham kein Schlauch, so. Und so ging das und dieser sowjetische Hauptingenieur, das war so ein Ekelpaket und da war doch nur eins: Wer kann denn schuld sein, dass der Plan nicht erfüllt wurde? Der da hinten, der Leiter Materialwirtschaft. Also wurde er rund gemacht. Und das hat der personifizierte Kröning Rudi dann nicht mehr ausgehalten und ist dann nach Paitzdorf gegangen, andere Stelle angenommen. Jetzt kam ich. Mir ging's genauso und wir lachten die Bereichsleiter förmlich ins Gesicht, wenn ich kam. Sie wussten ja was kommt. Und eines Tages uferte der Hauptingenieur so aus, dass er sachte, Genosse Gründel, bei uns gibt's ein Sprichwort: Das Dorf hat einen Schmied und der Schmied ist dumm und faul. Also hat das Dorf beschlossen, den erschlagen wir. Und dann hat einer gesagt, ganz leise, aber wenn wir ihn erschlagen haben, dann ham wir gar kein Schmied. Also lassen wir das. Da bin ich aufgestanden, raus ins Vorzimmer zur Sekretärin, mir standen die Tränen in den Augen und ich hab ihr gesagt: Ist der Betriebsdirektor da? Ja. Bin ich rein. Und da hab ich das dem Direktor gesagt: Ich gehe. Das hält mit dem Bolandow keiner aus. Der Betriebsrat wollte mit mir noch reden. Ich sach: Werner, Göbel Werner, nichts, ich gehe. Da hab ich mich ins Auto gesetzt, nach Gera gefahren. Ich wär natürlich nicht gegangen, ich wüsste gar nicht, was ich hätte machen sollen. So. Vielleicht zwei Stunden später ruft mich vorne der Betriebsschutz an: Du horch mal, Wolga kommt. Kam der Genosse Bolandow. Und da hat er sich bei mir entschuldigt. Von da an waren wir per du. Und von da an war ich mit jeden Hauptingenieur des Betriebes, die sich gerne mit Sie angesprochen haben, per du. Also solche Sachen haben wir auch erlebt. #01:43:42-4#
Astrid Kirchhof: Das war aber jemand aus der Sowjetunion. #01:43:42-4#
Karl-Heinz Gründel: Aus der Sowjetunion. Ja, das gab's auch. Wir waren dann aber eng, eng, nicht befreundet, aber wir ham uns verstanden. #01:43:52-5#
Astrid Kirchhof: Haben Sie noch zu sowjetischen Kollegen ... #01:43:54-5#
Karl-Heinz Gründel: ... nein. Nein, die sind dann nach 90 gegangen und wir ham och nie wieder was von ihnen gehört. Kein Kontakt, nix. #01:44:04-7#
Astrid Kirchhof: Wir hatten vorher kurz das Gespräch, dass man von der Wismut als vom Staat im Staat gesprochen hat. Was kann man sich denn darunter so vorstellen? #01:44:13-3#
Karl-Heinz Gründel: Ja, wissen Sie (lacht) Staat im Staat, das klingt ja immer so, sagen viele, also ... ich sach nochmal, die Wismut ist entstanden aus der Notwendigkeit Uranerz als Potential gegen die Atomwaffen beider Mächte. So. Und administrativ war das ein sowjetisches Unternehmen unter militärischer Aufsicht. Das hat Ihnen ja vielleicht der Freyer Bernd auch gesagt. Unter militärischer Aufsicht. Die Leute wurden zusammen gebracht von allen Ecken, also zwangsverpflichtet, Bergleute, alles Mögliche. Um die Erzproduktion zu, überhaupt zu sichern. Aber eins muss man auch sagen: Auch damals ham die sowjetischen Leute schon bißchen weiter gedacht und es ging ja darum, es war'n ja Zigtausende von Leuten. Ich weiß nicht wieviel die Wismut umgewälzt hat. Vielleicht drei, vier hundert tausend Menschen, die auch zum Teil bloß kurz gearbeitet haben. Aber es gab vermutlich - ich bin da keene große Kapazität - es gab Überlegungen diesen ganzen Block in sich zu halten. Man wollte auch vermutlich, das hab ich mal gehört, man wollte vermutlich dass auch die Familien im, in diesem Rajon, wo die Produktion ist, leben. Man wollte vielleicht sogar auch den Nachwuchs wieder gewinnen, weil man nicht wusste, was im Endeffekt aus dieser ganzen radioaktiven Sache rauskommt. So. Und so hat die, einmal das Militärische, klar, dann hat man die Parteiorganisation, ich sach's mal jetzt so, für die Wismut gegründet, die war dem Bezirk gleichgestellt, die Gewerkschaft, die DSF, die FDJ, die Kammer der Technik, also alles das, so. Aber man hat auch für die innere Sicherheit, hat man auch die Institutionen geschaffen und man hat, das Schlimmste war, wenn wir nach Ronneburg gefahren sind, auf'n Schacht und wir sind Ronneburg rausgefahren, da ist rechts 'n Haus, das war früher de Haushaltsschule, und jeder Leiter, die anderen weiß ich nicht, wenn wir vorbei gefahren sind, haben wir gesagt: Hoffentlich müssen wir nicht da rein. So. Also die ham dann, nach dem sich das immer weiter entwickelt hat, ham sie die eigene Staatssicherheit installiert, die eigene Polizei, so. Aber, das muss man ja ganz, ganz dringend sagen: Jetzt kam der ganze Wohnungsbau, der für die Wismut finanziert wurde. Es kam der gesamte Feriendienst, Ferienobjekte in Zinnowitz, in Binz, in Tabarz oder wo auch immer. Es kam die Ausbildung, es kam der Handel, es kam die Sonderversorgung die ersten Jahre. So und alles das zusammen gesehen, da ham die Außenstehenden gesagt, wir ja auch, das ist ein Staat im Staat. Ja, aber was ist denn der Staat im Staat? Es ist so ein Oberbegriff, die Wismut konnte alles machen, ja. #01:48:02-7#
