2020.12.16 - Rommy und Regina Baumann - 480p.mp4
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Astrid Kirchhof: Ich freue mich sehr, dass Sie beide da sind. Ich begrüße heute Frau Regina Baumann und Frau Rommy Baumann. Das sind Mutter und Tochter, die sich kurzfristig, glaube ich, entschlossen, beide zu kommen, was uns sehr, sehr freut. Also mich freut das sehr. Und wir sind hier in der Humboldt-Universität. Aufgrund des Lockdowns mussten wir alles ändern. Und haben uns entschlossen, in diesem jedenfalls großen Raum uns zu treffen. Und sie haben sich beide bereiterklärt, auch zu kommen, was ganz toll ist. Weil sonst könnten wir ja gar nicht mit unseren Interview weitermachen. Heute ist der 16. Dezember 2020 [16.12.2020] und ich bin Astrid Kirchhof. Dann würde ich gerne mit Frau Regina Baumann beginnen und Sie fragen, erzählen Sie uns doch, wie sich Ihr Leben verändert hat, als die Wismut plötzlich in Ihre Geburtsstadt Johanngeorgenstadt gekommen ist. #00:01:07-7#
Regina Baumann: Naja, ich meine, ich sag's halt. Johanngeorgenstadt war ja eine Kleinstadt. Und, ich meine, das kenne ich bloß aus den Erzählungen meiner Mutter. War auch eine Sportstadt, eine Kurstadt. Und dann kam der Krieg. Änderte sich alles. Und dann kam die Wismut. Also es kamen ja erst mal die Russen. Die haben erst mal Johanngeorgenstadt besetzt. Und alle große... großen Großbetriebe, das wurden dann Kasernen. Und wir wohnten damals in einer kleinen, so einer kleinen Villa. Die gehörte zu einem, einer ehemaligen Flugzeugfabrik. Die hat Fluzeugteile ver... und da wollten die Russen reingehen. Da mussten wir aus der Villa raus. Ganz plötzlich. Und dann ging das eben los. Ja, was wollen eigentlich die Rus... Russen bei uns. Wir haben uns... es ging dann los dann. Ach hier, Uranbergbau ist hier, Bergbau. Ganz ganz früher war es Silberbau, Abbau, ne. Naja und dann haben, waren ja viele russische Gefangene. Deutsche in russischer Gefangenschaft. Und die wurden dann alle gleich dann hier in Johanngeorgenstadt, die kamen dann in Baracken und Unterkünfte. In den Häusern, wo ein Zimmer frei war. Wo irgendwo was war, wurden die da rein, ja, umgesetzt und mussten da arbeiten. Wir selber hatten auch zwei Bergleute. Also es reichte Küche und Zimmer. Mehr brauchst du nicht. Alles andere müssen Bergleute rein. Und das war Dreischichtsystem. Ja, dann sind die ja natürlich, die Bergleute, zur Arbeit gegangen, nach Hause gekommen. Und, und alles in diesen Klamotten, die sie da unten im Berg hatten, hatten sie, sind sie nach Hause gekommen. Damals wusste man ja noch nicht von dieser... man (betont) wusste (/betont) es wohl, aber man hat es wahrscheinlich igno, ignoriert. Von dieser Gefährlichkeit von diesem Staub. Naja, und das ist natürlich... es wurden, es wurden immer mehr Leute dahin gebracht. Es wurden Baracken aufgebaut. Es... und dann mussten ja die Leute auch versorgt werden. Die mussten ja essen. Dann gab's große sogenannte Garküchen. Die hatten rund um die Uhr auf. Die Bergleute sind nach Hause gekommen, essen, schlafen, auf Arbeit. Ja. Und man sah als Kind dann, ich war dann sechs, sieben Jahre, nur Bergleute in dieser Kluft, ne. Und dann überall waren dann die Halden. Überall war es Unordnung. Überall wurde... sah es schmutzig aus. Ich meine, die Bergleute zusammen haben dann ja auch mal was trinken wollen. Es gab dann auch natürlich auch viele betrunkene Leute. #00:03:46-1#
Astrid Kirchhof: Hmm. #00:03:46-6#
Regina Baumann: Es gab auch, was man erst so im Nachhinein alles erfahren hat, es gab natürlich auch Überfälle. An... die Russen spielten auch noch mit eine Rolle, ja. Also es ist, es war dann... ich meine, gut, ich kannte es nicht so anders. Aber es war nicht schön. Ja. Und dann kam ja auch immer die... wir hatten dann eigentlich eine kleine Klasse, als ich eingeschult wurde. Aber es wurden immer mehr Kinder, ja. Mitunter holten dann auch die Bergleute ihre Familien nach, wenn es ging. Tja. Ja, und dann wuchs das da auf die... und dann nach und nach wurden dann aber auch die Bergbaue ein bisschen besser ausgebaut. Und es wurde... dann kamen die Bergleute dann schon in normalen Kleidungen dann. Und dann wurde dann, gab's dann diese, wo man das aufhing. Diese... haben da so einen bestimmten Namen, komme ich jetzt nicht drauf. Und dann, dann normalisierte sich das schon langsam. Aber die Stadt wuchs und wuchs und hatte eben viele Arbeiter. Dann war auch mal ein großes Unglück. Brannte auch mal ein Schacht aus. Aber dann nach und nach verzog sich das aus Johanngeorgenstadt. Weil es war alles unterhöhlt. Und sie hatten auch Angst, dass die Stadt zusammenbricht. Und da wurde die Altstadt teilweise abgerissen. Und das war natürlich ein Einschnitt, den viele... viele Familien dann, manche hatten sich da so ein kleines Häuschen aufgebaut über Jahre, ne. Und ich meine, das, das waren keine Prachtbauten. Aber es war halt das eigene Häuschen, ne. Und das wurde dann, wurden Straßenzüge, wurden abgerissen. Und dann kämpfte man um... wir hatten ein sehr schönes Rathaus. Und auch eine schöne Kirche. Kämpfte alles, dass das stehen bleibt. Aber leider hat es nur die Kirche geschafft, dass die stehengeblieben ist. Und ein Teil von, das nannte man Sockendorf. Da wurden... das war so, ja, wie so ein kleiner Ortsteil. Und da blieben die Häuser dann stehen, ja. Aber die ganze Altstadt wurde im Prinzip abgerissen, ne. Und dann wurde eine neue Stadt gebaut. Und die baute man ausgerechnet oben auf den Zipfel, ja. Wo, wo der Berg zu Ende ist, da oben hin. Und... naja, nun. Ich meine, für viele Familien, die in den kleinen Häuschen gewohnt haben und denen das Häuschen nicht gehörte, war das natürlich, die fanden... die Häuser waren dann schon schön. Also war eine eigene Wohnung. Es gab dann mal ein Zimmer mehr. Es gab ein Badezimmer (räuspert sich). Ja, natürlich alles mit Ofenheizung und so weiter. Und es war dann... aber es war schon ein Einschnitt auf einmal, dass alles da... man musste die Stadt verlassen, den Kern verlassen. Geschäfte, die... machten zu. Und... es... das kriegte ich dann schon so mit. Dass die Leute doch damals so traurig waren. Und das ist auch... Na, und dann, als die Wismut weg war, die ging ja dann weg. Die ging ja dann Richtung Schneeberg, Schlema, Hartenstein, Gera. Und... war noch ein Ort. Und Richtung Gera. Da wurde dann das weitergemacht, ja. Steht ja auch noch, die Wismut, diese Organisation. Diese, ja, es ist eine Aktiengesellschaft, glaube ich jetzt. #00:07:05-9#
Astrid Kirchhof: Hmm. #00:07:06-3#
Regina Baumann: Steht da noch und... Ja, da wurde es so langsam ein bisschen ruhiger (lacht). Nun zog aber auch hier ja mit den Jahren, zogen ja die Leute weg hier. Die hatten dann ja keine Arbeit mehr. Die mussten ja auch sich was Anderes suchen. Gingen dann auch viele dann nach Hoyerswerda, Senftenberg. Haben sich da Arbeit gesucht, ne. Also wurde die Stadt auf einmal wieder leer. Aber wir hatten kein Zentrum mehr, ne. Zentrum war weg. Jetzt versucht man ja, wirklich wieder ein bisschen was zu machen. So ein bisschen die alte Tradition aufzubauen. In der jetzigen Zeit, da wurde... also, es wurde... Johanngeorgenstadt war auch die Stadt... das schweift natürlich jetzt weg von der Wismut, Stadt des Schwibbogens. #00:07:57-6#
Astrid Kirchhof: Hmm, hmm. #00:07:58-2#
Regina Baumann: Ja. #00:07:58-7#
Astrid Kirchhof: Hmm. #00:07:59-3#
Regina Baumann: Und das war... und der erste Schwibbogen wurde ja auch in Johanngeorgenstadt geschmiedet. #00:08:04-6#
Astrid Kirchhof: Hmm. #00:08:05-1#
Regina Baumann: Von der Firma, von der da (unv.) einen Namen Terra. Der Christian, der war Hort... die haben auch... ich hab, ich müsste da eigentlich auch Unterlagen haben. Die haben auch über Johanngeorgenstadt und... geschrieben und gemacht und dann... Und wir hatten dann auch jedes Mal, wenn wir uns getroffen haben zu den Feierlichkeiten von den... 25 Jahre Konfirmation und, und dann, gab's dann immer einen Lichtbildervortrag von denen. Und dann sah man dann auch noch, wie die alte Stadt war. Ich meine, es waren natürlich keine schönen Häuser. Aber es war halt die Stadt, es war die Heimat, ne. Ja. Und jetzt versucht eben Johanngeorgenstadt wieder, ein bisschen was zu werden, indem sie... haben sie den weltgrößten Schwibbogen sich dahin bauen lassen. #00:08:48-4#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:08:49-0#
Regina Baumann: Und haben auch eine sehr große Pyramide sich dahingebaut. #00:08:51-8#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:08:52-4#
Regina Baumann: Und haben so ein bisschen diesen, den, die Mittelstadt praktisch, haben sie ein bisschen Marktplatz gemacht, ja. Aber es wird eben viel weggerissen. Es ist eben... ich meine, wir waren damals bei der Wismut-Zeit um die 60.000. Jetzt sind vielleicht noch 4000, ne. Es ist schon ein ganz schöner Rückschritt. Es wurden viele, viele, viele Häuser weggerissen, zurückgebaut. Und, ich meine, die Wismut hat schon in dieser, vielleicht früher mal idyllischen Kleinstadt, einen ganz schönen Schnitt reingebracht. Hat... #00:09:22-6#
Astrid Kirchhof: Hmm. #00:09:22-8#
Regina Baumann: ...es schon. Hat schon viel vernichtet. Ja. Ich meine, sicher, ich bin als Kind da hineingewachsen. Man kann da jetzt das gar nicht sagen... ist so. Und es war dann erst wieder schön, schöner und ruhiger, als das dann weg war, ne. #00:09:38-2#
Astrid Kirchhof: Ist das in Ordnung Frau Rommy Baumann, wenn ich Ihrer Mutter Nachfragen erst stelle, bevor wir zu Ihnen kommen? #00:09:42-9#
Rommy Baumann-Sevim: Völlig, gern. #00:09:44-2#
Astrid Kirchhof: Gut, dann... #00:09:45-6#
Regina Baumann: Ja. #00:09:46-8#
Astrid Kirchhof: Ich würd... #00:09:47-5#
Regina Baumann: Ich hab ja schon ganz schön erzählt (lacht) #00:09:49-2#
Astrid Kirchhof: Ja, sie haben sehr viel... es war wunderbar! #00:09:51-1#
Rommy Baumann-Sevim: Trink, trink einen ganz kleinen Schluck,... #00:09:52-7#
Regina Baumann: Ja (lacht) #00:09:52-8#
Rommy Baumann-Sevim: ...dann geht's gut weiter. #00:09:53-7#
Astrid Kirchhof: Ich wollte Sie gern dazu was fragen, was mir so gekommen ist. Und zwar wann war das, dass die weggezogen, die Wismut weggegangen ist, wann war das? #00:10:04-9#
Regina Baumann: Die Wismut ist weggegangen, ich glaub sechs... oder 57 [1956] [1957]. Ja, so um 56 [1956], 57 [1957]. #00:10:12-2#
Astrid Kirchhof: Und dann war die kei... waren die einfach weg? Für,. also das war dann nicht mehr? #00:10:16-5#
Regina Baumann: Ja! Na... #00:10:16-9#
Astrid Kirchhof: Kein Arbeitgeber mehr? #00:10:17-8#
Regina Baumann: Ja, die waren weg. Aber die, die Leute, die da in Johanngeorgenstadt in der Wismut gearbeitet haben, die mussten dann nach Hartenstein fahren. Und nach Schneeberg. Die haben dort... da ging's dann weiter. Bloß die Stollen, die waren in Johanngeorgenstadt geschlossen. #00:10:29-4#
Astrid Kirchhof: Ach so. #00:10:30-1#
Regina Baumann: Hmm. Also dieser Abbau. #00:10:32-0#
Astrid Kirchhof: Und Ihre Familie war nicht, also Ihre Eltern waren nicht, haben nicht für die Wismut gearbeitet? #00:10:36-5#
Regina Baumann: Mein Vater hat in der, in der mechanischen Werkstatt bei... das war da bloß mit angeschlossen, gearbeitet. Aber nicht unter Tage. #00:10:43-5#
Astrid Kirchhof: Und ist er dann immer woanders... nach Hartenstein gefahren? #00:10:46-8#
Regina Baumann: Nein! Mein Vater... diese mechanische Werkstatt, die, die bestand dann weiter. Da waren dann, die waren dann so Zulieferbetriebe und, und so... Und mein Vater hatte eigentlich Handschuhmacher gelernt. Johanngeorgenstadt war ja auch eine Handschuhmacherstadt. Und dann, als das dann... dann hat er wieder als Handschuhmacher gearbeitet. #00:11:04-4#
Astrid Kirchhof: Ach so. #00:11:05-0#
Regina Baumann: hm (bejahend) Ist dann wieder weg von der mecha... und dann war das dann wieder Handschuhmacher, war dann wieder gefragt. Da hat er dann wieder angefangen, das auszu... sich zu erinnern, wir haben ja auch mal Handschuhe gemacht, ja. Und da hat er dann als Handschuhmacher gearbeitet. #00:11:21-5#
Astrid Kirchhof: Und er hat, Sie sagten, Bergarbeiter haben bei den Familien zu Hause gewohnt. #00:11:27-7#
Regina Baumann: hm (bejahend) #00:11:28-4#
Astrid Kirchhof: War das bei Ihnen zu Hause auch so? #00:11:30-6#
Regina Baumann: Ja. Wir hatten zwei Bergleute. Wir hatten eigentlich immer... und wenn der eine dann mal weg ging und dann vielleicht mal nach Hause oder hatte sich dann etabliert, eine Wohnung oder geheiratet, dann kam schon der nächste. Also ich hab in meiner ganzen Zeit vier Bergleute kennengelernt. Also wir hatten viermal Einquartierungen, hm. Und zwei davon kamen direkt aus der russischen Gefangenschaft und wurden dahin. Und die haben dann von Johanngeorgenstadt aus ihre Familien gesucht. Und... die hatten sie dann auch gefunden, ja. Die durften gar nicht nach Hause. Die wurden gleich da hoch, hm. #00:12:05-3#
Astrid Kirchhof: Wie war denn, wie würden Sie denn die Interaktion mit diesen Bergarbeitern beschreiben, wie? #00:12:11-3#
Regina Baumann: Also... ja. Wir hatten, der eine Berg..., der Erste, den wir hatten, das war ein, der hat, war Ingenieur. Der hat die ganze Kompressorstationgeschichte aufgebaut, mit. Das war schon... in der, also, wir hatten eigentlich ein gutes Verhältnis mit den Leuten, ja. Ich mein, es waren ja... die hauen... Und da, der Letzte, den wir hatten, das war ein junger Mann. Der hat seine Eltern, die hatten sie damals nach Russland verschleppt. Weil die hatten in irgendeiner wissenschaftlichen Arbeit gearbeitet. Der hat (lacht) nach langer, langer Zeit endlich seine Eltern wiedergefunden. Und es, es, also es waren schon so familiäre Tragödien, gab's da schon eine Menge, ja, da... da kann ich mich dran erinnern. Der hieß Wolfgang, also... Und der, ja, ach, na endlich hat er seine Familie gefunden und kann das... und die hatten ihn ja auch gesucht, ja. #00:13:04-0#
Astrid Kirchhof: Natürlich. Und haben die mit Ihnen, ich weiß nicht, zu Abend gegessen? Oder getrennt? Oder wie? #00:13:09-4#
Regina Baumann: Ach, wenn sich das ergab. Die haben ja Schicht gearbeitet, ja. #00:13:12-6#
Astrid Kirchhof: Ach so. #00:13:12-9#
Regina Baumann: Die waren ja in der Schicht und dann sind die ja... wurden die vorsorgt, ja. Und in den großen Garküchen. Und ja, die haben sich vielleicht mal einen Kaffee gekocht. Kann ich mich gar nicht so richtig erinnern, dass die recht... manchmal saßen sie schon mit am Abend... und dann haben, dann sind die... und haben geschlafen. Die haben (unv.) Ja. Es ging ja rund... oder sie waren in der Gaststätte, ja. Die Gaststätten, die blühten damals schon auf. #00:13:40-5#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:13:41-0#
Regina Baumann: (Lacht) #00:13:41-4#
Astrid Kirchhof: Und musste Ihre Mama für die dann noch waschen? #00:13:44-5#
Regina Baumann: Nein! Komisch... ich weiß gar nicht. Ich glaube, die haben... da gab's so eine, so eine zentrale Wäscherei. Ja. Kein... nee, also das, das würde... nee, haben wir nicht. Wir haben nicht. Kann ich mich nicht erinnern, dass wir gewaschen haben. #00:13:57-9#
Astrid Kirchhof: Okay. Und, was wollte ich denn jetzt fragen... Ach so. Hatten, wissen Sie, oder wussten Sie damals oder später, dass das gesundheitliche Probleme gibt? Hat man darüber gesprochen? #00:14:09-5#
Regina Baumann: Nein. Man hat darüber nicht gesprochen. Man hat sich bloß gewundert, dass in der, im Nebenort in Johanngeorgenstadt, dass da ein riesengroßes Krankenhaus gebaut wurde. #00:14:19-0#
Astrid Kirchhof: Hmm, hmm. #00:14:20-1#
Regina Baumann: Das heute noch steht. Das war auch letztens in den Medien drin. Hat man sich schon gewundert, warum so ein Krankenhaus. Wobei die ärztliche Versorgung der Kumpel, die war wirklich gut in Johanngeorgenstadt. Es gab dann Polyklinik, ja. Da waren alle Ärzte auf einmal da, die man gar nicht so früher kannte, ne. Man hatte den Hausarzt und der musste alles wissen. Aber dann gab's dann ja alle Zweige. Der, das, das war, das hatte schon funktioniert. Und das Krankenhaus natürlich, hatte man dann schon gemerkt, dass... es wurden, war dann... Da gab's ja dann diese Brigaden, die dann geschaffen haben. Und trockengebohrt haben. Und die sind, diese jungen Männer sind alle ganz zeitig verstorben. Die sind nicht alt geworden. Und da kriegte man schon mit, dass das die Krankheit ist, die Bergmannskrankheit war. Die gab's ja auch schon, die Bergmannskrankheit gab's ja auch schon früher. Gab's auch schon im Silberbergbau. #00:15:18-4#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:15:19-1#