Astrid Kirchhof: Ja, das ist interessant. Die Wismut konnte alles machen. #01:48:08-2#
Karl-Heinz Gründel: ... konnte alles machen. Und das hat natürlich auch viel Neid im Territorium bewirkt. #01:48:16-7#
Astrid Kirchhof: Ich wollte mal noch was fragen zu Ihrer Krankheit bzw. zuerst nochmal zu Ihrer Rente: Sind Sie zufrieden mit der Rente? #01:48:28-0#
Karl-Heinz Gründel: Ich bin sehr zufrieden. #01:48:28-0#
Astrid Kirchhof: Also das ist in Ordnung? #01:48:28-0#
Karl-Heinz Gründel: Ja. Ja, gucken Sie, ich hab 41 Jahre Dank (lacht) sonst hätt ich ja bloß ... 10 Jahre weniger gehabt, weil ich gar nicht existierte. Ich hab 41, ach das ging ja nicht, ging ja wirklich nicht. Ich hab 41 Jahre. So und da bin ich, is alles gut. #01:48:52-4#
Astrid Kirchhof: Da muss ich nochmal fragen: Waren das Bundesbehörden, die Ihnen da geholfen haben diese 10 Jahre zurück zu bekommen? #01:48:58-5#
Karl-Heinz Gründel: Nee, nee. Das war so, ich hab 1990 irgendwann, hab ich mich an den Kaderleiter der Wismut gewandt mit der Bitte, meine Rentenangelegenheiten nochmal aufzudecken, zu überprüfen usw. Und hab dann im Oktober 90 den Bescheid bekommen, der is auch hier drin, dass mir die Jahre von 1952 bis 64 als bergmännisch I bestätigt werden. Jetzt muss ich aber gleich mal sagen, was das bedeutet. Ein Bergmann im Wismut-Bergbau, der 15 Jahre untertage gearbeitet hat und 25 Jahre bergbaulich versichert war, konnte mit 50 Jahren die sogenannte Bergmannsrente bekommen. Das war so eine Teilrente, die kriegte er mit 50 Jahren. Die lag unterschiedlich, ja so um die 500 Mark. So. Ich hab von 1952 bis 1964 bestätigt bekommen, dass ich im Erz gearbeitet habe, das bergmännische I, das bedeutete, dass ich mit 15 Jahren bergmännisch I, 25 Jahre bergmännisch versichert, knappschaftlich jetzt meinetwegen, mit 60 Jahren Anspruch auf meine Altersrente gehabt hätte. So und jetzt hat man mir das alles gestrichen. So, dann kam die Wende, dann kam die Bestätigung, dass ich's hab und dazwischen ist die Knappschaft in, von mir aus Chemnitz, Karl-Marx-Stadt war's da noch, Knappschaft gebildet worden. Und da bin ich dort hin und da hat mir der Kollege freundlich gesagt: Dein Leid tut mir leid, aber ich kann dir sagen, du gehst sowieso mit 60 in Rente und das ist 1996. Und da brauchst du dieses Ganze sowieso nicht. Also hat sich das durch die neue Rentenregelung durch die Bundesrepublik für mich erledigt gehabt, da wir 51, 91 [1991] war ich 55jährig, da bin in Altersübergang gegangen und fünf Jahre später dann mit 56, wo ich 60 war, in die Altersrente. So hing das zusammen. Also hat sich dieses Ganze zwar erledigt, aber das Moralische natürlich nicht. Denn der Rentenbetrug, der, des hab ich ja nicht gewusst, wer was erzählt hat, so hängt das zusammen. #01:51:48-5#
Astrid Kirchhof: War das für Sie gut, dass Sie mit 60 dann in Rente gegangen sind, weil Sie dann mehr Zeit hatten für andere Dinge oder war des eher so, oh nee, würd doch gern weiter arbeiten? #01:52:02-2#
Karl-Heinz Gründel: Es war einfach gut. Ich war froh, dass ich nach meinem ganzen Desaster, was ich da hatte, so als ich 60, bin in Rente gegangen, hab ich gesagt: Das war's. Ich hab einfach ... das war's. #01:52:24-0#
Astrid Kirchhof: Normalerweise wird von den Krankenkassen ja nur einer gerechnet, wenn er Lungenkrebs hat. Wenn man Wismutangehöriger war, ist das richtig? #01:52:30-2#
Karl-Heinz Gründel: Nee, das weiß ich nicht. Ja, es mag sein. Ich hatte Enddarmkrebs und hab das nie mit der Wismut in Zusammenhang gebracht. #01:52:38-2#
Astrid Kirchhof: Das hatte damit nichts zu tun. #01:52:39-4#
Karl-Heinz Gründel: Nee. #01:52:40-5#
Astrid Kirchhof: Okay. #01:52:42-4#
Karl-Heinz Gründel: Also keiner weiß es. Mein Stelzig Roland hatte Enddarmkrebs, der andere hatte Speiseröhrenkrebs, der dritte hatte Hautkrebs, vierte, also der Hofmann hatte Blasenkrebs. Also, wie gesagt, aber ich bring das nicht mit der Wismut ... #01:53:01-7#
Astrid Kirchhof: Zumal Sie ja auch immer über oder viel übertage gearbeitet haben. #01:53:04-7#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ich hab 15 Jahre, die andern och. Die glauben doch nicht, dass ein Betriebsdirektor 10 Jahre untertage war. Ach Gott nee. Wenn die da oben waren, die kamen von der Hochschule, ham als Reviersteiger gearbeitet, ein zwei Jahre als Bereichsleiter und dann, wer diese Chance hatte, der ... #01:53:24-8#
Astrid Kirchhof: ... aber Sie würden schon sagen, Sie sind da ganz normal gut versorgt worden. #01:53:29-5#