Regina Baumann: Da... von meinem Vater der Vater ist auch Bergmann gewesen. Und der hat... ist auch an der Bergmannskrankheit gestorben. Aber das war eine andere wieder... die hatten irgendwelches mit den Bronchien und so. Aber das war ja jetzt eine Silikose-Geschichte. Also wo die Lunge kaputtgemacht wurde, ja. Und dann gab's natürlich auch eine Menge Unfälle, ne. #00:15:38-2#
Astrid Kirchhof: Ah ja. #00:15:38-8#
Regina Baumann: In den... ist ja klar. #00:15:39-8#
Astrid Kirchhof: Das hat man schon mitgekriegt oder? #00:15:41-0#
Regina Baumann: Das hat man dann schon... ja, natürlich. Das wusste man. Man wusste schon mit dem Abwurf der ersten Atombombe, dass das, das auch... (klopft) tödlich ist, ne. #00:15:50-9#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, wenn ich darf, ich hab da mal eine Frage. Dass der Opa, also dein Vater, nicht unter Tage gearbeitet hat sondern in der mechanischen Werkstatt, lag das eher an... #00:16:00-9#
Regina Baumann: Nein! #00:16:01-2#
Rommy Baumann-Sevim: ...seiner Kriegsverletzung? Der hatte ja eine Kriegsverletzung. Konnte der gar nicht unter Tage gehen oder wäre er gar nicht unter Tage gegangen? #00:16:08-7#
Regina Baumann: Der, der Vater von, von Herbert? #00:16:10-8#
Rommy Baumann-Sevim: Nein, ich meine jetzt den Herbert. #00:16:13-0#
Regina Baumann: Ja wahrscheinlich... // Rommy Baumann-Sevim Der Herbert (unv.) // Regina Baumann ...mein Vater hatte eine, eine Kriegsverletzung, der hatte einen Durchschuss durch den linken Arm. Das ist... aber wahrscheinlich hat sich das auch so ergeben, dass er nicht unter Tage gegangen ist. Ja. Das weiß ich jetzt... das kann ich ja jetzt gar nicht sagen. Der hatte dann in der, dieser mechanischen Werkstatt gearbeitet. Das war ja bei Schleiz da unten. Wo früher... das war ja noch, noch zu DDR-Zeiten dann bekannt. Die haben diese Badeöfen gebaut. Schleizer, das war eine Ofenbaufirma. #00:16:40-1#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:16:40-8#
Regina Baumann: War im Tal. Und die haben da... da hat... die hatten... der war ja auch im Krieg, mein Vater. Hatte Handschuhmacher gelernt. Und da kam er aus dem Krieg zurück und dann gab's ja keine Handschuhindustrie mehr, ja. Das war... und dann ging er in diese mechanische Werkstatt, hat da gearbeitet. #00:16:55-6#
Astrid Kirchhof: Und ob das an der Kriegsverletzung jetzt lag, dass er nicht unter Tage war, das könnte... #00:16:58-9#
Regina Baumann: Das kann schon durchaus möglich sein. Weil er ja mit dem linken Arm, war er etwas behindert. Ja. Hatte so eine Manschette. Hat... #00:17:07-2#
Astrid Kirchhof: Ach so. #00:17:08-0#
Regina Baumann: ...der war Linkshänder. Das war sein, sein Vorteil. Dadurch hat er den Arm immer in Bewegung gehabt. Der... und da, da, dadurch ist, ist er wieder also, konnte wieder richtig, war dann geheilt, ja, hm. #00:17:18-4#
Astrid Kirchhof: Und... also, Sie können ruhig was fragen, wenn Sie wollen. Wenn Sie vielleicht eine bessere Frage haben als ich. Stört mich nicht. Da wollt... ach so. Und Ihre Familie und auch Sie sind aber geblieben in Johanngeorgenstadt? #00:17:31-0#
Regina Baumann: Mein... Familie, ja. Wir sind ja dort geboren. Wir sind geblieben. Meine Mutter ist erst (lacht) 1998, hat sie, fiel ihr dann ein, ach, sie könnte eigentlich bei uns wohnen. Weil ich ja inzwischen in Berlin wohne und meine Tochter ja auch. Und, und da war sie die letzten Jahre noch in Berlin. Aber alle Familienmitglieder, ja, sind soweit geblieben. Bis sie... ja, von meiner, mein Vater hatte ja mehrere Geschwister. Da sind dann, da sind dann schon mal welche weg. Die eine ist nach Berlin gezogen in, in jungen Jahren. Aber das hatte nichts mit der Wismut zu tun. Das hatte... das war, ja. Familiäre Geschichten. #00:18:11-0#
Astrid Kirchhof: Und auch bei Ihnen war das so, das hat sich eben ergeben, dass man nach Berlin zog? Aber das hatte... #00:18:15-0#
Regina Baumann: Bei uns hat sich das... also persönlich, da durch meinen Mann. Ich hab ja dann geheiratet. Mein Mann ist auch aus, aus Johanngeorgenstadt. Und der hat in Potsdam studiert. Und dann eine Arbeitsstelle in Brandenburg bekommen. Und dann geheiratet. Und dann haben wir, waren wir, bin ich nachgezogen. Und dann sind wir nach hier, 1966 nach Berlin gezogen. Ja. Hat sich so ergeben. Ich meine, mein Mann hatte studiert und der hatte in Johanngeorgenstadt keine Arbeit gehabt. #00:18:43-3#
Astrid Kirchhof: Ja, ja, klar. Und dann geht man dahin, wo die Arbeit eben... #00:18:46-3#
Regina Baumann: Ja. Da, hm... #00:18:47-7#
Astrid Kirchhof: ...ist. Okay. Okay, hmm. Das wäre jetzt erst mal vielleicht für den Anfang für... wir sind ja im Gespräch. Möchtest du jetzt? Ja? Dann würde ich zu Frau Rommy Baumann übergehen. Und dann sind Sie ja noch wahrscheinlich auch in Johanngeorgenstadt...? #00:19:12-3#
Rommy Baumann-Sevim: In dem berühmten Krankenhaus in Erlabrunn. // Regina Baumann Sie ist in diesem riesen Krankenhaus geboren, ja // Astrid Kirchhof (lacht) #00:19:16-6#
Rommy Baumann-Sevim: Genau. #00:19:17-5#
Astrid Kirchhof: Also ich würde Ihnen dieselbe Frage stellen, was, wie ist denn Ihr Leben geprägt worden, würden Sie sagen, von der Wismut? #00:19:23-8#
Rommy Baumann-Sevim: Ich war ja die ersten drei Jahre in Johanngeorgenstadt bei meinen Großeltern. Die... ihr seid ein bisschen früher schon nach Brandenburg, ne? #00:19:35-2#
Regina Baumann: Naja, also ich bin einund... sie ist 60 [1960] geboren. Ich bin 61 [1961] nach Brandenburg. Und sie hatte einen Hüftschaden und musste angeblich von den Großeltern... (unv.) // #00:19:45-3#
Rommy Baumann-Sevim: Ich musste da schon als... // #00:19:45-6#
Regina Baumann: ...in Aue im Krankenhaus weiterbehandelt werden. Ja, das war so. Die Großeltern hatten da das Sagen (lacht) #00:19:50-7#
Rommy Baumann-Sevim: Aber... ja. #00:19:51-6#
Regina Baumann: Ja, das war halt so. Dann, ja, man hat da dann nachgegeben, ja. #00:19:55-2#
Rommy Baumann-Sevim: An diese Zeit habe ich natürlich kaum Erinnerungen, ne. Aber... wir waren ja in den Ferien, ich war in den Ferien immer da. Wir hatten ja drei Wochen Her..., Winterferien. Und damals gab's auch richtig Schnee noch. #00:20:10-9#
Regina Baumann: Ja! (Lacht) // Astrid Kirchhof (Lacht) #00:20:12-4#
Rommy Baumann-Sevim: Unglaublich, ja (lacht)! Und auch Weihnachten sind wir immer nach Johanngeorgenstadt und haben da... meine Eltern waren nicht so glücklich, die mussten immer so schwer tragen. Ihr musstet immer so viel zu Essen dahin mitnehmen. #00:20:24-0#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:20:24-1#
Rommy Baumann-Sevim: Gänse und so weiter. Ja. #00:20:25-8#
Regina Baumann: Und Zugverbindungen waren nicht so toll! (Lacht) #00:20:27-8#
Rommy Baumann-Sevim: Ja. Aber das ist, das kriegt man ja als Kind nicht so mit. Ich hab als, als Kind mitbekommen, dass da so eine faszinierende Halde war. Die war halt in der Neustadt. Wir wohnten schon in der Neustadt. Damals immer super kalt. Also man kam unten bei dem Bahnhof an. Der ist glaube ich so 700 Meter. Und dann fuhr man mit dem Bus so eine halbe Stunde hoch. Und oben lag Schnee. #00:20:49-5#
Regina Baumann: Viertelstunde. #00:20:50-0#
Rommy Baumann-Sevim: (Lacht) Da habe ich mich immer zuerst in den Schnee (lacht) fallen lassen. #00:20:53-0#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:20:53-7#
Rommy Baumann-Sevim: Ja. Und diese Halde, die haben wir natürlich zum Rodeln und zum Spielen genutzt. Die war schon so ein bisschen abgeplattet. Also man stand auf so einer Hochebene. Und da waren dann ganz viele Lupinen und Gräser. Und... dass das (lacht) eventuell irgendwie nicht so ganz gesund ist, auf diesen Halden zu spielen, haben wir nicht gewusst als Kinder. Überhaupt nicht. Gar nicht! Was halt später war, also ich bin ja immer in den Ferien dort gewesen. Und habe immer meinen Geburtstag dort gefeiert. Bin im August geboren. Da ist dann auch natürlich alles einen Monat später. Weil das so hoch ist, ne, 100 Meter. #00:21:28-4#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:21:28-8#
Rommy Baumann-Sevim: Und gab dann immer Erdbeertorte. Und die ganze Verwandtschaft kam. Es waren nicht so viele Kinder. Waren mehr so die Tanten. Und die haben dann (betont) immer von diesen Krankheiten erzählt. Also dauernd hat irgendjemand Krebs gehabt. Wurde in Erlabrunn aufgemacht und wieder zugemacht. #00:21:43-8#
Regina Baumann: (Lacht) Ja! // Astrid Kirchhof (Lacht) #00:21:44-5#
Rommy Baumann-Sevim: War furchtbar! Und dann, als ich dreizehn war, war dann mein eigener Opa schwer krank. Also wir hatten zuerst die Hoffnung, dass es (betont) nur TBC ist. Aber es war Lungenkrebs. #00:21:57-0#
Regina Baumann: Bronchien (unv.) #00:21:57-9#
Rommy Baumann-Sevim: Er (betont) hat auch stark geraucht. Aber man weiß ja inzwischen, dass diese ganzen Faktoren Rauchen, radioaktive Strahlung und der Staub durchs Trockenbohren... nun war er aber auch gar nicht in, unten im Bergwerk. Er hat nicht trockengebohrt. Aber doch so eine erhöhte Inzidenz... #00:22:16-4#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:22:17-3#
Rommy Baumann-Sevim: ...von Krebs, Lungenkrebs, Bronchialkarzinom und so weiter, hervorbringen. Und da habe ich dann wirklich erst mal so... ja, erst mal hat mich das sehr mitgenommen. Weil ich war halt bei meiner Großmutter. Wir haben meinen Großvater immer (betont) besucht. Der war in so einer Lungenheilstätte in Zschadraß. Und er hat manchmal auch so ein bisschen erzählt und dann so weiter. Und dann kam halt so ein bisschen so eine (betont) Geschichte raus. Also mein Großvater stammt aus einer Familie, sein Vater war... #00:22:52-3#
Regina Baumann: ...Bergmann. Berginspektor! Ne. #00:22:54-5#
Rommy Baumann-Sevim: Berginspektor. Die haben... wie viele Kinder? Acht? #00:22:57-8#
Regina Baumann: Fünf. Sechs, sechs, sechs. #00:23:00-3#
Rommy Baumann-Sevim: Sechs Kinder. Die ersten zwei Kinder, die wurden noch in so einem anderen... #00:23:05-9#
Regina Baumann: Die wurden... // Rommy Baumann-Sevim ...Bereich geboren // Regina Baumann ...in der Mittelstadt geboren. #00:23:07-8#
Rommy Baumann-Sevim: In der Mittelstadt. #00:23:08-3#
Regina Baumann: hm (bejahend) #00:23:08-9#
Rommy Baumann-Sevim: Die haben richtige, sind richtig alt geworden. Aber alle Kinder, die dann in der, sozusagen in der Betriebswohnung, geboren wurden... #00:23:16-3#
Regina Baumann: Die wurden... die wohnten dann, weil er Berginspektor war, da nannte man das Huthaus. Die wohnten auf dieser Halde. Oben war so ein kleines Haus. Und das nannte man Hut-Haus, ja. Und da wohnten die drin. Und da hat meine... also die Großmutter, hat noch vier Kinder geboren. Und diese vier Kinder sind... in dieser, in diesem Huthaus groß geworden. Und diese vier Kinder wurden versorgt mit... die hatten dann so eine kleine, war ein bisschen weiter unten, war so ein kleines Häuschen. Das war das sogenannte Wasserhäuschen. Das war ja das Bergwasser. Das... das kam vom Graben. Und mit diesem Wasser wurden die ja versorgt. Und diese vier Kinder sind alle vier an Krebs gestorben. #00:23:56-3#
Astrid Kirchhof: Und jetzt auch nicht so... // Regina Baumann zwei Mädchen, zwei Jungs waren das. Also mein Vater, dann, ja komischerweise. Und die Mutter, das ist ja das Komische, das ist... #00:24:05-4#
Rommy Baumann-Sevim: Die Rosa! #00:24:06-5#
Regina Baumann: Die Rosa, Oma. Also das ist die Mutter, die die sechs Kinder geboren hat und dann... die ist 92 geworden. #00:24:14-9#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, das, das kann man halt... #00:24:16-8#
Regina Baumann: (unv.) man, man, man... #00:24:19-1#
Rommy Baumann-Sevim: Aber, so als... #00:24:21-6#
Regina Baumann: Man kriegt es, man kriegt es nicht so richtig in Griff. Das ist wieder eine andere Forschung. #00:24:25-4#
Astrid Kirchhof: (Lacht) // Regina Baumann Genau... lernen muss, ja! #00:24:28-5#
Rommy Baumann-Sevim: Und ja, ich hab mich dann halt schon auch sehr dafür interessiert. Ich hab ja mitgekriegt, wie mein Großvater gestorben ist. Das war ja schon sehr einschneidend. Und hab dann halt auch angefangen zu lesen, soweit man was lesen konnte. Also über diese Uranbergbau... -geschichte und über die Wismut hat man gar nichts gefunden. Aber man hat in der Bibliothek durchaus was gefunden über Niedrigstrahlung. Dann hatte ich, ich bin ja in Berlin zur Schule gegangen, dann hatte ich einen super guten Chemielehrer. Und wir haben uns irgendwie mit Radioaktivität beschäftigt. Ich hab sogar dieses Atomkraftwerk Rheinsberg besucht (lacht). #00:25:05-9#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:25:06-9#
Rommy Baumann-Sevim: So, mit dieser... ja. Ich hab mich dann schon sehr dafür interessiert und dann fielen mir auch diese Geschichten auf. Mit diesen erhöhten Krebsraten. Dann dachte ich, reden alte Leute immer beim Geburtstag über die... also das ist... Und dann hat mich halt auch immer verfolgt, die Geschichte von meinem Onkel, den ich ja nie kennengelernt habe. Der gestorben ist, als er elf Jahre alt war, an Leukämie. Das ist ja so ein familiäres Trauma, ist ja klar, dass man dann immer drüber spricht. Und ich dachte, ja, mal sehen, ob ich elf Jahre alt werde (lacht) also so eine Art, dieses magische Denken, ja (lacht). Nee, es war immer sehr, sehr, sehr präsent. Und das Leben von Mama wurde ja durch den Tod ihres kleinen Bruders, der war sechs Jahre jünger...? #00:25:48-7#
Regina Baumann: Sieben. #00:25:49-5#
Rommy Baumann-Sevim: Sieben Jahre jünger, wahnsinnig beeinflusst. Weil... ja, man muss sich vorstellen, man ist 16, und dann wird der kleine Bruder schwer krank. Kriegt Leukämie. Und dann ist natürlich, nun ist die soziale Kontrolle in Kleinstädten sowieso eine ganz andere. Aber wenn dann noch der Bruder schwer krank ist, dann... ja, geht ja alles... ja, gar nicht mehr so einfach. Ja, und dann hatte ich auch eine Erklärung dafür, warum die Stadt, in die ich in die Ferien fuhr, immer so komisch aussah. Also man steigt unten an einem Bahnhof aus, der sieht noch so ganz normal aus, wie so Kleinstädte in Sachsen aussehen. Dann ist da noch so ein, ein Gebäude, Hotel Deutsches Haus, da denkt man, aha. Hier unten ist ein Gebäude, da stehen, steht schon ein Betrieb, Modesta. Da wurden so Kinder... Kinderklamotten wurde da hergestellt. Und einen großen Schornstein. Dann fährt der Bus hoch. Dann gibt's eine Haltestelle, die hat... heißt Marktplatz, ja. Was ist da? Da ist eine Scheune und da sind kleine Bäume. Inzwischen sind die natürlich riesengroß // Regina Baumann Das, ja. // Rommy Baumann-Sevim ...die Bäume, aber das ist... #00:26:48-5#
Astrid Kirchhof: Ach so! Kann man... //Rommy Baumann-Sevim Genau. //Astrid Kirchhof ...da was zeigen? Also so sah es früher aus? #00:26:52-5#
Regina Baumann: Ja, ja. Das ist früher. Das ist das Rathaus und das ist der Markt. Der Marktbrunnen. Aber der steht Gottseidank wieder. #00:26:58-3#
Rommy Baumann-Sevim: Der Brunnen ist noch da. Dann fuhr der Bus weiter, dann war die Kirche zu sehen. // Regina Baumann Und (unv.) sieht man vielleicht nicht // Astrid Kirchhof Also... ist davon noch was da? #00:27:06-2#
Regina Baumann: // Rommy Baumann-Sevim Der Brunnen, der Brunnen. #00:27:08-0#
Rommy Baumann-Sevim: Aber sonst ist alles... dann hat man halt auch erfahren, da stand mal ein Hotel, das hatte den tollen Namen Trockenbrod. Da hat sogar Goethe mal übernachtet. #00:27:16-3#
Astrid Kirchhof: Trockenbrod? #00:27:17-3#
Regina Baumann: Trockenbrod, ja // Rommy Baumann-Sevim Trockenbrod. #00:27:17-9#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:27:19-4#
Regina Baumann: Als mit D, also mit D geschrieben, mit einem D. #00:27:22-0#
Astrid Kirchhof: Ach so. #00:27:22-4#
Regina Baumann: Mit einem Dora-D. #00:27:23-4#
Rommy Baumann-Sevim: Und es, es gab natürlich immer diese Kleinidyllen. Also Johanngeorgenstadt hat glaube ich dreizehn Stadtteile,... // Regina Baumann Das ist der (unv.) // Rommy Baumann-Sevim ...ohne Zentrum. Und außerhalb dieser Stadtteile gibt's halt Jugel. Jugel ist ein wunderschönes Dorf, ja. Also... ja. #00:27:40-3#
Regina Baumann: Da bin ich geboren, ja. #00:27:41-2#
Rommy Baumann-Sevim: Da hat man dann erfahren, es sah hier nicht immer so aus mit diesen... diese Baracken waren umgebaut worden in Wohnhäuser. #00:27:49-4#
Regina Baumann: Nicht alle, teilweise. #00:27:51-1#
Rommy Baumann-Sevim: Oder auch... meine Großmutter arbeitete im Krankenhaus für psychiatrisch kranke Kinder, also für behinderte Kinder. Das waren auch diese... das hatte man alles ganz gut umgebaut. Und auch die Neustadt fand ich von der Architektur her jetzt gar nicht so schlecht. Es gab auch ein sehr schönes Kaufhaus in der Mittelstadt mit so Schieferboden. Das war so, für ein Kind so ein Traum, ja. Also Schieferboden, dann ging so eine gewundene Treppe hoch. Oben war die Spielzeugabteilung. Da gab's dann auch diese kleine Wismut-Ecke. Wo man irgendwie mit Talons einkaufen konnte. #00:28:23-7#
Regina Baumann: (Lacht) #00:28:24-2#
Rommy Baumann-Sevim: Aber da war kein Spielzeug, das hat mich nicht interessiert //Regina Baumann Sowas gab's (unv.) // Astrid Kirchhof (Lacht) #00:28:27-4#
Rommy Baumann-Sevim: Da waren nur so Reformschuhe oder sowas,... // Astrid Kirchhof (lacht) // Rommy Baumann-Sevim ...ich weiß auch nicht. Ja, aber das war auch nur eine Erklärung dafür, warum gibt's hier keine normale Stadt. Warum ist das eigentlich alles so ein bisschen komisch. Und... ja. #00:28:44-1#
Astrid Kirchhof: Was, was ist denn eigentlich genau dahin gebaut worden, wo der Marktplatz weg war, und dann? #00:28:49-6#
Regina Baumann: Na, da ist Wald. #00:28:50-5#
Rommy Baumann-Sevim: Bar... ja, Wald. Also das war ja einfach so, die Schächte gingen schon bis kurz vor die Unterfläche // Regina Baumann Oder, das ist, das ist jetzt runter (unv.) // Rommy Baumann-Sevim Die hatten halt Risse in den Häusern. Und es gab glaube ich noch mehr... Städte, wo die... die Häuser über den Schächten abgerissen werden mussten. Weil dies war zwischen Stadt, zwischen Fundament und erstem Stollen, war glaube ich nicht so viel Platz. Und da hat man halt eher befürchtet, dass mal die ganze Stadt einstürzt mit den Leuten, die drin wohnen. Als dass... ja. Und Wald ist ja nicht so schlimm. Da stürzt jetzt ja nichts ein, deswegen, also. #00:29:30-0#
Regina Baumann: Also hier so Bilder drin, die sind vielleicht, wenn Sie mal durchblättern, ganz interessant sind. #00:29:34-6#
Rommy Baumann-Sevim: Das ist auch... #00:29:35-5#
Regina Baumann: So sah es halt dann aus, ne. #00:29:37-4#
Astrid Kirchhof: Danach? Also, als das weg...? #00:29:38-9#
Regina Baumann: Das ist, das ist alles jetzt zu Anfang. Das, das sind die Türme, Werra. Und das ist hier meine... er, machen Sie ruhig weiter. Ich, ich, ich such mal den... #00:29:49-2#
Astrid Kirchhof: Ich kann auch dieses eine Foto, können wir zeigen, was, was Sie grade meinten mit den Bautürmen? #00:29:53-6#
Regina Baumann: Nee, ich meinte jetzt, da gibt's so ein Foto, ich such das mal, wie die Stadt jetzt... also... #00:30:00-3#
Astrid Kirchhof: Ach so. #00:30:00-7#
Regina Baumann: ...wo jetzt, wo die Häuser standen, ist jetzt alles Wald, ja. #00:30:03-8#
Astrid Kirchhof: Okay. Und, und, und, jetzt sagen Sie noch mal, wo sind Sie dann...? #00:30:05-3#
Regina Baumann: Ja, und das sind dann halt, ja, so sah das eben aus, nee. Und dann waren diese Bohrtürme. #00:30:15-2#
Rommy Baumann-Sevim: Und dann war schon... mein Vater hat auch erzählt, es gab ein Freibad. Aber dieses Freibad musste dann weichen. Jetzt nicht einer Halde, sondern ich habe dann gelesen, diesen Eisenbahnanlagen. Weil die haben ja mehr für die Eisenbahn Platz gebrauch und so. Dann gab's einen ganz geheimnisumwitterten Schlammteich, wo man... // Regina Baumann (lacht) // Rommy Baumann-Sevim ...um Gottes Willen nicht hin sollte. #00:30:38-3#
Regina Baumann: Sollte man nicht baden. #00:30:39-3#
Rommy Baumann-Sevim: Da war ich nur mal im Winter. Da war der zugefroren. Da sind wir mit den Skiern drübergefahren und das war... da waren auch noch so irgendwelche irgendwelche Industrie... also so wie Fördertürme da drin zu sehen. Das war tatsächlich irgend so ein Teich, wo teilweise auch Abraum eingeschüttet wurde. Und wenn man da wohl so einen Stein reingeworfen hat, dann wirbelte es unheimlich auf. Und trotzdem haben da wohl Leute drin gebadet. Ok. Also es war irgendwie... es war jetzt nicht so eine, wie so andere Sch... Mitschüler von mir, die sind auch manchmal nach Thüringen zu ihren Großeltern oder in andere Dörfer. Es war irgendwie anders in Johanngeorgenstadt. War irgendwas... und da habe ich natürlich dann nach dem Tod von meinem Großvater schon ganz schön drüber versucht was zu finden. Und zu lesen und so. #00:31:30-4#
Astrid Kirchhof: Also ich muss noch mal nachfragen nach diesen... na, nach diesem Einkaufshaus. Wo haben die das denn dann hin gebaut, wenn der Marktplatz weg war? #00:31:38-7#
Regina Baumann: Das war, war, das ist das jetzige Zentrum. Das ist die Mittelstadt geworden. Das war schon, also im Prinzip schon von früher, Johanngeorgenstadt, außerhalb. Johanngeorgenstadt war früher zu Ende. Am Klubhaus Franz Mehring. Das steht auch kurz danach, da war der Sportplatz. Da war, war Johanngeorgenstadt zu Ende, ne. Und dann... // Rommy Baumann-Sevim Und das ist... // Regina Baumann ...wurde ja die Neustadt, wurde ja die Eibenstocker Straße, wo es dann nach Eibenstock ging, also bei Steinbach rauskommt, da wurde dann die Neustadt hin gebaut. #00:32:07-9#
Regina Baumann: hm (bejahend) #00:32:08-3#
Regina Baumann: Und da war dann so was, so ein kleines Stück, wo es so ein bisschen eben war, bevor die Straße wieder hochging. Und da hat man dann das Kaufhaus hin gebaut. Und, und dann eine ganz große Kaserne. Das ist jetzt das Rathaus. Und das ist jetzt so ein bisschen Mittelstadt. Dieses wunderschöne Kauf... das war ein schönes Kaufhaus, wie meine Tochter schon sagt, mit diesem Schiefer. Und großzügig, ja. Und das wurde dann... (lacht) jetzt, zu DDR... DDR zu Ende war, wurde das weggerissen. Alles traurig, ja. Warum sie das weggerissen haben, weiß kein Mensch, ja. Das war halt so nach der Wende. Da wurden viele Sachen gemacht, die man jetzt nicht mehr versteht (lacht). Und das war dann das neue Zentrum. Das war... das war der neue Markt praktisch, ja. Und da war das, das Kaufhaus. Und da war eine Gaststätte mit dran. Und dann konnte man tanzen. Die, dann, dann war dann auch noch eine Milchbar. Die steht da zwar auch (unv.). Da waren dann noch so kleinere Geschäfte, was sich so aufgebaut hat, ne. Und da steht jetzt, wo dieses Kaufhaus stand, steht jetzt der weltgrößte Schwibbogen. #00:33:14-3#
Rommy Baumann-Sevim: Und das war die Mittelstadt, die war halt ungefähr 800 Meter hoch oder 750. #00:33:19-0#
Regina Baumann: Na, nee. Die Mittelstadt war so um die sechs... 600. Dann oben Grenze, war das so um die 850, 900. #00:33:27-9#
Rommy Baumann-Sevim: 903 Meter ist die (unv.) #00:33:29-0#
Regina Baumann: Ja, 900, ja. #00:33:30-0#
Rommy Baumann-Sevim: Die ersten Siedler haben natürlich kein Interesse dran gehabt, genau auf dem Berg zu wohnen. Weil die ganz genau wussten,... // Regina Baumann Da oben stürmt es // Rommy Baumann-Sevim ...wie da oben die klimatischen Bedingungen sind, ja. Und diese Kleinstadt, aber das erste Johanngeorgenstadt, das musste dann halt diesem Bergbau weichen. Und dann ist man eher höher gegangen (lacht). Wobei natürlich da durch Steinbach mehr einbezogen wurde. Weil früher war Steinbach ja eigentlich nicht Johanngeorgenstadt. Du musstest ja hoch auf den Berg und wieder runter. #00:33:59-0#
Regina Baumann: Ja, ja, Steinbach war, war schon ein neuer Ortsteil, hm (bejahend) #00:34:02-3#
Rommy Baumann-Sevim: Und dadurch, dass die Neustadt jetzt oben auf dem Berg war, war natürlich Steinbach genauso nah wie das alte Johanngeorgenstadt. Oder sogar näher. Hat sich alles so ein bisschen verschoben. Und... so diese, die Architektur in, so Anfang der 50er Jahre [1950er], das war ja so ein bisschen auch diesem Zuckerbäckerstil nachempfunden. Also sowas wie die Stalinallee so in ganz klein. #00:34:24-8#
Regina Baumann: Aber bloß, bloß das Kulturhaus so. #00:34:26-8#
Rommy Baumann-Sevim: Kulturhaus, die Ladenstraße,... #00:34:28-3#
Regina Baumann: Und die Ladenstraße // Rommy Baumann-Sevim ... und die Poliklinik #00:34:29-9#
Regina Baumann: Und die Poliklinik, ja. #00:34:30-8#
Rommy Baumann-Sevim: Die haben durchaus gute Materialien verarbeitet. #00:34:33-8#
Regina Baumann: Das Johanngeorgenstadt wurde in Berlin konzipiert (lacht). Die keine Ahnung hatten, dass es da oben stürmt, ne (lacht). Ja, das ist... ist halt so. Ich meine, die haben dann auch... gehört, es ist, gehört jetzt im Prinzip nicht zur Wismut. Die hatten dann natürlich Ziegel da drauf gemacht, ja. Mussten also, diese Boden, ne, diese da, die mussten sie dann alle nach und nach, mussten sie auf Schiefer gehen. Weil ja Schnee, es gab Katastrophen, ja. #00:35:01-8#
Astrid Kirchhof: Und hat sich denn Ihr Vater als Wismuter verstanden? #00:35:06-6#
Rommy Baumann-Sevim: Nee, oder? #00:35:07-7#
Regina Baumann: Ach ja, das ist... der hat ne, die waren... ja, die sind nach Hause gekommen nach dem Krieg und dann mussten sie irgendwie arbeiten. Inzwischen hatten sie auch Familie. Und (atmet aus)... Ja, ich weiß nicht. Und dann... ja. Kann ich gar nicht so sagen. Ob die da recht diskutiert haben und gemacht haben, haben sich dagegen gesträubt haben. Wie jetzt die Jugendlichen mit ihren Corona-Masken, sowas gab's da nicht. #00:35:38-2#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:35:38-6#
Regina Baumann: Ja. #00:35:39-1#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) Und was würden Sie beide sagen, wie hat das... hat das, dass die Wismut in Johanngeorgenstadt war, hat das irgendwie Ihr Leben geprägt? Oder als Sie dann in Berlin waren, dann war es halt nicht mehr so wichtig? War ein Teil der Vergangenheit? #00:35:59-0#
Regina Baumann: Ich kann nicht sagen, dass mich das geprägt hat. Es... ich, ich, ich bin da hineingewachsen als Kind. Und bin dann mit 20 weggegangen. Also, ja. Und dann, ich meine natürlich diese Einschnitte, der Verlust des Bruders und dann auch in der Familie, die Sterbefälle, die prägen einen schon. Aber das hat man im Prinzip nicht so dann mehr mit dieser Wismut zusammengebracht. Das war dann eben so. #00:36:23-6#
Astrid Kirchhof: Auch nicht die Krankheit des Bruders, der hatte halt Leukämie? #00:36:26-2#
Regina Baumann: Ja, das, das, die Krankheit des Bruders ist nicht so hundertprozentig geklärt, ob das... ob das in dieser, in der Erbgeschichte drin ist. Ich hab noch eine Cousine, die ist auch an Krebs gestorben mit jungen Jahren. Ob das jetzt die Gene sind oder ob das nun... der ist als Kind mal verunfallt. In so eine Rutsche rein, wo's, wo man Erz, Erz, also die Masse, das Gestein abkippte, ob da was in die Blutbahn gekommen ist. Das weiß man nicht. Das ist, ist, ist, man kann da jetzt nicht sagen, er ist durch die Wismut oder mit der Wismut oder ist er an diesen Gen-Geschichten gestorben, das kann man nicht nachverfolgen. Also das weiß man nicht. #00:37:02-6#
Astrid Kirchhof: Haben da Ihre Eltern... Kompensation verlangt von der Wismut? #00:37:08-4#
Regina Baumann: Ach, sowas gab's gar nicht. Sowas. Die hätte er müssen auch vorsperren, diese Geschichte, ja. Ob das... und diese Krankheit ist ja in Deutschland erst, ja, es war einer der ersten Fälle mit, ja, aufgetreten Leukämie. Die Leukämie wurde ja erst bekannt nach dem Atom-Abwurf in, ja, in Japan, ne. Damals, da wurden dann ja dann viele auch krank. Da wusste man, ach, sowas gibt es auch. Also die Leukämie kommt von sowas, ne. Ja. #00:37:41-1#
Astrid Kirchhof: Aber... hmm. Und bei Ihnen war es ja so, wenn ich das richtig verstanden hab, Sie haben sich durch den Tod des Großvaters immer wieder auch mit der Wismut beschäftigt? Auch später? #00:37:51-2#
Rommy Baumann-Sevim: Ja. Ja, mit dieser Ursache. Mit diesen... #00:37:54-5#
Regina Baumann: Der hat auch... das ist... er, also es ist anerkannt als Silikose-Krankheit, ja, im Nachhinein. Aber wenn man dann die Vorgeschichte der Familie hat, dann weiß man auch nicht so hundertprozentig. Ist es oder...? Ich meine, es hat es vielleicht beschleunigt. #00:38:10-9#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:38:11-5#
Regina Baumann: Ja. Ich mein... wenn man jetzt, er wurde ja operiert an dem Lungenkarzinom. Ich meine, das war neunzehnhundertund... (atmet aus) #00:38:20-9#
Rommy Baumann-Sevim: ...71 [1971]... 73 [1973]. #00:38:22-7#
Regina Baumann: 73 [1973] ist er gestorben und 71 [1971] oder 72 [1972] gestorben... da war man ja jetzt... heutzutage hat man (unv.) Lungen... #00:38:29-1#
Astrid Kirchhof: (unv.) #00:38:29-8#
Regina Baumann: ...im Verwandtenkreis, da hatte man glaube ich, das heilt mal jetzt, ne. #00:38:33-7#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:38:35-2#
Regina Baumann: Damals war man, also es gab ja noch keine Chemotherapie. Es gab ja... #00:38:38-5#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:38:40-3#
Regina Baumann: Und da ist man... war man diesen Krankenheiten... Krankheiten gegenüber sehr hilflos noch, ne. #00:38:46-5#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:38:47-2#
Regina Baumann: Das ist nun mal so. Es sind ja auch nun schon zig Jahre vergangen. #00:38:52-3#
Rommy Baumann-Sevim: hm (bejahend) #00:38:53-4#
Astrid Kirchhof: Aber, aber, also für Sie noch mal, Frau Rommy Baumann, war das... bis heute interessiert Sie das Thema schon immer mal wieder, hatten Sie glaube ich auch mal erzählt? #00:39:04-9#
Rommy Baumann-Sevim: Genau. Ja, natürlich. Radioaktivität, was, was bedeutet das und so weiter. Marie Curie hat ja ihre Forschungen gemacht mit Uran-Pechblende aus Johanngeorgenstadt, ne. Also dieses Radium, was sie entdeckt hat, das hat sie aus mehreren Waggon-Ladungen sozusagen extrahiert. Und sie ist auch an einer Folgeerkrankung der Radioaktivität gestorben. Und dann war ich auch noch mal mit einem Freund, der also auch Ökologie studiert hatte. Und wir haben uns das auch noch mal angeguckt da. Und war, das war so vor 20 Jahren. Sind wir wirklich diese Orte auch abgefahren. Es sind ja inzwischen teilweise Wüstungen. Also in Johanngeorgenstadt gab's mehrere Baracken, Siedlungen. Und einige sind inzwischen einfach abgerissen. Und das ist jetzt also so flach. #00:40:01-4#
Regina Baumann: Platt. #00:40:02-2#
Rommy Baumann-Sevim: Ne, ja. Da... #00:40:03-7#
Regina Baumann: Die, die... #00:40:04-3#
Rommy Baumann-Sevim: Neu Oberhaus oder so hieß das? #00:40:05-7#
Regina Baumann: hm (bejahend), ja. Die Halden sind ja auch alle einge... #00:40:08-0#
Rommy Baumann-Sevim: Die Halden wurden... aber wir haben uns damals so dafür interessiert. Auch für die anderen Orte. Waren da so mit dem Auto in der Gegend unterwegs, aber auf der tschechischen Seite. Da war dann auch ein ganz wahnsinniges (lacht) Montan-Museum. Ja, und das spielt da schon, spielt schon eine Rolle. Wenn man bei meinem Großvater väterlicherseits, der hatte dann so einen Schrank. Und in dem Schrank waren lauter Bergkristalle oder so was drin. Ich nehme mal an, der Schrank hat stark gestrahlt. Wir haben natürlich trotzdem uns sehr dafür interessiert (lacht). #00:40:42-6#
Astrid Kirchhof: (lacht) #00:40:43-1#
Rommy Baumann-Sevim: Also das wird ja immer, wird ja auch berichtet. Die haben was mitgebracht, das ganz schön aussah. Durfte ja eigentlich nichts mitgebracht werden. Das kann man jetzt wahrscheinlich auch völlig uninteressante Sachen... aber es sah halt ganz schön aus. Also... aber als Wismut-Kumpels haben sich die Männer nicht so verstanden. Eher als Johanngeorgenstädter. Und zu Johanngeorgenstadt gehörte irgendwie die Wismut. Und ich dachte auch immer, dieses Spitzwort Johannsibirsk... #00:41:11-9#
Regina Baumann: (lacht) #00:41:12-4#
Rommy Baumann-Sevim: ...kommt aus der Wismut-Zeit. Aber das ist viel älter. Das hat irgendeiner schon 1900 geschrieben, weil das Wetter (lacht) immer so schlecht war. #00:41:20-4#
Regina Baumann: (lacht) // Astrid Kirchhof (lacht) #00:41:22-1#