Karl-Heinz Gründel: ja, #01:53:31-9#
Astrid Kirchhof: ... und sind Sie geheilt? #01:53:31-8#
Karl-Heinz Gründel: Ja. #01:53:35-1#
Astrid Kirchhof: Soweit ja, das war 93. #01:53:35-1#
Karl-Heinz Gründel: 93, ja. Ich hab Glück gehabt. Ich hab Glück gehabt, als ich operiert wurde und aufwachte, natürlich war's Erste: Wo ist das Ding? Und da sagte mir der operierende Arzt Dr. Schuster: Herr Gründel, Sie haben Glück gehabt. Wir haben vergangene Woche das neue Darmnähgerät bekommen. Wir konnten Ihren Darm innen vernähen. Überlegen'Se mal. Glück gehabt. 2004 hatt ich dann offenes Herz, Herzklappe und Bypässe. Auch Glück gehabt. Das ist auch schon wieder 14 Jahre. Naja. #01:54:18-3#
Astrid Kirchhof: Und wiev .. eh wie stehen Sie denn, wie heißt der Spruch nochmal, eh \"Wer ist Bergmann, wer ist mehr?\" Wie geht das nochmal? Ich bin Bergmann, wer ist mehr. Zählt das auch für Sie oder wie stehen Sie zu ... #01:54:29-7#
Karl-Heinz Gründel: Nee, nee. #01:54:36-9#
Astrid Kirchhof: Warum nich? #01:54:37-8#
Karl-Heinz Gründel: Wissen Sie (lacht) ich hab eigentlich in meinem ganzen Leben mir die Frage gestellt, wer bist du? So und ich sache, wer im Bergbau gearbeitet hat, es gibt viele Tätigkeiten, die brutal schwer waren. Das musst du sagen. Aber es gibt ja auch viele, die Silikose hatten, vor allen Dingen oben im Erzgebirge, die och Lungenkrebs hatten. Also es gibt vieles, die durch Unfälle ... aber, wenn das jemand hört, kriegt bestimmt eine vor'n Hals gekracht. Ich sache: Jeder Beruf hat sein, aber hat wirklich sein Gut und Nichtgut. Ob es Ihr Beruf is, gucken Sie mal, Sie schinden sich nun ab, die ganze Zeit das Mikrofon zu halten, das tut mir so leid. Aber es ist so. Oder ein Lehrer oder was weiß ich. Und die Bergleute, das man sagen, na klar ist das historisch gesehen schon, aber ich sach immer: Es gibt noch Schlimmeres und stolz, ich bin stolz, dass ich in diesem Unternehmen arbeiten durfte, bin ich stolz, bin glückllich. So. Aber überheblich bin ich nicht. Da gibt's noch viel bessere. Also ich war Bergmann, zähle auch dazu, bin vielleicht einer der Jüngsten, ich weiß es nicht, ob's noch welche gibt, die solche Unterlagen haben, aber mehr nicht. Bitte nicht. #01:56:36-1#
Astrid Kirchhof: Herr Gründel, können Sie nochmal, was wir vorher auf'm Balkon schon besprochen haben, kurz erwähnen, wie die Wendezeit nochmal war, also die Stimmung, dass da so viele westdeutsche Firmen gekommen sind und 'nen Ausverkauf gemacht haben der Wismut oder es hat statt gefunden. #01:56:50-5#
Karl-Heinz Gründel: Ja. Ja, vielleicht noch'n kleinen Schritt zurück. In, ja Anfang 90 oder wann auch immer, hatte ja die SDAG Wismut, da wird bestimmt auch der Professor Freyer noch was dazu sagen und ... ja die Wismut sich sehr bemüht, die Uranproduktion weiter führen zu dürfen und die wichtigsten Betriebe in der Urangewinnung aufrecht zu erhalten. Dazu hätte auch Drosen gezählt. Und so kam natürlich, ich war damals Prozesstechnologe, ich hatt's auch glaub ich schon gesagt, und da kamen auch Delegationen über Delegationen von Frankreich, von Japan oder sonstwo, die sich den Bergbau und des war Drosen am besten, angesehen haben und sich auch ham erklären lassen und zugehört haben. Ich durfte da och manchmal was sagen. Und das war also die eine Seite, die ernsthafte Seite, dass man vielleicht doch versucht hat, den Betrieb weiter zu führen. Es gab ja noch Uranvorkommen, aber die Vorkommen war'n natürlich gegenüber anderen in der Welt sehr gering, also von der Ausbeute. Mit der Wende war plötzlich alles wie, wie sacht mer denn, aus 'n System rausgerissen. Es gab ... sie war'n alle kopflos. Es .. wie gesagt, mein Direktor rief mich mal, ich war da noch in der Förderzeche und sagte, du Karl-Heinz, ich kriege hier noch 'ne Krise, die schleppen hier aus dem Betrieb alles raus, das müssen wir irgendwie unter Kontrolle kriegen. Und ... am meisten interessiert kamen ja jetzt diese Glücksritter, die über den sogenannten Schrott das schnelle Geld machen wollten. Es ging ja nur ausräumen. Und ich will wirklich nicht aus der Schule plaudern, aber was ich da erlebt hab, dass containerweise, containerweise wurden neue Werkzeugmaschinen einfach von den Betrieben verladen, weggeschleppt und irgendow floss das Geld in die Hosentasche der Verantwortlichen. Und es ist ja nun schon lange genug, also da brauch ich mir auch keine Gedanken mehr machen, und bei uns war's so, dass plötzlich auch zum Teil über die damalige noch Genraldirektion Ankäufer kamen, die mit großen Angeboten, wir kaufen hier großzügig alles Material und dann guckten sie nur nach Kupfer und Aluminium. Stahl interessierte die gar nicht so. Stahl lief über 'ne ganz andere Schrottlinie. So und jetzt muss man letztlich och die Menschen sehen. Ich hab dann einen, uff'n Schrottplatz 'n Mitarbeiter kennengelernt, ich seh den jetzt noch, ich sach mal keen Namen mehr, der lebt vielleicht och nicht mehr. Und der sachte mir, du Karl-Heinz, der Herr Raminter kommt und der möchte gerne Kupfer. Ich hab das schon vorbereitet und er holt das ab. Ich sach, was für Kupfer? Naja, wir ham doch noch paar Rollen Rillenfahrdraht. Das war'n Tonnen von Rillenfahrdraht. Er bezahlt auch in Cash. Da hab ich's erste Mal des Wort Cash gehört, wusst ich gar nicht was das ist. #02:00:59-0#