Rommy Baumann-Sevim: So, aber das ist halt eine sehr raue Ecke. Das West... das West-Erzgebirge ist auch insgesamt nicht so lieblich wie das Ost-Erzgebirge. Im Ost-Erzgebirge hast so, und West-Erzgebirge ist halt eher so... so diese weiten Hänge. Ja. Klar habe ich mich dafür interessiert. Was das, was, was war da los. Warum gibt's da so ein großes Krankenhaus? Was wird in diesem Krankenhaus... // Regina Baumann Ja, (unv.). // Rommy Baumann-Sevim ...was, was ist da nun überhaupt, ne? Wir haben Joachimsthal besucht. Joachimsthal, super berühmtes Radiumbad um die Jahrhundertwende. Kurhallen, so Jugendstil, ganz schick, ja. Ich habe dann nicht immer ganz verstanden, warum sich Leute freiwillig in radonhaltige Heilquellen begeben. Aber so ab 80 ist es ja dann eher die gute Wirkung. Weil der Schmerz lässt ja nach. Das ist der pH-Wert, der pH-Wert von Gewebe wird ein bisschen verändert. Das ist die eine Theorie. Deshalb hat man wirklich (lacht) nach so einem Bad mit so niedriger radioaktiver Strahlung wirklich weniger Schmerzen, so. Dann habe ich mich natürlich auch mit Niedrigstrahlung beschäftigt. Was passiert... inwief... das ist wirklich auch eine Glücks, eine Glückssache. Es gibt halt irgendwie immer diese multifaktorielle Entstehung von Erkrankungen. Und da gibt dann... Krebs wird nicht vererbt, aber eventuell gib es eine genetische Empfindlichkeit oder irgend so etwas. #00:42:43-5#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:42:43-9#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, klar habe ich mich immer damit beschäftigt. Und mir war auch völlig klar, dass es da natürlich keine offiziellen Aufzeichnungen drüber gibt. Und... als es dann so in den 80er Jahren [1980er] so ein bisschen mehr Opposition gab und auch ein bisschen mehr Öffentlichkeit, habe ich das dann auch mal so, bei so, in so einer Kirche, wo wir so eine Veranstaltung hatten... damals war ich ja bei den Frauen für den Frieden, ne. Und wir konnten im Rahmen von Kirchen Veranstaltungen manchmal so öffentlich, auch bestimmte Sachen, sagen. Und da habe ich, haben wir sowas, wir nannten das Klage. Wir wollen hier mal klagen. Wir wollen man die Sachen sagen, die uns so ein bisschen auf der Seele brennen. Und da habe ich das halt auch gesagt. Also ich komme aus einer Ecke, da ist nach dem Krieg Uran abgebaut worden. Viele meiner Verwandten sind relativ jung gestorben. Es gibt keine Statistiken drüber. Ich wüsste gerne mehr darüber, über diese Zeit. #00:43:39-8#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:43:40-2#
Rommy Baumann-Sevim: Und was ist noch vorhanden? Was liegt da noch auf den Halden rum? Und... ich habe damals den Michael Beleites nicht mehr kennengelernt. Der ja darüber dieses sehr interessante Buch auch im Untergrund veröffentlicht hat. Aber das war dann für mich schon sehr wichtig. Was dann auch interessant war, das ist aber erst, ich bin 85 [1985] ausgereist und bin relativ schnell in Istanbul gelandet. Und dann in Istanbul im Goethe-Institut, habe ich dann auch endlich das Buch von Stefan Heym \"Schwarzenberg\" gefunden und gelesen. Das gab's in der DDR ja auch nicht. #00:44:16-8#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:44:17-1#
Rommy Baumann-Sevim: Und das ist ja auch eine ganz interessante Geschichte. Schwarzenberg war erst mal nicht besetzt. Die Amerikaner sind durchgefahren. Du hast mal erzählt, die haben, du hast die Jeeps gesehen? #00:44:27-3#
Regina Baumann: Die Jeeps, ja, ja. Ja. Hm (bejahend), ganz kurz. Die waren auf dem Rückmarsch. Die sind ja dann auch über Plauen dann zurück. Damals war ja diese Frage, ob das kleine Stückchen Sachsen da unten vielleicht auch amerikanisch wird. Aber dann ist... das haben sie ja dann nicht zugelassen. Deshalb mussten sie dann wieder dann weg. (Lacht) #00:44:44-8#
Rommy Baumann-Sevim: Du würdest sagen, die haben getrieft! #00:44:47-6#
Regina Baumann: (Lacht) Ja, die haben getrieft. Ja, ja // Rommy Baumann-Sevim Die haben nicht gewusst, was da liegt. // Regina Baumann Ja, ja, da irgendwie, ja, aber... // Rommy Baumann-Sevim Die Russen wussten es // Regina Baumann Dieses Stefan Heym-Buch über Schwarzenberg, das exist... das war wirklich so. Und es wurde ja auch verfilmt mit dem, mit dem Otto Sander. Das war schon ganz interessant. Ich meine, man hat es jetzt, ich habe das auch dann gelesen, als das raus kam, wo man es endlich bekam. Es war schon so (lacht) interessant, was da alles so, so vor sich ging. Ja. Ich meine, ich habe das ja nicht erlebt, ich war ja Kind, ja. Aber es ist schon... ist schon, es ist schon sehr interessant, was sich da alles so abgespielt hat, (unv.) in Lehm, ne. Und in der Welt. Ja. #00:45:27-2#
Astrid Kirchhof: Vielleicht können wir hier an der Stelle kurz eine Pause machen (Pause). Jetzt kommen wir zu unseren Fragenteil, den ich nach einem Leitfaden stelle, die alle Zeitzeugen gestellt bekommen. Das machen wir, damit wir so eine Art Vergleichbarkeit... also nicht wir, aber die Leute, die später das nachher, die später das nutzen als Quellen. Dass die so eine Vergleichbarkeit haben können. Und zwar meine erste Frage geht zu Zäsuren. Also speziell, sagen wir mal 57 [1957], ehm 53 [1953], ab 17. Juni [17. Juni 1953], ob Sie da was, ob Sie den erlebt haben und wie, wenn ja. Oder auch 61 [1961] dann, zum, den Mauerbau. Und vielleicht auch, kommen wir noch mal zu 89 [1989], wie Sie 89 [1989] erlebt haben. Aber fangen wir mal mit 53 [1953] an. #00:46:13-7#
Regina Baumann: Also 53 [1953], Sie, Sie spielen jetzt auf diese Geschichte in Berlin an, ne? #00:46:18-7#
Astrid Kirchhof: Also, ja, auf den 17. Juni [17. Juni 1953]. Da wurde ja nicht nur in Berlin demonstriert. #00:46:22-1#
Regina Baumann: Ja. Hatten wir da oben gar nichts mitgekriegt. Das, das... Erzgebirge war ja ab Zwickau gesperrt, ja. Die durften ja bloß rein mit Genehmigung. Und dass da in Berlin was war, das... also ich, wir haben das erst im, spät, im Nachhinein. Also ach, da in Berlin, sind sie, da haben sie... gar nichts. Da war Ruhe. Die Medien waren ja noch nicht so stark. Es gab ja nur Radio. Radio durfte ja nicht gemeldet werden, ja. Also dann war es ja bloß da, DDR-Funk. Und Westen kam ja noch nicht richtig an. Also da oben war nichts bekannt über diesen Aufstand hier in Berlin. #00:47:00-1#
Astrid Kirchhof: Und die Wismuter haben selber auch gar keinen Aufstand geprobt? #00:47:04-0#
Regina Baumann: Ach, da... Das wurde... Das wurde so bewacht, da, da... ich glaube nicht, dass da... Wenn, dann waren das kleine Zellen, aber die wurden vielleicht... also ich, mir ist da nie was bekannt geworden, dass da mal irgendwie mal, da aufgebäumt hat oder so. Oder... nee. Sie haben ja auch alle, sie wurden ja auch alle, die haben ja gut verdient. #00:47:27-7#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:47:28-5#
Regina Baumann: Die hatten Sonderrechte, ne, die Wismut-Kumpel. Schon mit dieser Karte. Und dann auch mit... kriegten sie Einkauf-Talons und so. Und dann... die wurden dann auch so ein bisschen ruhig gehalten. Ich meine, die hatten ja ihr Drei-Schicht-System. Sie wurden verpflegt. Die Verpflegung war mehr als genug, ne. Und da... ja. Dann haben... die haben ihren Frust vielleicht rausgelassen, wenn irgend möglich war dann... haben sie eben, sind sie in die Kneipe gegangen. Und da (unv.) Ja. Da war. Ich weiß auch nicht, ob das ein normaler Acht-Stunden-Tag war. Also... ja, das war auch schwere Arbeit. Die waren dann froh, wenn sie was zu essen hatten. Und dann konnten sie sich hinlegen und schlafen, ne. #00:48:12-1#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:48:12-9#
Regina Baumann: hm (bejahend). Ich meine, so, so Familienleben fand da bestimmt großartig nicht statt. #00:48:18-3#
Astrid Kirchhof: Okay. Dann, wie war für Sie der Mauerbau? Oder wie... #00:48:25-5#
Regina Baumann: Ja, den Mauerbau, den habe ich ja in Brandenburg erlebt. Ne ganz... ich hatte eine Tante in Westberlin wohnen. Und wir waren dann in Brandenburg, mein Mann und ich. Und die habe ich dann, die ist umgezogen in Westberlin. Und dann bin ich dahin gefahren. Und, es war ja kein Problem von Brandenburg. Und habe ihr dann noch geholfen. Und habe mich verabredet mit ihr, ja, ich komme ja nächste Woche noch mal und dann machen wir das und das. Und ich sage zu meinem Mann, och, hol mir doch, wir wohnten nah am Bahnhof, hol mir doch mal eine Fahrkarte. Und dann, ich will dann zu Tante Liesl fahren. Sagt er, du, das gibt keine Fahrkarten nach Berlin. (Lacht) Kam er zurück. (Unv.) Naja, und dann kriegen wir... ja, und dann hatten wir uns aber schon gewundert, in der Nacht war so Krach. Na, was ist denn das? Ach, die machen wohl Manöver, ja. Brandenburg an der Havel war ja Garnisonsstadt. Ja. Kriegten wir das mit, ne. Und konnten das eigentlich... kann, kann ja wohl nicht sein. Also ich kann mich noch erinnern, dass ich gesagt hab, die, die, das gibt's ja nicht. Wie wollen die die DDR und (unv.) Berlin abschirmen? Ja, aber wir haben's ja erlebt, ne. Und das... #00:49:34-3#
Astrid Kirchhof: Und wie war das für Sie persönlich, dass dann da eine Mauer stand? Hatten Sie das als Einschränkung in Ihrem Leben empfunden oder war das gar nicht so präsent? #00:49:44-8#
Regina Baumann: Ja, das war schon, schon ein gewisser Einschnitt. Aber... ich konnte auf einmal nun nicht mehr zu meiner Tante fahren. Was so war. Mein Mann hatte einen Bruder in Nürnberg. Den hatten wir auch noch vorher besucht, 57 [1957] waren wir da da. Ja, gar nicht auf die Idee gekommen, da vielleicht da zu bleiben oder, oder dass das, dass das Deutschland mal geteilt wird. Oder, es ist halt, sind halt so im Westen und Osten. Man hat das auch damals auch gar nicht so mitgekriegt, dass so viele dann... aber nach dem Mauerbau war es ja dann schon, schon ein bisschen dramatischer geworden, alles, ja. #00:50:23-8#
Astrid Kirchhof: Aber Sie haben nicht gedacht... oder haben Sie gedacht, ich darf ja nicht so meine Antwort schon (lacht). Haben Sie gedacht, Sie sind jetzt auf der falschen oder auf der richtigen Seite oder? #00:50:32-9#
Regina Baumann: Nee. Also das habe ich nicht gedacht. Das haben wir auch, mein Mann auch nicht. Also... nein. Ich mein, ich war, wir waren nie politisch engagiert in der... beide nicht. #00:50:44-3#
Rommy Baumann-Sevim: Ach! #00:50:45-0#
Regina Baumann: Ja, wir hatten unsere Arbeit in Brandenburg, ne. Und dann später in Berlin... ja. Es war, war halt, ja. Meine, die Freude, dass da alles wieder... sie war ja... dann, dann kam ja die ganze Geschichte mit meiner Tochter dazwischen. Dass die dann... weggegangen war, dann. Und es war dann, dann wieder schön, dass die Mauer auf war. Dann konnten wir uns wieder sehen ohne Probleme. Und dann, ja. Jetzt haben wir schon wieder 30 Jahre, ist sie offen. #00:51:08-9#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:51:10-0#
Regina Baumann: Das ist Wahnsinn, ne. // Astrid Kirchhof (unv.) // Regina Baumann Man kann das gar nicht glauben. Hmm. #00:51:13-0#
Astrid Kirchhof: Und... haben, also diese Zeit 57 [1957] oder auch 61 [1961], wie haben, haben da Ihre Eltern was erzählt, wie es in Johanngeorgenstadt war? Oder auch der Mauerbau? #00:51:26-1#
Regina Baumann: Wissen Sie, in Johanngeorgenstadt, da, da war dieses Berlin, war weit weg. Das war weit, ne. Und der Mauer... ja. Ich glaub, diese, diese, die haben das gar nicht so als Einschnitt, als schlimmen Einschnitt so wahrgenommen. Wir waren dann damals schon in Brandenburg. Und da ich nah dran war an meiner Tante, das war von meinem Vater eine Schwester. Wir hatten ein gutes Verhältnis und (unv.) sogar. Und da war das schon, schon... das tat ein bisschen mehr weh. Aber die haben das... naja, das ist halt so, ne. Die hatten ja da unten auch ihr Auskommen, ihr Leben, ihre Arbeitsstätten. #00:52:02-2#
Rommy Baumann-Sevim: Und die waren links. Der Vater von meinem Vater, mein Opa väterlicherseits, ist eigentlich aus Nürnberg. Und ist aus Nürnberg weg, weil er... war der KPD oder SPD? #00:52:14-1#
Regina Baumann: Der war bei der KPD. #00:52:15-1#
Rommy Baumann-Sevim: Der war bei der KPD. Der ist also sozusagen ins Erzgebirge, um mehr Ruhe zu haben. Und der Herbert, dein Vater, war SPD? #00:52:23-5#
Regina Baumann: S... SED. #00:52:25-3#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, der war dann in der SED. Da gab's ein Parteiausweis, den fanden die... und das Parteiabzeichen. Ja, daran kann ich mich noch erinnern. Dass Opa so einen kleinen Bonbon hatte, ne. Und dann war auch immer Parteiversammlung. Irgendein Tag in der Woche, und Oma war immer sauer... #00:52:38-6#
Regina Baumann: Ja, natürlich, weil... #00:52:39-5#
Rommy Baumann-Sevim: ...weil die kamen besoffen irgendwie zurück. Ich weiß es nicht genau, aber es war vielleicht so. Und da gab's einen Parteiausweis, der war so lustig. Weil da guckt er so nach oben. So in den Himmel. #00:52:50-2#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:52:51-7#
Rommy Baumann-Sevim: (Lacht) Die... ich glaube, die waren damals sogar gar nicht unbedingt gegen die Mauer. Vielleicht haben die erlebt, dass irgendwelche Fachleute weggegangen sind. Ich weiß es nicht. Jedenfalls in dem Buch habe ich gefunden, dass der Bürgermeister von Johanngeorgenstadt in den Westen flüchten musste. Weil da gab's irgendwas mit den Sowjets und so. Der war in Gefahr. Dann weiß ich nicht genau. Also das war, es ging... // Regina Baumann (unv.) Da war ich zu jung // Rommy Baumann-Sevim ... jetzt nicht durchs Erzgebirge ein Aufschrei. #00:53:19-5#
Regina Baumann: Da war ich zu jung. Da, das hast du nicht mitgekriegt. Da war ich dann zu jung. Und... ja. Diese, die, die wurde ja auch... es wurde ja so untereinander. Das... Und dann war ich ja weg. Und dann hatte ich mein eigenes Leben in Brandenburg. Und dann waren wir in Berlin. Und dann... ja. #00:53:38-0#
Astrid Kirchhof: Sie sagen gerade, dass Teile der Familie vielleicht ja auch ganz gerne gelebt haben im... in einem sozialistischen System. Dass ist ja nichts Ehrenrühriges #00:53:48-8#
Regina Baumann: Tja, das kann man ja nicht so sagen. Die, die sind ja in dieser... die sind ja hineingewachsen, ne. Und dann... ja. Die haben... weiß man, ob man im Westen besser lebt? Ich meine, die waren ja der Heimat verbunden irgendwie. Ich glaube, also... unsere Familie ist der Einzige, der weggegangen ist, also das ist der Bruder meines Mannes. Es ist aber... aber der ist... nicht unbedingt weggegangen, weil er un..., weil er raus wollte aus, aus, aus diesem Staat. Meine Schwiegermutter ist in Nürnberg geboren. Und mein Schwiegervater ist in Johanngeorgenstadt geboren, ne. #00:54:25-7#
Rommy Baumann-Sevim: Hat aber in Nürnberg gelebt. #00:54:26-4#
Regina Baumann: Der war aber Handwerker. Und der war auf der Walz. Und der hat in Nürnberg meine Schwiegermutter kennengelernt. Und die haben dann auch in Nürnberg gelebt. Und da war mein Schwiegervater, war bei der kommunistischen Partei. Und der wurde dann in Nürnberg verfolgt, und deshalb sind die, ist er zurück mit seiner Frau nach Johanngeorgenstadt. Um jetzt... Johanngeorgenstadt war ein bisschen anonymer, ne. Und der arbeitete auch dann in einer Werkzeugfabrik als... der hat Schrauben... mechaniker gearbeitet. Deshalb sind die nach... und da... die Geschwister meiner Schwiegermutter lebten aber alle in Nürnberg. #00:55:07-6#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #00:55:08-0#
Regina Baumann: Ja. Und die hatte auch mehrere Geschwister. Und Cousins. Und da ist der Erstgeborene, der Max, ist dann... ja, ist da rüber gemacht. Mit noch einem Freund. Sind die nach Nürnberg. Wann ist der rüber? In den 50er [1950er] Jahren. #00:55:25-2#
Astrid Kirchhof: Sie haben also in der Familie also jemanden, der in den Westen gegangen ist, aber auch vom Westen in den Osten? #00:55:31-7#
Regina Baumann: Von Westen nach Osten ist niemand mehr. #00:55:33-7#
Astrid Kirchhof: Doch, ihr... #00:55:34-2#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, vor dem Krieg. #00:55:35-2#
Regina Baumann: Hmm? #00:55:35-9#
Rommy Baumann-Sevim: Vorm... #00:55:36-4#
Astrid Kirchhof: Na, der... hier der war jetzt hier gerade in der KPD war. #00:55:40-0#
Regina Baumann: Ja, na das war der Schwiegervater. #00:55:42-5#
Rommy Baumann-Sevim: Aber das war vor... das war zur Nazi-Zeit. #00:55:44-9#
Regina Baumann: Das war zur Nazi-Zeit. #00:55:45-6#
Astrid Kirchhof: Ahhh! #00:55:46-2#
Rommy Baumann-Sevim: Nürnberg war ja Reichshauptstadt. #00:55:48-2#
Astrid Kirchhof: Ach so, jetzt verstehe ich, das war nicht... // Regina Baumann Ja, das war zur Nazi-Zeit, ne. Deshalb ist der... #00:55:51-4#
Astrid Kirchhof: ...deshalb ist er nach... #00:55:52-4#
Regina Baumann: Es war der also Einzige, der dann in den Westen, also nach dem Westen gegangen ist (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: Ich glaub...
Regina Baumann: Alle anderen sind bei uns... niemand ausgewandert, ja. Sind alle, alle geblieben. #00:56:02-9#
Rommy Baumann-Sevim: Außer deine Cousine. Aber die ist direkt ganz weg. #00:56:05-3#
Regina Baumann: Die eine Cousine von mir, die ist, die hat in... in Johanngeorgenstadt waren ja Fremdarbeiter, ne. Waren ja auch zur... zur Nazi-Zeit. Und dann später. Und die hat da einen kennengelernt, ist nach Belgien gegangen, mitgegangen, ne. Und die andere, die, diese Tante Liesl, wo ich gesagt hab, da bin ich hingefahren, die hat auch... aber das war noch zur, ja... ja, Anfang der... zwei, 30er [1930er] Jahre, ist die nach, hat auch einen Mann kennengelernt und ist deshalb nach Berlin gegangen, ja. Also die war... also, das hatte auch jetzt nichts mit der Politik zu tun, hm (bejahend). #00:56:44-0#
Astrid Kirchhof: Das ist ja auch interessant. Sie hatten gesagt, ja, Berlin war weit weg. Aber die Mauer betrifft ja eigentlich nicht nur die Berliner, sondern beide. Westdeutschland, also... #00:56:55-1#
Regina Baumann: Ja! Aber die Mauer... Erzgebirge war ja auch weg von der Mauer. War ja nicht so, so unbedingt... #00:57:00-1#
Astrid Kirchhof: Aber Sie waren ja zumindest reisebeschränkt. #00:57:02-5#
Regina Baumann: Ja. Natürlich war Reise auch... ich, ich kann mich nicht erinnern, dass bei uns jemand... ja, die Mauer war eben da. Da ging... Deutschland war geteilt, ja. #00:57:14-7#
Astrid Kirchhof: So war es eben, hm (bejahend) #00:57:15-3#
Regina Baumann: hm (bejahend). Es hat... es... ja, sicher. #00:57:21-6#
Astrid Kirchhof: Na, ich hab das auch schon oft gehört. Also Sie sind nicht die Erste, die sagt, dass die Mauer war weit weg. Und das habe ich nicht so dramatisch empfunden (unv.) #00:57:30-0#
Regina Baumann: Ja. Man ist ja... ja, man hat sich dann eben... man ist damit... man lebte damit. Man hatte ja seine, man hatte ja dann seine Arbeit. Man hat gearbeitet und dann... ja. Natürlich, natürlich gab's Diskussionen. Und... ja, aber. #00:57:46-7#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) Ja, ich verstehe schon. Und als es dann auf Neunzehnhundert... also auf den Mauerfall [1989] zuging, wie haben beide, also Sie das erfahren oder erlebt? Als sie dann da anfingen zu demonstrieren und...? #00:58:03-1#
Regina Baumann: Also der Mauerfall kam ja für alle, glaubt heute niemand mehr, von heute auf morgen, ne. Und ich hab letztens, vorherige Woche, war es erst einmal so, auf Phoenix im Interview von dem Bahr gesehen, wo der so über seine Zeit mit Willy Brandt sprach. Und der sagte auch, er sagt, die Mauer ist gefallen und er hat Willy Brandt angerufen und hat gesagt, hast du das geglaubt? #00:58:29-2#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:58:29-8#
Regina Baumann: Und da sagte der: Nein. Ja, also es war auch, auch für die große Politik eine enorme Überraschung. Ich meine, es war eine... das ist die beste Überraschung der Welt, die es gab. Ich meine, ohne Blutvergießen und alles. Es war schon toll. Und dann, ja, meine Tochter lebte in Westberlin. #00:58:46-0#
Astrid Kirchhof: Diese Tochter? #00:58:47-3#
Regina Baumann: Ja
Rommy Baumann-Sevim: Ja (lacht) #00:58:48-4#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #00:58:49-4#
Regina Baumann: Und ich hab (lacht) (unv.) Und dann sagt mein Mann, der war krankgeschrieben, war zu Hause. Nee, der, der war, musste auch, sagte, du, bei uns ist niemand auf Arbeit. Ich, ich komme nach Hause, ich weiß auch nicht. Bei uns sind alle unterwegs. Und ich war, ich hatte, war krankgeschrieben. Und, und ich rief dann im Betrieb an, meldete sich niemand. Naja, gut. Sagt er, weißt du was, wir fahren jetzt... geh mal auf die, zur Polizei und hol dir mal einen Besucherausweis. Sage ich, ich gehe doch jetzt nicht auf die Polizei. Da sage ich, du, die stehen hier überall. Naja, da sind wir dann zum Übergang gegangen und... und haben uns da auch mit angestellt. Und das war in so einem... Brücke in der Nähe von der Schönhauser Allee. Zwischen Bornholmer und Schönhauser. Und da standen die Soldaten. Und die hatten alle Blumen auf ihren Gewehren, ne. Und waren ganz ruhig. Und dann... es war, es war schon so irgendwie komisch. Naja, und dann fuhren wir ein Stück mit der S-Bahn. Und da steht eine Kollegin drin. Sagt er, was machst du denn hier? Naja, sagt sie, ist doch offen. Ich muss doch hier sehen, wie meine alte Heimat war (lacht)
Astrid Kirchhof: (lacht)
Regina Baumann: Das waren Urberliner, ne. Die lebten... die kannte Berlin, nun auch Westberlin. Naja, und dann... meine Tochter kam... ja. Ja, es war niemand zu Hause. Und da... und dann waren auch gleich Bekannte und ach ja! Die sind dort und dort. Und dann... also jedenfalls. Dann haben wir uns... #01:00:10-4#
Rommy Baumann-Sevim: Haben sie euch zum Kindergarten geschickt. #01:00:11-5#
Regina Baumann: Ja, ein Kindergarten noch von dem einen Enkel. Und dann, ja, und dann sagt meine Tochter, kam zur Tür rein. Wir saßen nun schon im Wohnzimmer und da sagt sie: Alle Menschen sind aus dem Osten da, bloß meine Eltern nicht! (Lacht) #01:00:26-3#
Astrid Kirchhof: (Lacht)
Rommy Baumann-Sevim: (Lacht) #01:00:26-9#
Rommy Baumann-Sevim: Ich war im Besucherbüro und hatte... es gab so einzelne Büros in Westberlin, wo man beantragen konnte, nach Ost-Berlin fahren zu dürfen. Und das habe ich gleich gemacht an dem Morgen, ne. Weil abends kam halt in den Nachrichten, dass alle Leute mit Reisepass nach Westberlin, also in den Westen dürfen. Dann dachte ich, ja, schön, meine Eltern haben nämlich keinen Pass (lacht). Also... (unv.) Also ich habe das auch nicht geglaubt. Und als (unv.) (lacht) Es war schon, war schon ein einschneidendes Erlebnis, dass es... also ich bin weg, weil es die Mauer gab. Ich bin damit nicht klargekommen. Ich bin ja, hab hier... hab ja eigentlich alles gehabt im Osten was man sich wünschen konnte. Außer, dass ich nicht studieren durfte. Aber ich hatte eine kleine Korbmacherei. Diese Korbmacherei hatte aber kein Material mehr. Und ich stand dann irgendwann vor dieser Entscheidung. Also entweder: Du nimmst jetzt einen Staatskredit auf und gehst aufs Land und baust dir deine eigenen Weiden an. Oder du krepelst hier weiter so rum. Und dann war ich in dieser Gruppe Frauen für den Frieden. Und für mich war irgendwie klar, diese Mauer fällt nicht. Es wird höchstens schwieriger. Dann war eine Freundin von mir an so... bei so einer Demo verhaftet worden. Und sie wusste nicht, was passierte in der Zwischenzeit mit ihrer vierjährigen Tochter. Ich hatte noch keine Kinder. Aber ich dachte, ich kriege in diesem Land keine Kinder. Das, da mache ich mich derartig... ich halte das nicht aus. Irgendwas Politisches zu machen, nicht zu wissen... Leute, die zu Hause übernachtet haben, waren dann, wenn wir irgendwas geplant haben mit den Grünen oder so, waren die am nächsten Morgen, wenn die Kinder hatten, hatten die Hausarrest, ja. Und mich haben sie nie gekriegt, weil ich musste nie zu Hause schlafen. Hab dann immer bei meiner Freundin, die war Künstlerin, Karla Reusnitzer, habe ich dann immer übernachtet. Und die haben mich in, in die, in dieser Stasi-Akte ist es ganz oft, dass ich werde einfach nicht gefunden. Man kann mich nicht vorbeugend in Haft nehmen. Dachte ich, ja, mit Kindern kannst du nicht so rumziehen, ja. Geht nicht. Ich hätte in der DDR keine Kinder gekriegt. Definitiv nicht. Und dadurch bin ich natürlich weggegangen 85 [1985], ja. Und dann hatte ich mich auch wirklich sehr verliebt und... ich musste nach Istanbul. Es ging nicht anders, ja. Ich wusste, es ist ganz schwer für meine Eltern. Ich bin die einzige Tochter und so. Und als dann die Kinder kamen in Westberlin und die durften die Kinder nicht sehen... ja, ist furchtbar. Einfach mal definitiv furchtbar. Und als dann die Mauer gefallen ist, es war... war unglaublich schön. Und die nächsten zwei Kinder sind natürlich auch nur deshalb auf der Welt, weil die Mauer gefallen ist. Weil... zwei Ärzte können nicht einfach noch mal Kind drei und vier machen, wenn nicht Großeltern da sind, die drauf aufpassen. So. Also, sagen wir mal, vom Politischen her war diese Entscheidung wegzugehen, nicht eine Entscheidung für dieses System der BRD. Auf gar keinen Fall. Ich fand auch... ich hab’s auch verstanden, dass Bärbel Bohley gesagt hat, ja, die Mauer ist weg. Aber ja, jetzt, und, aber dann haben wir die Zeit der Runden Tische gehabt. Und dann gab's aber die Wiedervereinigung. Ich hätte es gut gefunden, so eine eigene Entwicklung der DDR. Aber... die DDR war wirtschaftlich am Ende, hat Ulrike Poppe erst vor kurzem gesagt. Und da die unheimlich viel Ahnung hat, denke ich... #01:03:47-7#
Regina Baumann: Es war viel am Ende, aber es war auch viel verkehrt. #01:03:50-7#
Rommy Baumann-Sevim: Es ging dann unheimlich viel kaputt, klar. #01:03:53-3#
Regina Baumann: Das dann nicht wieder ein bisschen, ein bisschen aufzufangen, ne. Die haben... die haben es nicht verstanden, das aufzufangen. Sie haben es entgegen der... ich meine, das hat ja jetzt auch diese Dame, komme jetzt nicht auf ihren Namen, die hat das ja auch jetzt so 30 Jahre danach, hat die es auch eingesehen, ja. Aber da war es ein bisschen zu spät, ne. #01:04:18-0#
Astrid Kirchhof: Hätten Sie das... fanden Sie das gut, dass die Mauer fällt, aber die DDR wäre bestanden...? #01:04:24-7#
Regina Baumann: Nein. Ich fand schon gut, dass die, die Mauer fällt. Ich, ich meine, ich habe, ich hatte eine sichere Arbeit. Ich, ich hab an der Bauakademie gearbeitet, ja. Wir hatten noch ein sehr schönes Projekt. Ich hab in der... Mitglied in einem Kollektiv gearbeitet. Farbgestaltung. Wir hatten in Eisenach, da wurde das neue Werk, wo sie dann hatten die, die... Volkswagen, ne, hatte damit... Da hatten wir die Farbgestaltung. Dass ist dann alles weggebrochen. Das war schon... wir hatten, ich hatte keine Probleme damit. Aber ich fand es dann... es war schon schön. Wir waren dann auch gleich nach Nürnberg eingeladen worden zu der Verwandtschaft. Und das mitzuerleben, dass Deutschland wieder eins war. Also ich meine, wobei ich glaube immer nur, die Ostdeutschen begreifen mehr, dass Deutschland eins wieder ist und sind auch glücklich darüber als die Westdeutschen. Habe das Gefühl. Aber das ist ja eine andere Sache. Aber ich fand, da dieser, die Wiederv... war schon, war schon in Ordnung. Ich meine, es ist nun mal ein Deutschland und es muss halt wieder eins werden. Und in 50 oder 60 Jahren spricht kein Mensch mehr darüber. Ich meine... #01:05:32-7#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #01:05:33-6#
Regina Baumann: Wir merken es ja selbst, schon 30 Jahre vergangen. #01:05:36-4#
Astrid Kirchhof: Ich... #01:05:36-9#
Regina Baumann: Wir sprechen zwar immer noch darüber und, aber, es kommen ja... diese Generation wächst ja nach. Es war schon richtig. Ich meine, dass Fehler gemacht wurden, ich glaube, das würde bei jeder Geschichte gemacht werden, wenn sowas ist in der Welt. Aber es, es war schon ein bisschen die Arroganz der West... der Westdeutschen, ne. Die da eine Rolle spielte. Also, es ist jetzt mein, meine Einschätzung. #01:06:00-8#
Astrid Kirchhof: Ich hatte, ich komme gleich noch mal auf Sie. Ich hatte nicht ganz verstanden, das wollte ich Sie schon die ganze Zeit fragen. Ihren Beruf habe ich bis jetzt gar nicht richtig verstanden, was Sie gearbeitet haben? #01:06:11-7#
Regina Baumann: Ja, ja (lacht). Ich habe eigentlich... ich habe Augenoptiker gelernt. Und dann, als ich dann fertig war, dann konnte ich nicht da arbeiten. Musste aber in Johanngeorgenstadt bleiben, weil da, da kam das mit meinem Bruder dazwischen. Und habe dann im Konsum gearbeitet als Verkäuferin. Bin nach... dann geheiratet. Und bin nach Brandenburg und hab auch als Verkäuferin da noch weiter im Konsum gearbeitet. Und in Berlin habe ich dann angefangen an der Bauakademie. Und hab... und dann Lehrgänge gemacht und so weiter und mich weitergebildet. Und habe in einem Kollektiv, also in Arbeitsgemeinschaft, gearbeitet. Wir haben die Farbgestaltung für Industriebauten gemacht. Und nach der Wende wurde nun die Bauakademie aufgelöst. Zwei Institute überlebten. Und in dem einen Institut durfte ich dann mitarbeiten. Und dann habe ich weiter, haben wir die ganzen Aufarbeitungen der historischen Stadtkerne gemacht. Also im Denkmalschutz gearbeitet. Und das waren noch mal sehr schöne zehn Jahre, die ich da arbeiten konnte. Es waren... war sehr gut. Die haben die Kleinstädte, die, wo noch einigermaßen die... die Marktplätze und das, das Mittel... also so das Zentrum noch vorhanden war, wurde wieder aufgebaut. Das, das hatte der Denkmalschutz, die saßen in Bonn, das haben die dann wunderbar. Also da wurde wirklich sehr viel reingesteckt. Und das war eine sehr, sehr schöne Arbeit, die ich da...
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) /Regina Baumann ...noch mal hatte. Und um zu sehen, wie das alles dann doch gewachsen ist auf einmal, ne. Das war wieder die andere Seite. Da hat man wieder was reingesteckt und hat wirklich wieder was draus gemacht. #01:07:52-2#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend). Und jetzt wollte ich Sie... #01:07:54-0#
Regina Baumann: Jetzt bin ich Rentner, ja (lacht) schon 20 Jahre (lacht) #01:07:57-5#
Astrid Kirchhof: (lacht) Und sogar noch gesund und fit und gesund. Das ist ja auch was (unv.) #01:08:03-3#
Regina Baumann: Ja. Da bemüht man sich immer noch (lacht) #01:08:06-3#
Rommy Baumann-Sevim: Total fit! Wir waren eine Woche wandern. Sie war immer vorne weg. 140 Kilometer in sieben Tagen...