Astrid Kirchhof: (kichert) #02:00:59-0#
Karl-Heinz Gründel: So und das hab ich, wie gesagt, mir mal angehört, und dann hab ich tatsächlich gesagt, bei uns, zumindest in unserem Betrieb, wir müssen das unterbinden. So. Und die kamen, haben Leute angesprochen von denen sie gedacht haben, die können. Und diese Leute uff'm Schacht ham gesacht, die ham sowieso keen Posten mehr, kommst 'de mal mit 'n Auto rein, wir verladen's, das Geld in die Hand und das war erledigt. Und so hat man 90 tatsächlich - in allen Bergbaubetrieben war das - Schrott zu tausenden von Tonnen is verscheuert worden, ging nie über Bücher. So. Wir haben tausende von Tonnen Lockbatterien, also Bleiakkus, da gab's auch Interessenten, die das aufgekauft haben. Das wurde zu einem Schmiergeld verscheuert und ich kann nur noch mal sagen, diese Ausplünderung ging bestimmt bis 91/ 92 [1991]/ [1992], wo dann wieder Normalität begann. #02:02:22-2#
Astrid Kirchhof: Aber in wessen Taschen ist denn das geflossen das Geld? #02:02:25-5#
Karl-Heinz Gründel: In wessen Taschen? Wenn ich jetzt das sagen sollte ... #02:02:30-3#
Astrid Kirchhof: Naja nee, ich mein nicht jetzt Namen, aber ich meinte in, es waren Wismut-Mitarbeiter? #02:02:34-4#
Karl-Heinz Gründel: Natürlich. #02:02:35-5#
Astrid Kirchhof: Die ham des verkauft und ham des dann genommen das Geld. #02:02:39-0#
Karl-Heinz Gründel: Ja, die ham sich Hunderttausende eingesteckt auf die Art. 45 Tonnen 45 Mark schwarz oder 65 Mark auf Rechnung. #02:02:50-5#
Astrid Kirchhof: Und da hat niemand 'ne Anklage oder 'n Prozess ... #02:02:53-9#
Karl-Heinz Gründel: Da gibt's keine, wo nichts, es hat ja keiner gewusst wieviel zigtausend Tonnen Schrott hier in unsern Bereichen lagen. Das ist ja weggegangen ... und dieser Schrotthändler, der hat das verladen über Waggons, dann in Kauern, den Betrieb, den ich da mit aufgebaut hab oder ich aufgebaut hab so technisch, technologisch. Und dann war's weg. Und die schwarzen Linien, ich will mal ein Beispiel sagen: Ich bin, mein (unv.) sagte mir eines Tages: Willste dir tausend Mark verdienen? Ja. Da musst du mal deinen Personalausweis geben, du musst an die holländische Grenze fahren. Ja, gut. Für tausend Mark mach ich's doch. So, und dort holst du 25000 Mark und tausend sind deine. Gut. Ausweis gegeben. Dann wurde es nichts, wurde es nichts. Auf einmal les ich in der Zeitung, dass ein LKW mit 25000 Tonnen Kupfer von dort, wo ich dann gearbeitet hab, von der SMG gestohlen wurde. So. Und da war die Sache erledigt. Und im Klartext war, dieser LKW sollte über Holland Amsterdam verschifft werden nach Afrika. Die Linie war klar und dafür hätte unser, mein Chef 25000 Mark gekriegt und die Versicherung hätte den Wagen und die Ladung bezahlen müssen, denn er war ja gut versichert. Nun waren die 25000 Mark nicht, ich hab die 1000 Mark nicht gekriegt und er hat sein Geld von der Versicherung bekommen und der Wagen ging trotzdem weg, aber über jemand andern, damit hatt ich nichts zu tun. So ist das gelaufen. Da gab's kein Kläger und kein Richter. Das war völlig rechtsfreie Zone geworden. Und das war mit anderen Betrieben genauso. Gucken Sie mal, wir ham, wir ham hier in Gera, ja vielleicht, ich weiß es nicht, noch 10 Millionen, noch 15 Millionen Mark Lagerbestände gehabt mit der Wende. Ich war ja dann abgelöst. Über meinen Nachfoger, der war in Ordnung (unv.). Wo is'n das alles hingegangen? Des is weg. Weg. So war das. Das war ein rechts ..., diese Wendezeit war 'n rechtsfreier Raum und da ist - ich mein da gibt's ja tausend Beispiele, was über die Treuhand gelaufen ist oder wie's gelaufen ist oder was da gewesen ist, will ja gar keiner mehr wissen - #02:06:13-0#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) hm (bejahend) #02:06:13-1#
Karl-Heinz Gründel: bringt doch nichts mehr. Aber das Geld haben sich die Verantwortlichen von der Wismut in die Tasche gesteckt und nicht schlecht. #02:06:21-5#
Astrid Kirchhof: Wahnsinn. Dann erstmal Danke dafür. #02:06:27-1# Pause des Interviews. Im folgenden Schlussteil des Interviews blättern Interviewerin und Zeitzeuge in diversen Dokumenten.