Astrid Kirchhof: Oh Mann, echt (lacht)
Rommy Baumann-Sevim: ...echt Wahnsinn (lacht). #01:08:13-6#
Astrid Kirchhof: Ich wollte Sie noch mal fragen Frau Baumann. Sie sagen, Sie sind 85 [1985] rübergegangen, so als wäre die Grenze schon offen gewesen. Das muss ja auch ein ganzer Prozess gewesen sein? #01:08:23-2#
Rommy Baumann-Sevim: Das war ein ganz langer Prozess, klar. Wir hatten ja in der Küche immer hängen: Bleibe im Lande und wehre dich täglich. #01:08:30-6#
Regina Baumann: (lacht)
Astrid Kirchhof: (lacht) #01:08:31-6#
Rommy Baumann-Sevim: Und ich war total glücklich in dieser... mit meinen Freunden. Sie war in Prenzlauer Berg. Da gab's ja eine unheimliche Infrastruktur. Künstler, Oppositionelle, Schriftsteller. Echt, man ist mit dem Fahrrad durch die Straßen gefahren, hat immer Freunde getroffen oder so. Die Frauen für den Frieden, das war auch eine, war eine tolle... Arbeit eigentlich auch, ne. Und dann hatte ich halt die Korbmacherei und hatte auch sehr viel Freiheit, im persönlichen Bereich zu arbeiten. Also, ich hatte schon Öffnungszeiten. Aber... ah, ich hatte dieses Fernweh. Und das ging und ging und ging nicht weg. Also das war furchtbar. Einfach dieses Fernweh zu haben. Wir waren zwar schon, wir waren in Ungarn, wir waren in Bulgarien und Rumänien, also... (lacht) haben das schon ziemlich ausgeschöpft. Aber hätte man damals gewusst, 89 [1989] fällt die Mauer, nun warte doch einfach noch die vier Jahre, ja (lacht). Aber das wusste man ja nicht. Und ich wollte mir ja dann auch im Westen ein Leben aufbauen. Da dachte ich, ja, dann könnte ich da ja auch studieren. Das hatte in der DDR nicht geklappt. Und das war im Nachhinein ja auch... also, es hat meinen Eltern sehr wehgetan. Aber... ich hatte einen Freund. Wirklich nur einen Freund, der war Musikwissenschaftler aus Australien. Und der hatte dann irgendwann mal gesagt, wir hatten uns immer besucht und so, und der hat gesagt, Rommy, das... Rommy, das ist nicht gut für dich. Überleg doch, ob du weggehst. Heirate mich doch einfach! (Lacht) Und... #01:10:11-0#
Astrid Kirchhof: Den Australier? #01:10:11-8#
Rommy Baumann-Sevim: Der lebte in Westberlin. Der war Musikwissenschaftler. Den hatte ich kennengelernt auf einer Generalprobe der Staatsoper. #01:10:18-1#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #01:10:19-3#
Rommy Baumann-Sevim: Diese ganze Geschichte, dass ich Korbmacherin geworden bin und auch auf diesen Generalproben immer war, hatte sehr viel damit zu tun, dass mein Vater an der Staatsoper arbeitete. Und dass die Staatsoper ihre Kulissen oft bei Korbmachereien in Auftrag gab. Deshalb habe ich dann angefangen, in der Korbmacherei zu arbeiten in den Ferien. Und hab dann auch gedacht, das ist jetzt eine Möglichkeit, einen Beruf zu lernen, wo ich nicht... ich hab natürlich dran gedacht, Berufsausbildung mit Abitur... ich hatte natürlich davon geträumt, Medizin stud... zu studieren. Aber ich wollte nicht Krankenschwester werden, weil ich immer der Ansicht war, dass die Hierarchie, die es in der DDR gab, weitergegeben wird durch die Stufen der Gesellschaft hinab. Und ich hatte Krankenschwestern immer als furchtbar erlebt. Weil die diese Hierarchie weitergegeben haben. Und ich hatte keine Lust, Krankenschwester zu lernen. Und das wäre eine Berufsausbildung mit Abitur gewesen. Und diese Korbmacherei, das war mitten im Prenzlauer Berg. Das war, ja, toll. Habe ich dann natürlich gemacht. War auch sehr anstrengend, so ein Handwerk zu lernen, bei... Das ist, also wirklich, hatte da wirklich auch zwei, zwei Jahre so, wo ich politisch kaum was gemacht habe, ne. Nachdem ich noch in der zehnten Klasse ein aufmüpfiges Plakat (lacht) mit Freunden zusammen in der Carl-von-Ossietzky-Oberschule da... hatten wir da eine Wandzeitung gestaltet. Und das hing ganz kurz. Und zwei Jahre später kamen dann irgendwelche Herren (lacht)...
Regina Baumann: (lacht)
Rommy Baumann-Sevim: ...und holten mich ab. Aber... #01:12:01-4#
Regina Baumann: Mit einem Trabbi (lacht) #01:12:03-4#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, damals noch mit einem Trabbi. #01:12:08-5#
Astrid Kirchhof: Sie sagten, dass der Freund sagte, heirate mich. #01:12:11-9#
Rommy Baumann-Sevim: Ja. Und ich habe das dann wirklich ganz lange überlegt. Und dann habe ich aber gedacht, also entweder jetzt weggehen oder es ist zu spät. Dann habe ich einen Ausreiseantrag gestellt. Und Mama hat dann aber an dem Tag, wo ab... ausgereist bin, gesagt, du kannst dem Louis schon dankbar sein, dass er das gemacht hat
Astrid Kirchhof: Sie haben den dann geheiratet?
Rommy Baumann-Sevim: Wir waren ja nur befreundet. Wir mussten heiraten, ja. Wir haben geheiratet. Das war auch ein schönes Fest (lacht). Wir wollten eigentlich gar nicht feiern. Dann höre ich aber... da waren auch Jutta und Eberhard, also Jutta Seidel war da. Die durften an dem Tag nicht nach Prag fahren. Die wollten sich mit anderen Freunden in Prag treffen. Da waren dann schon die Ausreisesperren für die Oppositionellen, dass die gar nicht mehr nach Prag fahren konnten. Dann sind sie zurückgekommen und dann haben wir meine Hochzeit gefeiert. Und ein paar Wochen später durfte ich ausreisen nach Westberlin. #01:13:07-3#
Regina Baumann: Mit dem Fahrrad. #01:13:09-6# #01:13:09-5#
Astrid Kirchhof: Durch... #01:13:09-9#
Rommy Baumann-Sevim: Mit einem Fahrrad und mit einem Reisepass. #01:13:11-3#
Astrid Kirchhof: Dadurch, dass Sie verheiratet waren? #01:13:13-0#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, ja, hm (bejahend) #01:13:13-8#
Astrid Kirchhof: Ach so! #01:13:14-4#
Regina Baumann: Naja, sonst wäre die ganze Geschichte ein bisschen, vielleicht nicht so schön abgelaufen. #01:13:18-6#
Astrid Kirchhof: Okay. #01:13:19-4#
Rommy Baumann-Sevim: Ausreiseanträge wurden zwar bewilligt, hat aber häufiger lange, länger gedauert. Bei mir war von Vorteil, dass ich nicht studiert hatte. Also die DDR verlor jetzt keinen großartigen Ausbildungs... investitionskosten. #01:13:32-0#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #01:13:32-7#
Rommy Baumann-Sevim: Und ich gehörte ja auch zu dieser oppositionellen Gruppe. Und in der Akte stand dann, ja, das ist gar nicht schlecht, wenn die weggeht. Der Ausreise ist nichts in den Weg zu legen. #01:13:43-8#
Astrid Kirchhof: Okay. Eine Frage will ich noch, bevor wir das Fenster öffnen. Wieso durften Sie nicht studieren? #01:13:50-7#
Rommy Baumann-Sevim: Das gab immer nur drei Schüler aus jeder Schulklasse, die studierten, die studieren durften. Und das war bei mir in der Schulklasse so, meine beste Freundin war die Tochter vom stellvertretenden Energieminister. Mein Banknachbar war der Enkelsohn von Stephan Hermlin. Und die Andere, die zur EOS durfte, die war gesellschaftlich sehr aktiv. Und dann war das Kontingent weg. Von den Leistungen her wäre es gegangen. Also so, wenn man jetzt in der Kleinstadt in der Schule gegangen ist, dann hat man eher... also meine Freundin, die war Veterinärmedizinerin. Die war in der Schule sogar eigentlich nicht so gut wie ich. Aber irgendwie... naja, die kam halt vom Dorf. Und da waren halt nicht so viele, die studieren wollten. Also es war so eine, eher so eine Kontingentfrage und jetzt nicht nur Leistung. Aber ich hätte ja... ich hatte dann sogar auch versucht, auf dem zweiten Bildungsweg Abitur zu machen. Und da war dann aber schon, das durfte ich irgendwie nicht. Obwohl der... da musste mein Meister unterschreiben, dass er nichts dagegen hat. Diese Unterschrift von ihm habe ich gekriegt. Wobei er es gar nicht so gut fand. Aber ich habe gesagt, ja, ich will so Kunsthandwerk machen. Und Burg Giebichenstein kann man so ein bisschen Design und so. Also, der hätte das ja nicht mir verziehen, wenn ich ja was ganz anderes gemacht hätte. Aber da, irgendwie... es ist so lange her, ich weiß es nicht mehr. #01:15:14-9#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend), okay. #01:15:15-6#
Rommy Baumann-Sevim: Aber jedenfalls... #01:15:16-5#
Astrid Kirchhof: Okay. Dann machen wir erst mal hier stopp (Pause). Also meine Frage, ich muss erst die Frage stellen (lacht). Meine Frage ist, ob Sie in der Familie die Umweltschäden besprochen haben oder beziehungsweise wie finden Sie das heute, dass jetzt daran saniert wird? #01:15:32-7#
Regina Baumann: Wenn natürlich, Johanngeorgenstadt soll ja dann aus überall Halden, ne. Überall Abraum. Und es wurde dann, ja, drüber gesprochen. Ist schon, man fand das schon nicht schön. Aber es wurde ja dann alles nach und nach eingeebnet. Und jetzt gibt's, existiert der Spruch: Die roten Berge von Johanngeorgenstadt. Es wurde eingeebnet, mit Erde bedeckt und Lupinen gepflanzt. Lupinen blühen ja dann. Lupinen sind ja bekannt, dass die die Erde sowieso aufbessern, ja. Wenn die dann bohrten wieder. Also es wurde schon viel gemacht. Ich meine, wenn man jetzt von Johanngeorgenstadt zurückgefahren ist durch das Georgenthal Richtung Erlabrunn, da waren auf der rechten Seite, waren richtig viele Halden. Das ist jetzt alles abgestuft. Und es wurde, wurde wirklich, also aufgeforstet. Es wurde dann schon, also, wenn man jetzt nach Johanngeorgenstadt kommt und, und sieht die Landschaft, dann sieht man nicht, dass die mal so ausschaute, ne. Mit den Halden. Das ist alles jetzt eingeebnet. Es sind schöne Flächen, es ist bepflanzt, es ist... Ich meine außerdem, das wissen nun nur welche, die, die eben sagen ja Markt, wo ist der Markt? Dass das eben nicht mehr vorhanden ist. Das ist das Einzigste. Aber so, von der... von der Landschaft her wurde da schon viel gemacht. Also so (unv.). Also man merkt es. Und wenn man jetzt nicht weiß, dass dort... man weiß es nicht, dass da mal solche Halden waren. Die sind eingeebnet. #01:17:03-5#
Astrid Kirchhof: Wenn Sie sagen, die Lupinen wurden gepflanzt, wann war das ungefähr? #01:17:07-4#
Regina Baumann: Ach, das ist bestimmt jetzt, gute Frage, 20 Jahre her. So, schon, es wurde schon, ja. Es wurde erst mal, musste ja teilweise erst mal Erde drauf. Man musste erst mal ein bisschen versiegelt werden, ja. Und das ist noch länger her. Aber bevor die... ja, und dann wurden ja auch Bäume gepflanzt, ja. Das eine Bild zeigt ja nun, wie die Bäume in Mitleid... es ist ja groß im Jahr. #01:17:31-3#
Astrid Kirchhof: Das ist aber nach dem Mauerfall passiert? #01:17:33-2#
Regina Baumann: Nein! Es ist auch schon vor dem Mauerfall passiert. #01:17:36-0#
Astrid Kirchhof: Dass das aufgeforstet wurde? #01:17:37-6#
Regina Baumann: Ja, ja. Das... die... der Bergbau war zu Ende, so um die 60er Jahre [1960er] ging das los. Dass man schon... du hast ja schon kaum noch Halden gesehen. Die eine Halde, die hinter, hinter, in der Neustadt war, wo ihr da gerodelt seid ja, das wurde dann schon, also nachdem die Wismut zu Ende war, so wurde dann schon vor, vor Neunzehnhundert... in den 60er [1960er] Jahren fing das an. Da aufzuforsten
Rommy Baumann-Sevim: Da war noch...
Regina Baumann: Auch diese...
Astrid Kirchhof: Ja
Regina Baumann: ...die Altstadt, ne. Wo die Häuser standen, da wurden dann ja Bäume gepflanzt. Die sind ja jetzt wirklich riesengroß. #01:18:12-4#
Astrid Kirchhof: Und da waren auch schon Lupinen, sagen Sie? #01:18:14-4#
Rommy Baumann-Sevim: Lupinen wuchsen da. Ich wusste nicht, ob die angepflanzt sind oder nicht. Und wir haben gestern so ein ganz altes Foto angeguckt, das war so 64 [1964], da sind die verschneit, die Halden. Und ich habe mich gar nicht mehr dran erinnert, dass es da so einen, so eine Einkerbung gab. Und dann sagte mein Vater, ja! Bei der Halde in der Neustadt hat man ja sogar so eine kleine Sprungschanze...
Regina Baumann: (Lacht) Ja!
Rommy Baumann-Sevim: ...gebaut. #01:18:36-0#
Regina Baumann: Die wurde als... die ist aber jetzt auch weg, ja. Ist alles weg da. #01:18:41-9#
Astrid Kirchhof: Und... diese, also dass, dass der, der, dass solche quasi durch den... was man rausgeholt hat aus dem Berg, dass sich das hochgetürmt hat, das gab es aber noch zu Ihrer Zeit? Das war alles dann? #01:18:57-5#
Rommy Baumann-Sevim: Nicht alles. Also, wenn man die alten Fotos anguckt, da waren ja Halden. Richtige Kegelhalden. #01:19:05-2#
Astrid Kirchhof: Ja. #01:19:06-0#
Rommy Baumann-Sevim: Schon in Bereichen, wo keine mehr da waren, als ich in Johanngeorgenstadt war. Aber diese Halde in der Neustadt, das war jetzt nicht so, sondern das war schon so abgeflacht. Es gab eben diese Hochebene
Regina Baumann: Die war schon Abbau (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: Aber die war halt noch da. Aber die hatte, ich hatte das ja gar nicht ohne Halde jemals gesehen. Und ich fand die eher interessant. Also ich habe die jetzt nicht als so schlimm wahrgenommen. #01:19:32-6#
Regina Baumann: Es war eine der letzten dieser... so, wo da der Bergbau zu Ende war. Da hat man die Halden dann relativ schnell weggenommen. Auch diese, diese Türme, diese Fördertürme wurden abgebaut, ne. Das, das wurde dann eingeebnet. Da wurde dann ja auch, die eine Halde, die, die stammt von der, dem jetzigen Markt. Also... wo der jetzt ist, wo das Kaufhaus stand. Richtung Neustadt raus. Da war auf der rechten Seite, waren Mengehalden. Auf der linken Seite steht noch ein uralter kleiner Pulverturm. Der steht auch heute noch. Und da war ein Förderturm, da waren Halden. Das hat man alles relativ schnell eingeebnet und dann hat man da auch in dieser Ecke Häuser gebaut. Da wurde so, so ein bisschen... nun ja, so eine mittlere Mittelstadt noch mal gesetzt, ne. Da ist dann... und da ging's jetzt... dieser, da gab's ja eine neue Straße, Dimitroff-Straße. Ging runter zum Tal Richtung Bahnhof. Da waren, das wurde da alles wirklich sehr schnell eingeebnet und... Erde und dann Häuser gebaut auch noch mal, hm (bejahend). #01:20:39-7#
Astrid Kirchhof: Meinen Sie, dass die Regierung wusste, dass man das anders sanieren eigentlich müsste, oder hat es...? Also, als das einfach nur einzuebnen, meine ich. Oder hat da wahrscheinlich das Wissen darum gefehlt, wie würden Sie das einschätzen? #01:20:54-7#
Regina Baumann: Also ich vermute, dass die Regierung das... die Wismut war ja eine eigenständige Aktiengesellschaft. Oder, oder damals hieß das ja noch anders. Dass die die verpflichtet haben dazu. Dass sie das zu machen haben. Ich glaube schon, dass das da ein bisschen Druck von der Regierung oder vom, vielleicht auch bloß vom, vom Bezirksrat oder so. Oder sie haben die Wismuter... die haben das selbst, also... als, ja, Verantwortungsgefühl, dass sie das machen müssen. Also das weiß ich jetzt so nicht. Müsste man da jetzt bei der Wismut nachforschen, ja, ob die da Auflagen bekommen haben. Oder ob sie es von sich aus gemacht haben. #01:21:34-7#
Astrid Kirchhof: Aber es ist nicht fachgerecht saniert worden? Oder... #01:21:39-6#
Regina Baumann: Ob das fachgerecht...? #01:21:40-5#
Astrid Kirchhof: Dass es, soll es eingeebnet worden, haben Sie gesagt. Aber dass man, was weiß ich, dass es eben nicht mehr so strahlt oder so? #01:21:47-9#
Regina Baumann: Ja. Ob das... das Erzgebirge strahlt immer. Die Welt strahlt, ja. #01:21:54-0#
Astrid Kirchhof: (Lacht) Okay. #01:21:56-3#
Regina Baumann: Aber in bestimmten Gebieten mehr oder weniger. Das, das, das ist... in der Erde sind nun mal Erze und die strahlen und so. Es ist so. Eine gewisse Portion Strahlen soll man ja auch haben, ja (lacht). Sonst strahlen wir auch nicht mehr (lacht). #01:22:10-5#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #01:22:12-0#
Regina Baumann: Ja, natürlich, ich meine, es... die wurden eingeebnet. Sicher gab's da noch Strahlenobjekte. Es war bestimmt nicht, nicht sauber. Ich meine, die haben da ja dann auch so einen Abraum genommen und haben damit die Straßenunterfütterung gemacht. Hat man auch... hat man allerdings in Schweden auch gemacht. Da ist es auch passiert. Also... und dann hat man eben Muttererde drauf gemacht. Und dann kam irgendeiner auf die Idee, Lupinen zu pflanzen. Man... das ist aber auch schon uralt. Man, man... wenn man einen Acker erneuern will, macht man Lupinen drauf, ne. #01:22:41-4#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #01:22:42-0#
Regina Baumann: Und die Lupinen, über die Jahre, die, die sollen das nun abdecken (hustet). Ob die nun jetzt noch dahin gehen und mit dem Geigerzähler nachgucken, das weiß ich nicht. Vielleicht, es gibt ja immer solche, solche Gruppen. Es wird schon sicher noch irgendwo strahlen. Aber es gibt ja so eine gewisse normale Erdstrahlung, ne. #01:23:04-2#
Astrid Kirchhof: Wie stehen Sie...? #01:23:05-2#
Regina Baumann: Ja, wie das eben so ist in Johanngeorgenstadt. Ich meine, sie haben... sie haben Leute, die sterben mit 40. Ja. Die im Bergbau, das war eine andere Sache. Aber wie, wie gerade meine Oma. Sie wurde 82 und musste ihre Kinder, die sind mit 40 und 50 gestorben, ja. Es... man weiß es eben nicht, man... Ich hatte mal einen Arbeitskollegen, der hat immer gesagt, weißt du, wenn deine Tüte voll ist, dann musst du sterben. Und manchmal wird die Tüte nicht voll. Dann hast du eben noch ein paar Jahre. Und...
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Regina Baumann: ...irgendwie ist es... ist es alles schon ein bisschen komisch. Meine Mutter ist mit 92 gestorben. Aber nicht an... die ist an Demenz verstorben, ja. Ich meine, die hatte nie, nie eine Krebserkrankung. Man weiß es nicht. Ich meine, ich habe zwei Schulfreundinnen, ich selber auch war betroffen, wir hatten Krebs. Weiß man, ob es vom Bergbau kommt? Weiß man nicht, ne. #01:23:57-5#
Astrid Kirchhof: Es sind ja jetzt Milliarden schon in die Sanierung reingeflossen seit 89 [1989]. Finden beiden, finden Sie das richtig... #01:24:05-3#
Regina Baumann: Ja, finde ich... #01:24:05-7#
Astrid Kirchhof: ... oder gut? #01:24:06-1#
Regina Baumann: Ich finde schon, dass sie das, dass sie diese Halden da nicht haben stehen lassen und dann... und dass sie das ge... wieder eingeebnet haben und ja, eine normale Landschaft wieder da gemacht haben. Das finde ich schon... /Astrid Kirchhof schon
Regina Baumann: ...richtig, also das war schon, schon, schon erforderlich, schon bald, ne. Ja. #01:24:24-3#
Astrid Kirchhof: Würden Sie das auch so sehen, Frau Baumann? #01:24:27-6#
Rommy Baumann-Sevim: Ja. Klar. Also das ist ja bekannt, dass der Abraum vom Bergbau oft auch für andere Bauten benutzt wird. Ein bisschen was liegt ja auch beim Überseehafen Rostock (lacht)
Regina Baumann: (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: ...und so weiter. Das ist aber auch tatsächlich an den... es ist auch in Australien gewesen. Und diese Grundstrahlung. Also Radon gibt's immer mal, überall. Und deshalb... Parterrewohnungen sind oft viel mehr betroffen. Also muss man ja auch regelmäßig (lacht) lüften. Und das liegt halt auch an der Beschaffenheit der Erde. Und die Probleme... Länder, wo Uran abgebaut wird, haben oft ähnliche Probleme. Australien, weiß ich nicht, Südafrika, Schweden und so. Und natürlich ist es wichtig, hinterher... erst mal ist es besser, wenn das Uran sowieso drin bleibt. Weil Atomenergie ist auch keine Alternative. Angeblich ist es ja preisgünstiger. Aber man bedenkt die Vor- und die Nachfolgekosten nicht. Und was diese Technologie auch an Gefahren birgt... ich halte es nicht für eine Alternative. Auch wenn der CO2-Ausstoß erst mal...
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Rommy Baumann-Sevim: ...geringer ist, ne. Und... natürlich, auch beim Steinkohlebergbau, bei jedem Bergbau sollte man versuchen, diese Schäden, diese Narben, die da entstehen in der Landschaft, doch so zu gestalten, dass das... ja. Und die Milliarden, die da jetzt reinfließen... ja, toll, dass wir das Geld einigermaßen haben, um das machen zu können. #01:26:08-0#
Astrid Kirchhof: Okay. Ich hätte gerne noch mal, ich habe Sie beide so verstanden, dass Sie etwas politischer waren als jetzt Sie und Ihr Mann. Ist das, habe ich das...? #01:26:18-3#
Regina Baumann: Ja. Das stimmt. Also wir sind, waren wirklich beide nicht engagiert gewesen. Wir waren auch keine Gegner. Wir sind auch... also jetzt nicht... der Staat, das war gut. Wie gesagt, wir waren in der Gewerkschaft. Wir hatten beide gute Arbeitsstellen... #01:26:34-2#
Rommy Baumann-Sevim: Ihr wart total kritisch! Wir haben immer Westfernsehen angeguckt und 76 [1976] habt ihr dafür gesorgt, dass ich mir das Biermann-Konzert angucke. #01:26:43-0#
Regina Baumann: Ja, nein... natürlich. Aber wir waren, wir waren nicht... wir waren keine Feinde des Sozialismus, sagen wir mal so. Wir sind halt in diesem Sozialismus hineingewachsen. Und natürlich waren wir... gab's auch kritische Sachen und in... Überlegungen... #01:26:56-1#
Rommy Baumann-Sevim: Ich war auch keine Feindin des Sozialismus...
Regina Baumann: Ja
Rommy Baumann-Sevim: Wir waren nur gegen dieses, gegen diese Machthaber
Regina Baumann: Ja
Rommy Baumann-Sevim: Und wenn Papa irgendwelche Theaterstücke mit vorbereitet hat, oder seine Kollegen Theaterstücke vorbereitet haben, und dann wurden die verboten, das habt ihr schon unmöglich gefunden? #01:27:12-5#
Regina Baumann: Ja, es gab dann eben schon, ich meine, es ist auch... arbeitsmäßig... aber politisch so wie meine Tochter engagiert, waren wir nicht. #01:27:20-0#
Rommy Baumann-Sevim: Sie sind nicht auf die Straße, aber sie waren kritisch (lacht) #01:27:23-6#
Regina Baumann: hm (bejahend). Ja, wir haben natürlich auch, als das dann losging und dann dieser 4. November [4.11.1989], dieser berühmte 4. November war... ja, natürlich wurde auch darüber diskutiert. Und erzählt auch. Bei uns in der Bauakademie, na klar, unter den Kollegen. Aber... ja. Sind eben nicht... also nicht aktiv gewesen. #01:27:42-9#
Astrid Kirchhof: Und waren Sie in der SED? #01:27:46-4#
Regina Baumann: Nee. Wir waren alle nicht. Mein Mann nicht und... wir waren überhaupt nicht. War nur, wie gesagt, in der Gewerkschaft (lacht). #01:27:52-3#
Astrid Kirchhof: Und hatten Sie davon Nachteile? #01:27:55-9#
Regina Baumann: Nein. Ich hatte, ich wurde in meinen Arbeitsstellen nie gezwungen, da irgendwo Parteimitglied zu werden. Und mein Mann, ja. Einmal, als er noch in Brandenburg arbeitete. Aber dann ging er ja nach Berlin. Erst ans Maxim-Gorki-Theater und dann in der Staatsoper, wurde er nie gedrängt. #01:28:15-5#
Astrid Kirchhof: Was hat Ihr Mann gemacht? #01:28:17-0#
Regina Baumann: Mein Mann hat, der ist von Beruf ist, ist er Maler. Also Dekorationsmaler. Und dann hat er studiert für Innenarchitektur und angewandte Malerei. Auch Raumgestaltung. Und dann hat er gearbeitet als... in Brandenburg. Ja, und hat Gaststätten und, und große Objekte farbgestalterisch ausgefüllt. Und dann am Maxim-Gorki-Theater war er Theatermaler. Und an der Staatsoper war er dann Produktionsentwickler. Der hat die Sachen, die sich der hat... der Bühnenbildner hat einfallen lassen, musste er umsetzen. Damit die ein Modell bauen. Und dann umsetzen für die Werkstätten, dass das... gerecht, also maßstabsgerecht gebaut wird. Das hat er 25 Jahre, ja, bis zum Rentenalter, gemacht. #01:29:11-1#
Astrid Kirchhof: Was würden Sie sagen, wie kam es dann, dass Sie aktiv geworden sind? #01:29:17-1#
Rommy Baumann-Sevim: Durch einen, durch die Korbmacherei in Prenzlauer Berg. Und, ja, aber nee, ich war ja schon vorher... Na, wir haben immer Westfernsehen geguckt. Mama,...
Regina Baumann: Ja
Rommy Baumann-Sevim: ... das musst du schon mal, also weißt du...
Regina Baumann: (Lacht)
Astrid Kirchhof: (Lacht)
Rommy Baumann-Sevim: ... Für mich...
Regina Baumann: Na, das ist ja eine...
Rommy Baumann-Sevim: ...war die DDR eine gespaltene Gesellschaft
Regina Baumann: Ja, wie gesagt (unv.) andere Zeit aufgewachsen
Rommy Baumann-Sevim: ...war, war... #01:29:37-7#
Regina Baumann: Also das ist, ist schon, schon ein Generationsproblem, finde ich, ja. Sie ist ja ganz... wenn sie wäre in Johanngeorgenstadt, wenn wir da geblieben wären, da wär das ein ganz ruhiges artiges Kind gewesen. Ja, und nun ist sie ja nach Berlin gekommen, ja. Sie ist in ganz anderen Sachen konfrontiert worden, ne. Sie wurde, an ihr wurden ja... und dann Westfernsehen. In Johanngeorgenstadt konnte man ja kein Westfernsehen gucken. Ich... und dann die ganze Schule, die ganze Umwelt
Regina Baumann: Man ist ja in, in so einer Großstadt, in so einer (lacht)... ist doch vollkommen anders, als wenn sie wäre jetzt bei ihrer Oma und Opa in Johanngeorgenstadt groß geworden. So. #01:30:18-0#
Rommy Baumann-Sevim: Das weiß man doch nicht
Regina Baumann: Wir wären da geblieben. #01:30:19-2#
Regina Baumann: Wäre das... die, der, der ganze Lebensverlauf, ja, von uns allen, wäre ganz anders geworden. Ja. Ist klar, und dann... ja, nun war (unv.) engagiert. Und wenn man dann einmal reingerochen hat und einmal engagiert ist und dann... ja. Dann hat sich das eben so entwickelt. #01:30:37-5#
Rommy Baumann-Sevim: Und es gab auch in der Schule so ganz konkrete Probleme. Es ist doch idiotisch, wenn man keine Jeans anziehen kann. Ich meine,...
Regina Baumann: Ja
Rommy Baumann-Sevim: ...was soll das denn? (lacht) #01:30:45-3#
Regina Baumann: Es gab eben so großartige Kleinigkeiten...
Regina Baumann: ...in der DDR, die sie eben, wo du sagst warum? Warum musst du das? Quatsch. #01:30:52-7#
Rommy Baumann-Sevim: Und dann, ja dann war ich ja, ich war ja sogar politisch aktiv in der Schule. Ich war Agitatorin. Also es gab in jeder Schulklasse den Gruppenrat, ja. Da gab's die Vorsitzende und da gab's so andere Sachen. Und die Agitatorin hatte in der Schule, das fing in der sechsten Klasse an, da war ich zwölf Jahre. Hatte die einmal in der Woche für eine halbe Stunde was zu halten, was so Politikinformation war. Wir reden jetzt mal über die interessanten Sachen, die in dieser Woche passiert ist. Und schon damals habe ich nämlich nicht nur die Zeitung gelesen, Berliner Zeitung. Es stand ja in allen Zeitungen das gleiche. Berliner war ein bisschen gemäßigter. Sondern auch die Weltbühne. In der Weltbühne waren da immer auch manchmal so ein bisschen so kritischere Seiten,...
Regina Baumann: Einmal die Woche
Rommy Baumann-Sevim: ...ja. Und dann war das Konzert von Biermann. Und da habe ich doch tatsächlich, da war ich, das war 76 [1976], ich war 16. Da war ich immer noch Agitatorin. Da habe ich dann gesagt, also ich (lacht) finde, wir sollten uns jetzt, das wird wiederholt, guckt euch das mal an (lacht) auf dem dritten Programm. Das habe ich 76 [1976] in der Arnold-Zweig-Oberschule gesagt (lacht), ja. Da war immer eine Klassenlehrerin dabei. Die war frisch von der Schule aus Dresden. Die hat glaube ich nur gezittert, aber es ist nie was passiert. Ich glaube, es gab ein Gespräch mit dem Direktor. Aber ihr wurdet sogar in Ruhe gelassen. Oder habt ihr davon gehört, dass ich... /Regina Baumann Nee, wir hatten da wohl nichts...
Rommy Baumann-Sevim: ...meiner Schulklasse empfohlen habe,...
Regina Baumann: Wir wurden erst, Manfred wurde erst konfrontiert, als du von der Stasi verhaftet wurdest (lacht) Und das war zwei Jahre später. Ich habe eine Freundin,...
Regina Baumann: (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: ...meine Freundin, ist ja auf die EOS. Die Carl-von-Ossietzky EOS. Und die bekam ein unmögliches Aufsatzthema. Glauben Sie, dass DDR-Bürger ihre Heimat genauso lieben, wie Sowjetbürger? Und da haben wir einen Gegenartikel geschrieben. Weil... idiotisch. Also da muss ich doch... einen... Tja. Und da haben wir geschrieben, so. Man muss zur Armee gehen, wenn man was Gutes studieren will. Warum sollen denn DDR-Bürger ihre Heimat weniger lieben? Was ist denn Heimat eigentlich? Ist das das politische System? War ein guter Text, ja. Haben wir geschrieben. Hing ein paar Stunden, ein paar Minuten an der Wandzeitung. Dann wurde es abgehängt. Zwei Jahre kam niemand drauf, wer das gewesen sein könnte (lacht). Die haben tatsächlich alle Schriften... alle... ja. Sie haben alle möglichen Schriften von allen Schülern da kontrolliert. Und es waren ja zwei Schulen. Es war die Arnold-Zweig und die Carl-von-Ossietzky in einem Gebäude. Also die haben da irgendwie 400 Schriftgutachten machen müssen. Dann zwei Jahre später versuchte der, ein Beteiligter, die DDR zu verlassen. Wurde gefasst. Und der hatte eine Seite korrigiert, die wir dann überklebt haben. #01:33:18-6#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #01:33:19-3#
Rommy Baumann-Sevim: Hing sie da so. Hat der gesagt, ja. Und dann, ja. Und meine Freundin hatte genau an dem Tag, als wir verhaftet wurden, den Antrag gestellt auf Mitgliedschaft in der SED. Die saß aber im Zimmer nebenan. Das war in der Keibelstraße. Da gab's noch einen Paternoster, ne, ganz auf. Und ich habe die immer lachen hören. Da habe ich gedacht, a-ha. Jetzt sagen wir alle, wir waren betrunken, wir haben Wermut getrunken, wir haben das Ding einfach so gemacht. Und ich glaube, wir versuchen es mal auf die Art und Weise. Jedenfalls gab es nur ein Ermittlungsverfahren. Damals waren die Gesetze... 76 [1976]. Die hatten uns, als sie uns verhaftet haben, gab es schon einen stärkeren... ein schlimmeres Gesetz. Irgendwie stand da mehr drauf. Aber sie mussten, wir hatten es ja 76 [1976] gemacht, ich hatte zwei Jahre Korbmacherei. Hatte mich überhaupt nicht politisch betätigt, weil ich immer nur versucht habe, die Körbe gerade hinzukriegen. #01:34:07-8#
Regina Baumann: (lacht) #01:34:08-1#
Rommy Baumann-Sevim: Und es ist uns nichts weiter passiert, außer ein ewig langes Ermittlungsverfahren. Und dass sie mich werben wollten. Die wollten mich als IM. Und da konnte ich mich nur dagegen wehren, also wir haben ja immer unterschrieben, wir halten die Klappe. Und dann dachte ich so, wenn du jetzt das allen erzählst, dann wissen die, du kannst die Klappe nicht halten. Und dann bist du als IM draußen. Weil man... ich meine, es gab ja so verschiedene Sachen, einen auch zu erpressen, IM zu werden, also Informant der Stasi, ne. Und ja, natürlich (lacht) sind die nie wieder auf mich zugekommen, dass ich IM werden soll (lacht). Aber das war, das war schon... dieses... einfach diese andere Wirklichkeit im Westfernsehen. Schon auch Diskussionen zu Hause.
Regina Baumann: Ja, an sich (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: 73 [1973] hat Papa mich mitgenommen nach Prag. Du warst krank, du konntest, nee, du durftest nicht
Regina Baumann: Nein, ich durfte nicht
Rommy Baumann-Sevim: Die sind zur Bühnenbildausstellung
Regina Baumann: Mein, mein, mein Chef, Chef hat gesagt, ich brauche dich (lacht)
Rommy Baumann-Sevim: Und da hat mir sein Kollege Heinz Wenzel erklärt, was das mit dem Prager Frühling war. Da war ich 13.
Regina Baumann: Ja (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: Da haben die mir die Sachen erzählt, die so 68 [1968] in Prag passiert sind. Ja. Ihr wart unpolitisch, ja. Ihr seid einfach nicht radikal gewesen (lacht). #01:35:19-2#
Regina Baumann: Ja (unv.) Als der Prager Frühling war, da mussten wir, da hatte irgendjemand in der Verwandtschaft, hatte da den Schulanfang. Und wir mussten nach Johanngeorgenstadt. Und in Zwickau wurden wir kontrolliert. Aber bei uns stand ja beides. Weil mein Mann in Johanngeorgenstadt geboren, ja. Da durften wir durch. Und ja, haben wir dann mitgekriegt. Im Wald lag die Armee. Ja. Da... waren die Russen, ja. Und da hatten wir (lacht) was macht ihr denn hier? Hatte mal irgendjemand, irgendjemand hat das dann erzählt. Ach so, der Feind ist nicht artig! (Lacht) Ja. Das war... #01:35:53-9#
Rommy Baumann-Sevim: Und Oma hat Zucker gekauft. Also... #01:35:56-5#
Regina Baumann: Ja, die haben dann natürlich dann... #01:35:58-3#
Rommy Baumann-Sevim: Vor, vor dem Einmarsch der, der Russen in Prag...
Regina Baumann: ...angefangen zu kaufen. Die haben ja schon mal einen Krieg erlebt. Aber das hab ich... #01:36:03-8#
Regina Baumann: Flugzeug geflogen ununterbrochen
Regina Baumann: Ja, ja
Rommy Baumann-Sevim: Ich war ja da irgendwie. Ich war da.
Regina Baumann: Du warst da.