Astrid Kirchhof: Herr Gründel, vor uns liegt jetzt Ihre Kaderakte, ich mach die mal so, ach so okay, Kaderakte und Sie sagen uns jetzt noch mal, was ist denn eigentlich eine Kaderakte gewesen (lacht). #02:06:39-1#
Karl-Heinz Gründel: Jeder Werktätige, das heißt jeder Arbeitnehmer (unv.), Werktätige oder für jeden Werktätigen wurde in der Wismut - vielleicht auch in anderen Betrieben - eine sogenannte Kaderakte angelegt. Diese Akte bekamst du als Betroffener nicht in die Hände, die war streng vertraulich und war in der Kaderabteilung des Betriebes angelegt. In dieser Akte waren normalerweise alle Arbeitsverträge, Überleitungen in andere Tätigkeiten, Maßnahmen auch, damals gab's Verweise, heute gibt's Abmahnungen, auch Beurteilungen, ja und das ganze Werk hat dich begleitet, solange du in der Wismut gearbeitet hast. Wenn du aus der Wismut ausgeschieden bist, weiß ich nicht was mit dieser Akte gemacht wurde. Du hast diese Unterlagen nicht bekommen. Du hast sie nur einmal gehabt, wenn eine Beurteilung über dich gemacht wurde, weil in den letzten Jahren musstest du dein Einverständnis dafür geben, dass das so sachlich richtig ist, und ansonsten war diese Akte sozusagen das Spiegelbild deiner Entwicklung in diesem Betrieb. So. Und meine Kaderakte ... so und das ist natürlich nicht die Kaderakte, das ist nicht die Kaderakte, sondern ich habe vom Kaderleiter des Bergbaubetriebes Drosen 1990 aus Freundschaft hat er gesagt, Karl-Heinz ich gebe dir deine Kaderakte, weil sie so geplündert wurde - ich hab's auch schriftlich hier von ihm - so geplündert wurde, dass nur ein Teil da ist. Alle arbeitsrechtlichen Unterlagen bis 1960 sind nicht drin. Das hing zusammen mit dieser Rentengeschichte. Also hier hat eingegriffen wer wollte von den Organen oder wer auch immer. So und ich mir jetzt die Mühe gemacht aus den Orginaldokumenten eine Kopie zu machen und hab das nach Jahren bißchen geordnet und wenn Sie möchten, können Sie das Ganze für irgendwelche Verwendungen in Ihrer Dokumentation mitnehmen. So und da geht beispielsweise, is - geht das so? - beispielsweise is hier ein Fragebogen von 1951, den musste ich natürlich auch so ausfüllen, dann steht hier unten lustigerweise: Habe keiner Partei zugehört. So und ja. #02:09:36-5#
Astrid Kirchhof: Wurde Ihnen nahegelegt in die SED einzutreten? #02:09:38-3#
Karl-Heinz Gründel: 1956 als wir in der Bezirksjugendschule waren. 1952 als ich dann nach Gera kam als Lehrling, hatt ich schon gesagt, dass hier diese kleine Notiz von meinem Fragebogen eigentlich der einzige Nachweis war, dass ich im Tagebau (lacht) angestellt war, also in diesen sogenannten Bergmännischen I und ich hatte Ihnen auch gesagt, dass ich eigentlich gar nicht im Bergbau arbeiten durfte, ich hab's mal hier vergrößert. Das ist ärztiche Untersuchung, dass ich für über- und untertage als Elektriker untauglich bin. So aber was soll's, dafür hat sich ja, dafür hat sich ja keiner weiter interesseiert. #02:10:30-7#
Astrid Kirchhof: Ich wollt Sie nochmal ganz kurz was fragen zur SED. War das für Sie, war das für Sie 'ne lange Überlegung, tret ich da ein oder war des 'n Akt, des mach ich eben ... #02:10:40-4#
Karl-Heinz Gründel: Das war 1955 oder 56 [1956], weiß ich 55 [1955]. Da war ich 17 Jahre alt. Da gab's, wir waren alle dort, das ganze Kollektiv: Treten 'mer ein? Klar mach'mer! #02:10:57-2#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:10:57-2#
Karl-Heinz Gründel: So. Ich hab dann allerdings zwei Jahre gebraucht, bis ich Mitglied wurde. #02:11:03-4#
Astrid Kirchhof: Okay. #02:11:03-4#
Karl-Heinz Gründel: Hier hab ich mal, bloß um selbst zu beruhigen, ich hab 19hundert, bei den gestrichenen Jahren, 1954 auch mal untertage gearbeitet und da ham wir 'n heimliches Foto gemacht. Ja, das hab ich noch. Ich bin Jungaktivist geworden. Hier kommen natürlich jetzt im Lauf der Jahre Beurteilungen über mich, meine Leistungen und so weiter. Das hier beispielsweise ... #02:11:31-7#
Astrid Kirchhof: ... waren die immer gut die Beurteilungen? #02:11:33-1#
Karl-Heinz Gründel: Nö. Die waren zum Teil, die waren meistens gut. Aber ich hatte auch 'ne Beurteilung, da war ich das Allerschlechteste so. Ich weiß nicht, ob ich davon reden soll. #02:11:47-3#
Astrid Kirchhof: Müssen Sie nicht. #02:11:47-3#
Karl-Heinz Gründel: Wir hatten eine schwere Havarie im Betrieb 1961 und es war so, wenn Havarie war wurde die Schachtleitung ausgegliedert und eine Havariekommission kam und das Wichtigste war ja für die Leute, Grubenwehr, trockene Klamotten, Fußlappen. Die Fußlappen waren ausgegangen und ja der Lagerverwalter sagte mir, Karl-Heinz wir ham noch zwei Rollen Fahnenstoff. Blauen und roten. Was mach'mer. Sach ich, 'ne Rolle geht hoch in die Nähstube. Und da ham die die Rolle roten Fahnenstoff in die Nähstube gebracht und die wurden zu Fußlappen verarbeitet. Nächsten Tag wurd ich zur Kommission bestellt. Da hielt mir einer de roten Fußlappen vor die Nase. Das war natürlich 'n politisches Dilemma, so. Und da wurd ich schlecht bewertet. Halbes Jahr später, also es war 93 [1993], halbes Jahr später rief mich der Schachtleiter und er sagte, du wirst als Aktivist ausgezeichnet. So, da kriecht ich wieder 'ne gute Beurteilung ... #02:13:01-1#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:13:01-1#
Karl-Heinz Gründel: ... war ich hervorragend. Seh'n Se, das stand auch in der Zeitung. Das war 1963. #02:13:08-5#
Astrid Kirchhof: 1963. Und wieso hieß das als Aktivist aus, wieso Aktivist? #02:13:10-2#
Karl-Heinz Gründel: Aktivist war eine Auszeichnung, eine staatliche Auszeichnung. Aktivist der sozialistischen Arbeit. War schon e bissel ... #02:13:21-6#
Astrid Kirchhof: okay #02:13:21-6#
Karl-Heinz Gründel: So. Dann kann man vielleicht sagen - die Ingenieurkunde brauch ich Ihnen nicht zeigen - so. Dann Arbeitsänderungsverträge in die jeweiligen Tätigkeiten über die ich schon gesprochen hab. Dann gab's die Urkunden - hier war ich 25 Jahre im Betrieb, hier die Bezirksparteischule mit Sehr Gut bitte! Sehen Sie ... #02:13:45-4#
Astrid Kirchhof: Oah! Eins, Zwei, Eins, Eins, Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung Eins ... #02:13:50-4#
Karl-Heinz Gründel: Na, gucke mal! #02:13:50-8#
Astrid Kirchhof: ... Marxistisch-Leninistische Philosophie Zwei, Marxistisch-Leninistisch-Politische Ökonomie Eins und Parteiaufbau und Partei (unv., #02:13:58-9#) #02:14:00-1#
Karl-Heinz Gründel: Siehst de? Ja, also ... #02:14:00-1#
Astrid Kirchhof: Eins, Eins mit Sternchen. #02:14:02-0#
Karl-Heinz Gründel: Dann kam natürlich im Lauf der Zeit kriegte ich die Ehrenurkunde der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft. Ja, ich muss ja nicht alles ... #02:14:10-4#
Astrid Kirchhof: Waren Sie da Mitglied im ... #02:14:10-3#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja. Ja, ja. So ... #02:14:12-3#
Astrid Kirchhof: Und war'n Sie in der Gewerkschaft auch (unv., #02:14:16-4#) ? #02:14:16-4#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja natürlich. Bin ich heut noch. So dann kam natürlich 'ne sehr hohe Auszeichnung, das war die Verdienstmedaille der DDR. #02:14:26-9#
Astrid Kirchhof: Oh, das ist was Hohes, ne? #02:14:27-5#
Karl-Heinz Gründel: Ja, war schon, war schon sehr, sehr ordentlich ... #02:14:35-1#
Astrid Kirchhof: ... für Ihre Leistungen in Ihrem Arbeitsleben. Kann man das so sagen? #02:14:37-3#
Karl-Heinz Gründel: Ja, kann sein. #02:14:39-0#
Astrid Kirchhof: Ich muss noch ganz kurz lesen: In Anerkennung und Würdigung besonderer Leistungen beim Aufbau des Sozialsmus und der Festigung und Stärkung ... #02:14:46-9#
Karl-Heinz Gründel: Ja, so war das. #02:14:46-9#
Astrid Kirchhof: ... der DDR. #02:14:49-4#
Karl-Heinz Gründel: So, und das, das war dann das Foto der Auszeichnung. Sehen Sie? Hab ich hier extra groß gemacht. #02:14:58-5#
Astrid Kirchhof: Da isser. #02:14:58-5#
Karl-Heinz Gründel: Da isser. Und das war der Alfred Rothe. So ... #02:15:02-4#
Astrid Kirchhof: ... welcher, welcher ist der Alfred? #02:15:03-6#
Karl-Heinz Gründel: Der hier. #02:15:03-6#
Astrid Kirchhof: Der vorne? Der dann am Schluss wahrscheinlich sein Leben genommen hat? #02:15:09-0#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja. Da vorne. Ja. Naja, und ja dann ... #02:15:14-7#
Astrid Kirchhof: ... wer ist denn des und des? #02:15:15-1#
Karl-Heinz Gründel: Das sind auch Mitausgezeichnete. #02:15:16-0#
Astrid Kirchhof: Ach so, okay. #02:15:18-7#
Karl-Heinz Gründel: Und ... #02:15:18-7#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:15:18-7#
Karl-Heinz Gründel: ... ich tu's ma rein ... #02:15:20-9#
Astrid Kirchhof: (lacht) ... oh, des is ja auch hübsch das Bild (lacht) #02:15:21-7#
Karl-Heinz Gründel: He? Ja, das kommt dann, das kommt dann automatisch ... ach du lieber Gott, was hängt denn hier ... das ist dann Glückwunsch vom Betrieb. Text mit allen Unterschriften. Naja klar. So. Dann kommt von der Partei Auszeichnungen, dann kommt die Ehrenurkunder der Kammer der Technik, hätt ich beinah vergessen. Sehen 'Se. Also es gibt eigentlich, ich kann stolz sein auf das was gelaufen, dann hab ich hier Auszeichnung für ausgezeichneten Sozialistischen Wettbewerb, das ist von der Wismut. So, dann kommt wieder, mein Gott, von Erich Honecker für meine gute Parteiarbeit. Na stellen 'Se sich mal vor! #02:16:10-6#
Astrid Kirchhof: Was, wie? Des ham 'Se gar nicht, ham Sie das erzählt, dass Sie Parteiarbeit gemacht ham? #02:16:14-4#
Karl-Heinz Gründel: Nee, ich war, ich hab Parteilehrjahr gemacht. Ich hab ehrenamtlichen Lehrer an der Betriebsschule ML ... #02:16:22-8#
Astrid Kirchhof: Marxismus ... #02:16:23-2#
Karl-Heinz Gründel: ... den Kapitalismus. So ... #02:16:24-9#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:16:24-9#
Karl-Heinz Gründel: ... dann sehen Sie, gucken Sie mal, die Ehrenurkunde in Gold (unv.) #02:16:32-6#
Astrid Kirchhof: Für was ham Sie da genau, also Sie waren ehrenamtlich als Lehrer tätig? #02:16:36-8#
Karl-Heinz Gründel: Ja. Ich hab auch in der Patenschule, in der Patenarbeit mit, mit aktiv mitgearbeitet. Wir haben, wir hab als Betrieb, Bereich oder och als ja Paten, ich hab och Jugendweihe gemacht, gestaltet, also ich war ziemlich ... #02:17:01-1#
Astrid Kirchhof: ... aktiv. #02:17:01-1#
Karl-Heinz Gründel: ... ziemlich aktiv. #02:17:02-2#
Astrid Kirchhof: Ich muss noch mal was fragen, und zwar, wir haben gestern erfahren, dass ein Hauer in der Arbeit, in der Gehaltsklasse oder Lohnklasse 6 war. #02:17:09-8#
Karl-Heinz Gründel: Ja. #02:17:09-8#
Astrid Kirchhof: Was waren Sie? #02:17:11-0#
Karl-Heinz Gründel: Nee, wir hatten Gehaltsklassen. #02:17:14-6#
Astrid Kirchhof: Ach so. #02:17:14-6#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja. Wir waren da ... #02:17:16-5#
Astrid Kirchhof: ... das ist was anderes. #02:17:18-8#
Karl-Heinz Gründel: ... was anderes ja. Dann kam - ich blättre ja jetzt bloß durch - ich hatte es ja auch schon gesagt mit der Bohrkronenschleiferei, das war Sozialistische Arbeits- und Forschungsgemeinschaft, aber das war eigentlich mein Gedankengut und da waren wir mit dem Banner der Arbeit Stufe 3 ausgezeichnet worden. Das war mein Kollektiv, die alle mitgearbeitet haben. Hier war ich selbst, hab in meiner Freizeit an der Hartmetallanlage gearbeitet. Naja, was will ich noch sagen? Hier kam wieder für hervorragende propagandistische Leistungen, wahrscheinlich von der Freien Deutschen Jugend ... #02:18:01-0#
Astrid Kirchhof: Was haben Sie da zum Beispiel gemacht? #02:18:01-0#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ich war auch in der, in der, bei meiner Frau in der Schule hab ich FDJ-Lehrjahr mitgemacht und so Politische Bildung eben. #02:18:16-3#
Astrid Kirchhof: Bleibt denn da noch Zeit für die Beziehung, die Ehe und die Kinder? #02:18:18-5#
Karl-Heinz Gründel: Ja, blieb noch Zeit. #02:18:19-3#
Astrid Kirchhof: Ja? #02:18:19-3#
Karl-Heinz Gründel: Ja. So. Ich weiß nicht, ob's zu schnell geht. Ich hab keine Ahnung, was ich hier mach. #02:18:27-4#
Astrid Kirchhof: Is so gut? #02:18:26-0#
Karl-Heinz Gründel: So, dann kam 86, ich muss es ja nu mal hier auseinander reißen. Ja dann kriegte ich auch nochmal, des war 'ne Wismut-Auszeichnung, Meister der Arbeit. So in Silber und in Gold, aber das war ja nun auch ... ach so, Urkunde für's Patent ... #02:18:56-6#
Astrid Kirchhof: ... ja das hab ich vorher auch grad gesehen. Sie haben ein Patent ent, erfunden? #02:18:59-7#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja. Wegen dieser Hartmetallsache. Dann Ehrennadel der Nationalen Front. Ich war ja auch Vorsitzender der Nationalen Front. Hier vom Ortsbezirk. Du musstest ja alles machen irgendwie. Und was war noch? Nüscht ja. So, was ham wir denn da noch? 86 [1986] ... ich pack's mal hier rein. #02:19:24-7#
Astrid Kirchhof: Was war das für 'ne Hartmetallsache? #02:19:27-3#
Karl-Heinz Gründel: Eh ... es ging darum, die Restgewinnung von Hartmetall aus Bohrkronen zurück zu gewinnen, damit das wieder verarbeitet und neue Bohrkronen gefertigt werden konnten. Und Hartmetall war in der DDR ein sehr wichtiger Grundstoff, also Grundmaterial und da kostete die Tonne zirka 40 tausend Mark. Das war schon viel. Und ich hab mit meinem Kollektiv das Verfahren entwickelt, dass wir nicht am Schmiedefeuer, sondern mittels Salpetersäure, also Nitrieren von Kupfer, des Messings in der Krone, das Hartmetall lupenrein rauslösen. Und das ham wir zwei Jahre gemacht, ham weit über 'ne Million gesellschaftlichen Nutzen gehabt und dafür ham wir die Auszeichnung bekommen und dann später auch diese Patentschrift, die bringt mir nichts. So. Die is, des war so. #02:20:36-8#
Astrid Kirchhof: Und warum nur zwei Jahre? #02:20:38-9#
Karl-Heinz Gründel: Weil ... 85 [1985] bis 88 [1988]... #02:20:47-2#
Astrid Kirchhof: ... ach so. #02:20:47-2#
Karl-Heinz Gründel: ... und dann waren die Vorräte aufgearbeitet. Es hätte weitergehen können, aber dann lohnte sich's nicht mehr. So. Ja, dann kommt wie gesagt das Drama und dann ach so, dann ist der Abschied vom Betrieb. So. Da war noch 40 Jahre die Urkunde, dann kam der Änderungsvertrag. Sehen 'Se, ach so, den wollt ich Ihnen zeigen. Vielleicht Abberufung von der bisherigen Tätigkeit. Da stand nicht, du bist 'n Krimineller oder du bist 'n Verbrecher. Ich bin ja auch Mitglied der Partei, der SED geblieben, was ja auch ungewöhnlich war. Also in diesem Drama, was ich vorhin schilderte. Aber hier ist nochmal das Ganze, so und das war dann ... ja, das war dann der Rest. #02:21:48-5#
Astrid Kirchhof: Das wo... #02:21:50-0#
Karl-Heinz Gründel: Mach's gut. #02:21:49-6#
Astrid Kirchhof: Was steht da? Da steht Aufhebungsvertrag. Das zwischen Gründel Karl-Heinz und der Wismut-AG Bergbaubetrieb Drosen bestehende Arbeitsverhältnis wird auf Veranlassen der Firma, jedoch im gegenseitigen Einverständnis, zum 2.12.91 beendet. #02:22:07-1#
Karl-Heinz Gründel: Das is mein (unv.) Altersübergang hier. #02:22:10-0#
Astrid Kirchhof: Was ich vorher schon nicht verstanden hab, da wird Ihnen soviel Schlechtes unterstellt und dann, was ja alles nicht gestimmt hat, und trotzdem durften Sie da weiter arbeiten bei der Wismut. #02:22:20-5#
Karl-Heinz Gründel: Ja, #02:22:20-5#
Astrid Kirchhof: Wie macht das denn Sinn? #02:22:20-8#
Karl-Heinz Gründel: Gut, das müssen Sie die fragen, die's gemacht haben (lacht) #02:22:23-0#
Astrid Kirchhof: (lacht) okay. #02:22:26-3#
Karl-Heinz Gründel: Die fragen, die das schamlos gemacht haben. Es waren - ich sach's nochmal - es war nur das Schauspiel mit dieser Frau Brauer und die ging soweit, dass ... aber das stünde ja dann in diesen Erklärungen. Ja, so nu weiß ich nicht, jetzt hab ich vielleicht e bissel hektisch die Sache gemacht? #02:22:52-4#
Astrid Kirchhof: Es ist gut so. #02:22:54-6#
Karl-Heinz Gründel: Ja, #02:22:54-6#
Astrid Kirchhof: Es reicht jetzt auch oder? #02:22:40-9#
Judith Schein: Vielleicht noch ganz kurz sagen, was das für 'ne Bedeutung vielleicht auch für Sie hat, das zu bewahren? #02:22:56-1#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ich hab wie gesagt aus Freundschaft von diesem Kaderleiter, hab ich diese sogenannte Kaderakte bekommen, das heißt die Reste. Es war ja nicht die Kaderakte. Da waren ja Blätter rausgerissen und so weiter. Und das hatte ich, ja nach der Wende auf dem Boden liegen und och diese Urkunden, was soll's. Und da hab ich die Absicht gehabt, das alles wegzuhauen. So und dann hab ich mir die Beurteilungen durchgelesen, dieser köstliche Sprachschatz von damals und auch die Bewertung meiner Person. Da hab ich gesagt, kannst de nicht machen. Und da hab ich mich 1976 hingesetzt an den Computer und hab aus der Erinnerung dann zu dem mein Kommentar gegeben ... #02:23:56-8#
Astrid Kirchhof: 96 [1996] oder? 76 [1976] ... #02:23:56-5#
Karl-Heinz Gründel: eh ... 2006. Nee, 2008, 2006. Und hab meine Kommentare dazu gegeben und dann dacht ich, warum willst du jetzt nicht über den Anfang, soweit du noch Erinnerung hast oder meine Schwester und da hab ich das so geschrieben, dass eben dieses Werk zustande kam. #02:24:26-4#
Astrid Kirchhof: Und das hat für Sie ja auch Bedeutung für Ihre Kinder, also dass die ... #02:24:30-3#
Karl-Heinz Gründel: Ja, ja, ich wollte, dass und die ham's ja auch mit Aufmerksamkeit gelesen, beide ham uns auch viel Glück gewünscht für heute ... #02:24:37-9#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:24:38-6#
Karl-Heinz Gründel: ... und ich wollte, ich wollte dass, worüber du als Eltern ja manchmal nicht sprichst. Ich wollte, dass die das wissen und deswegen sach ich auch, ich kann alles was hier is mit ruhigem Gewissen jedem geben - also jedem nicht - aber Ihnen geben und es ist mir auch völlig recht, das kann verwendet werden. Ich würde mich nur insofern nochmal freuen oder nicht freuen, wenn es jeman gäbe, der sich mal mit diesem historischen Moment der Rechtsbeugung oder einem kleinen Splitter, denn ich hab im Nachhinein viele Male mir Gedanken gemacht, wenn andere gesprochen haben, wie sie gejagt oder gehetzt wurden oder zum Teil fast vernichtet wurden. Und das hab ich manchmal nicht verstanden, geb ich zu. Aber 1989 hab ich begriffen, was gut und böse ist, so. Das war ... #02:25:53-8#
Astrid Kirchhof: Ich hab eine letzte Frage, und zwar, ist das Ihr erstes Interview oder wurden Sie schon ... #02:25:58-3#
Karl-Heinz Gründel: Nee, das war das erste. Wir ham zwar mit den Lehrlingen mal, mit der OTZ unsere Story gehabt, aber sonst nicht. Das ist wirklich das Größte was mir begegnet ist. #02:26:09-8#
Astrid Kirchhof: Ja? (lacht) #02:26:12-1#
Karl-Heinz Gründel: Liebe Frau Doktor! #02:26:14-4#
Astrid Kirchhof: Und jetzt kommt auch gleich noch der richtige Fernsehsender, wa? (lacht) #02:26:17-9#
Karl-Heinz Gründel: Ja, nu weeß ich ja nich, was der will. #02:26:19-7#
Astrid Kirchhof: Gut, dann Danke, war sehr spannend vielen Dank! #02:26:27-1# #02:26:37-1#
Anna-Katharina Pelkner: Vielen Dank!