Rommy Baumann-Sevim: Und die Flugzeuge flogen und flogen und Oma hat Zucker gekauft und hat gesagt, Zucker, Zucker wird zuerst alle. #01:36:13-1#
Regina Baumann: Also diese Hamstergeschichte habe ich schon mal erlebt. Weil da war ich, war vielleicht so Anfang 20. Als die Kubakrise war. #01:36:19-7#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #01:36:20-3#
Regina Baumann: Da war, da hatte ich ja als Verkäuferin gearbeitet. Da fing das auch schon an. Da haben sie auch schon mal gehamstert, ja. Also wie jetzt mit dem Klopapier (lacht) #01:36:27-7#
Rommy Baumann-Sevim: Damals war es Zucker (lacht)
Regina Baumann: (lacht) #01:36:30-2#
Astrid Kirchhof: Und warum jetzt Zucker? Weil der immer, weil man den immer braucht? #01:36:33-6#
Regina Baumann: Ja. Zucker und Mehl. Man, man muss im Haushalt Zucker und Mehl, muss man wenigstens zu Hause haben
Rommy Baumann-Sevim: Das weiß ich noch. Hat, hat Ilse... #01:36:38-6#
Rommy Baumann-Sevim: Ilse-Oma, Ilse-Oma hat gesagt, ich kaufe jetzt Zucker. Denn Zucker war im Krieg zuerst alle. #01:36:44-4#
Regina Baumann: Ja wahrscheinlich, hm (bejahend) #01:36:45-8#
Rommy Baumann-Sevim: Und das war ja, das war ja schon beeindruckend. Ich war acht Jahre alt so in der Art
Regina Baumann: Ja (unv.), 21, die haben ja den Krieg erlebt
Rommy Baumann-Sevim: Die Flugzeuge flogen ununterbrochen über unseren Kopf. Weiß ich ja nicht, was da los ist. #01:36:57-1#
Regina Baumann: Naja, das ist ja, das ist ja... Johanngeorgenstadt liegt ja an der tschechischen Grenze, ja. Das ist ja eine Grenzstadt, dass da... Ja, da haben wir das mitgekriegt. Ach ja. Und dann durften auch die Leute, die... durften nicht, sind die Leute zu dem Schulanfang nach Johanngeorgenstadt wollten, die waren die Verwandten in Breitenbrunn. Die sind dann nicht über die... Bahn, die normale Strecke. Die war gesperrt. Sind sie über den Wald. Sind die dann heimlich gekommen (lacht). So, dass wir dann doch noch feiern konnten, ja (lacht) #01:37:24-7#
Astrid Kirchhof: Sagen Sie noch mal, welches Jahr ist das jetzt? #01:37:26-9#
Rommy Baumann-Sevim: 68 [1968]. Prag. #01:37:28-7#
Regina Baumann: Das war 68 [1968] #01:37:29-4#
Astrid Kirchhof: Ach so, wegen dem Prager Frühling, deswegen (unv.), okay. #01:37:30-8#
Regina Baumann: hm (bejahend) Prager Frühling, hm (bejahend)
Rommy Baumann-Sevim: Prager Frühling, hm (bejahend) #01:37:32-5#
Regina Baumann: Da war dann (unv.), ja, das war zur Wismut-Zeit, da kamen sie ja auch nicht da hoch. Nur weil sie da geboren war. Oder sie hatten... einen Ausweis, ne. War ja gesperrt da oben das Gebiet. Deshalb hat man ja auch 57 [1957, 1953] nichts mitgekriegt, ne. #01:37:51-0#
Astrid Kirchhof: Okay. Ein... ja? #01:37:53-5#
Rommy Baumann-Sevim: 76 [1976] mit der Biermann-Ausbürgerung, da war auch in der Schule was los. Also erstens, gut, ich hatte gesagt, guckt euch das Biermann-Konzert an. Wir sollten uns ja alle gegen Biermann aussprechen
Regina Baumann: Ja, ja
Rommy Baumann-Sevim: Das war ja die offizielle... aber wir hatten ja Sport beim Schwiegersohn von Stephan Hermlin. Und Geschichte bei seiner Tochter. Und ich weiß noch, dass der gesagt hat im Sportunterricht, ich stehe auf der Seite meines Schwiegervaters. Und Stephan Hermlin hatte sich ja gegen die Ausbürgerung ausgesprochen. Also wir waren 16. Wir waren 15 oder 16. Und das zog sich schon, also... Mama, du konntest in Berlin-Pankow eigentlich nicht unpolitisch in der Schule sein. Das ging eigentlich nicht. #01:38:39-5#
Regina Baumann: Nee. #01:38:39-8#
Rommy Baumann-Sevim: Also du musstest schon... /Regina Baumann Du hast ja auch schon in Johanngeorgenstadt (unv.) Stefan Heym (unv.) Alexander
Rommy Baumann-Sevim: ...irgendwie... #01:38:45-3#
Regina Baumann: Natürlich waren wir (unv.) #01:38:46-1#
Rommy Baumann-Sevim: Also das... #01:38:49-4#
Astrid Kirchhof: Eine Frage habe ich noch in, zur Opposition. Und zwar, Sie sagten, Sie waren bei den Frauen für den Frieden. Wenn Sie 85 [1985] ausgereist sind, wie geht das? #01:38:59-9#
Rommy Baumann-Sevim: Na, 83 [1983] hatten die sich gegründet. Und... #01:39:03-1#
Astrid Kirchhof: Dann waren Sie zwei Jahre dabei? #01:39:04-8#
Rommy Baumann-Sevim: hm (bejahend) #01:39:06-7#
Astrid Kirchhof: Ich habe jetzt mal von der Opposition weg noch mal eine Frage Richtung Gefühle. Sagen Sie mir doch noch mal, wie würden Sie die Atmosphäre beschreiben, als plötzlich die Bergarbeiter kamen, ganz am Anfang? Also so, wie Sie es vielleicht als Kind miterlebt haben. Wie war das, atmosphärisch, gefühlsmäßig? #01:39:28-0#
Regina Baumann: Ich war zu jung. Das kann ich nicht sagen. Also... natürlich war das schon ein bisschen komisch. Ja. Die eigentlich, der eigentliche Einschnitt war so ein bisschen, wir hatten, wir sind so oft umgezogen. Also, also der erste Einschnitt kam eigentlich, als die Russen kamen. Und weil wir, da hatten wir in so einer kleinen Villa gewohnt. Schöne kleine Wohnung. Und ich hatte auch ein kleines Zimmer für mich. Und da mussten wir da plötzlich raus. Und von da an ging's, erst bei der Oma gewohnt. Und dann hatten wir eine Wohnung nach der anderen. Weil, jedes Mal, wenn die Wohnung kam, da wurde dann wieder besetzt. Dann mussten wir raus. Und dann, und dann wohnten wir in der letzten Wohnung, bevor wir in die Neustadt sind. Und dann hatte ich dann auch mal so ganz kurz ein kleines Zimmer, wo ich dann immer dann sein konnte. Und dann, mein Bruder wohnte noch mit, durfte mal mit im Schlafzimmer meiner Eltern. Ja, das war ganz kurz und... wir haben dann, musste ich da wieder. Und dann hat mein Vater, hat das Dach ausgebaut. Also da mit Platten und alles. Und dann sagt er, kannst du da oben schlafen unterm Dach. War bestimmt nicht schön, war kalt, aber es war endlich ein eigenes. Ich hatte mir das auch schon wieder eingerichtet. Ja. Ich glaube vier oder sechs Wochen, bis (unv.). Kam ein Bergmann. Musste wieder ein Bergmann rein. Und das waren vielleicht diese Einschnitte. Aber ich meine, ob man die jetzt so richtig mit der Wismut, so, ja. Die müssen arbeiten hier und die müssen eben da wohnen, ne. Und da musst du eben raus. Und da musst du eben alles auf engstem Platz. Und dann ist... dieser Einschnitt, als dann später dieser, wo ich schon, schon mal den angebracht habe, mit diesem Abeck heißt der, kleinen Häusern. In denen... dass eben viele traurig waren. Aber wir kriegten auf einmal dann eine Wohnung. Ja. Jeder hatte ein Zimmer. Es waren Dreizimmerwohnungen und zweieinhalb Zimmer. Und, und dann war ein Badezimmer. Es war, es war nicht mehr die Toilette auf dem Flur, ne. Das war dann, das war dann schon, schon eine Errungenschaft. Das war dann schon mal was Schönes. Ja. Und dann kam dann ja auch die Ruhe. Dann war ja der Bergmann zurück, Bergbau auch zurück, die Bergleute weg. Und wurde, hatten auch eigene Wohnungen, ne. Dann, dann war das Leben auf einmal normal. Aber ich meine, ich habe ja die Normalität vorher nicht erlebt. Da war ich ja noch zu Kind, zu klein. #01:41:54-1#
Astrid Kirchhof: Ja. #01:41:54-6#
Regina Baumann: Ne, also das war... #01:41:55-0#
Astrid Kirchhof: Und als Sie in diese Neustadtwohnung gezogen sind, da war dann kein Bergmann mehr in der Wohnung? #01:41:59-7#
Regina Baumann: Da war kein Bergmann. Da, da, da war ja, da hatten wir dann unsere Wohnung. Und dann, der Bergmann, der dann, der eine, der war dann endlich hat er seine Familie. Der ist nach Chemnitz zurück, nach Karl-Marx-Stadt zurückgezogen. Und der andere hatte seine Familie gefunden in Piesteritz. Hat dann in Piesteritz in, in, der war ja Ingenieur. Hat da weitergearbeitet. Ja, das ist... teilte sich dann auf. In der ersten Zeit in der Neustadt hatten wir da den einen Bergmann. Der hatte aber dann auch ein Zimmer für sich, ne. Das war dann, der, der hat uns nicht beengt. Wir hatten dann... eine Zweiraumwohnung. Und dann oben im Dachgeschoss, da wurden die Wohnungen auch noch aufgeteilt. Da war dann auch noch mal jedes Mal für die Kinder ein Zimmer. Und dann für den Bergmann. #01:42:44-2#
Astrid Kirchhof: War das da in der kleinen Villa? #01:42:45-8#
Regina Baumann: Nee, die kleine Villa, da war ich sechs, fünf Jahre. #01:42:48-8#
Astrid Kirchhof: Ach so, das war dann in der Neustadt? #01:42:49-8#
Regina Baumann: Fünf, sechs Jahre. Das war in der Neustadt dann, hm (bejahend). #01:42:52-3#
Rommy Baumann-Sevim: Die kleine Villa war auf dem Marktplatz, die ist dann mit abgerissen... #01:42:54-4#
Regina Baumann: Nee. Die kleine Villa war hinten in Lehmergrund. #01:42:56-9#
Rommy Baumann-Sevim: Und die? #01:42:57-6#
Regina Baumann: Und ja, da waren wir so... die gehörte zu dieser großen Fabrik, wo sie haben... ich weiß jetzt nicht. Die hatte auch einen Namen. Die haben für die, für, für die Flugzeuge, haben für die Seitenruder, hatten die so Zuarbeit gemacht. Das war da so eine... das war unten diese Fabrik. So eine große Fabrik. Und da, der Eigentümer der Fabrik hatte da eine kleine Villa. Und da waren zwei Wohnungen. Und da hatten wir eine und unten wohnte auch noch wer. Und das... muss, hat er da, als die Russen kamen, haben die das alles da beschlagnahmt. Die haben auch das große Werk beschlagnahmt. Da haben wir dann erst mal da... ja. Die mussten ja auch untergebracht werden. Die Russen mussten ja auch irgendwo schlafen, ne. #01:43:37-0#
Rommy Baumann-Sevim: Du, ich habe jetzt noch zwei Fragen. Einmal hast du gesagt, in der Schule waren dann auf einmal mehr Kinder. Weil die Bergleute haben es ja geschafft teilweise, ihre Familien zu holen... #01:43:45-7#
Regina Baumann: Ja, zum Teil. Die, sie... wurden ja auch welche umgesiedelt. #01:43:49-2#
Rommy Baumann-Sevim: Und wie war das mit diesen anderen Kindern? #01:43:51-9#
Regina Baumann: Ach... kann ich... weiß ich nicht. Ja, die waren dann eben da. Hast du dann... mit... Es war auch aber so, dass, dass sie so unter sich. Die haben sich so langsam entwickelt. Da sind wir dann... aber Kinder freunden sich ja schneller an als Familien, ne. #01:44:07-5#
Rommy Baumann-Sevim: Also das war schon okay? #01:44:09-0#
Regina Baumann: Das war dann okay, ja. Waren auf einmal mehr, hm (bejahend) #01:44:12-0#
Rommy Baumann-Sevim: Und es gab ja so einen Versuch, diese Geschichte von dieser Neustadt, Johanngeorgenstadt, zu verfilmen. Dieser Film Sonnensucher. #01:44:20-8#
Regina Baumann: Nee. Das war nicht die Neustadt zu verfilmen. Das war diese, dies, dies... was du ansprichst, das war dieser Film Die Sonnensucher, ne. Das, das, der wurde ja
Rommy Baumann-Sevim: Von Konrad Wolf
Regina Baumann: Kennen Sie ja, der Konrad
Astrid Kirchhof: Ja
Regina Baumann: Wolf. Und Erwin Geschonneck haben da ja noch mitgespielt. Und, und, und mein Vater hatte auch eine kleine Statistenrolle. #01:44:38-1#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #01:44:38-6#
Regina Baumann: Ja, hat da mitgearbeitet. Ja. Und der war ja, der wurde da ja gedreht. Und da... ja. Es war schon eine Aufregung in Johanngeorgenstadt. Dass da ein Film gedreht wurde. Wurde ja nicht alles in Johanngeorgenstadt, wurde dann in irgend so einem kleinen Ort. Und der (lacht) Geschonneck und der Konrad Wolf hatten kaputte Brillen. Und die habe ich repariert. Ja, der kam dann. Da hatte ich als Augenoptiker gearbeitet,
Astrid Kirchhof: (lacht)
Regina Baumann: ja (lacht). Darauf spielst du an, ja. #01:45:02-1#
Rommy Baumann-Sevim: Nee, aber dieser... #01:45:02-9#
Regina Baumann: Aber dieser Sonnensucher-Film, der war ja, der wurde gedreht. Und Konrad Wolf war ja dann so ein politischer Mensch. Aber auch ein engagierter. Und, und der war verboten. Den haben wir ja dann erst viel, viel später gesehen. #01:45:15-0#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, aber wie war denn die Reaktion drauf? Da, da dreht so, so eine Gruppe mit Beteiligung der Bürger einen Film. Und dann gibt's diesen Film nicht. Habt ihr darüber mal gesprochen? Oder war man da in der DDR so dran gewöhnt, dass Sachen, die gemacht werden, beim Theater war
Regina Baumann: Ja, aber...
Rommy Baumann-Sevim: das ja auch Gang... Dass das einfach dann verboten wurde
Regina Baumann: Also
Rommy Baumann-Sevim: von der Partei? #01:45:34-1#
Regina Baumann: Ich kann mich nicht... vielleicht haben der Herbert, die haben ja nun mit der (unv.) mein Vater, dass die diskutiert haben. Sicher wird darüber diskutiert worden sein. Aber ich als... Rommy, als 16-Jährige, ne. Ja. Wir haben da... ich hatte zu tun. Ich musste, ich musste die Woche zwei Tage nach Karl-Marx-Stadt fahren. Zur Berufsschule (lacht). Das war immer... ich musste früh um drei aufstehen. Früh um drei fuhr der Zug nach, nach Karl-Marx-Stadt. Und dann musste ich da... es ist jetzt alles viel besser geregelt, ja. Das war immer... #01:46:04-5#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, du hattest andere, andere Sachen, aber...
Regina Baumann: Ihr hattet ja (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: ...hätte ja sein können, dass man sagt, wo ist denn der Film, den sie hier gedreht haben (lacht)? #01:46:10-4#
Regina Baumann: Ja, ja, der Film, ja, ja. Der kam nicht. Der war dann verboten. Das wurde dann, ja. Wahrscheinlich haben die schon diskutiert drüber, aber ich persönlich kann mich da nicht erinnern. Nee, es war bloß halt interessant, dass die zwei auf einmal da standen. Ach, Geschonneck, den kannte man ja. Und, und dann hatten sie... naja, das hat, haben wir denen ihre Brillen. Die sind ja beim Filmen kaputtgegangen, hm (bejahend) . #01:46:31-5#
Astrid Kirchhof: Ich habe noch eine Emotions... also Gefühlsfrage zum Jahr 1957. Als die Wismut dann eingestellt wurde. Wurde, war das Thema in Ihrer Familie, dass man erleichtert war oder traurig oder...? #01:46:46-9#
Regina Baumann: Ja, das lief ja so langsam aus. Wir hatten ja, mein Vater war ja kein Bergmann. Der war ja in dieser mechanischen Werkstatt. Die eben so Zuliefersachen gemacht haben, ja. Und das lief ja weiter. Aber er hat dann, dann aber schon gemerkt, dass, ach, das ist nicht mehr so. Und dann ist er ja in seinen alten Beruf wieder zurückgegangen. Das baute sich dann auch langsam auf. Die Wismut war zu Ende. Also bauten sich dann langsam andere Industriezweige... es wurde dann im, im, im, eine große... die Modesta aufgebaut. Das war für Kinderbekleidung, wurde gemacht. Und dann... das wurde auch immer erweitert. Erst fing das klein an. Und die Handschuhindustrie baute sich dann auch wieder auf, ne. Dann wurde ein großes Werk gebaut. Die haben Industrie... so Motorenteile gebaut. Es kamen dann schon andere Industriezweige nach Johanngeorgenstadt. Also es wurde dann schon, schon wieder was getan. Dass die Bevölkerung, Wismut weg, auch wieder arbeiten konnte, ja. Denn da entstanden in, in, unten in Jugel, unter Jugel, entstand ein großes Werk. Was heute noch, noch ein Nachfolgewerk ist. Der, der arbeitet auch für die Flugzeugindustrie. Macht und dazu hat der diesen großen Schwibbogen gesponsert hat und auch gebaut hat. Und die Handschuhindustrie ist auch noch langsam wieder... im Moment ist sie wieder ein bisschen zurückgegangen nach der Wende. Aber damals gab's die... wurde, wurden so Betriebszweige, wurden aufgebaut. Es wurde eine große Möbelfabrik, die ist auch schon ganz früher gab. Die wurde dann auch wieder aufgebaut. Die bauten die, die Gehäuse für die ersten Fernseher. Und dann Möbelstücke. Die, die Box, die Möbelindustrie. Ja, was da... das ist natürlich nach der Wende wieder zurückgebrochen, ne. Die war dann auf einmal wieder weg. #01:48:41-1#
Astrid Kirchhof: Und wie war das denn für die Bergmänner? Haben die sich aufgeregt, dass jetzt da ihre Arbeitsstandorte abgebaut wird oder haben die gewechselt, einfach
Regina Baumann: Naja /Astrid Kirchhof an einen anderen Standort? #01:48:51-1#
Regina Baumann: Es sind ja dann viele... viele erstmal wieder weggegangen. Erstmal nach diesen anderen Zweigstellen. Und dann wahrscheinlich, entweder sie waren Rentner inzwischen geworden, ne. Waren ja, mit 55 waren ja denn die Bergleute Rentner schon. Oder sie sind in dann, in diesen neu aufgebauten Industriezweigen reingekommen. Ich meine, der Krieg war zu Ende. Und dann gab's ja erst mal bloß die Wismut. Es gab ja noch erst mal gar nichts anderes. Und die mussten ja dann auch erst mal wieder aufgebaut werden. Ich meine, es wurde in Zwickau eine Automobilindustrie wieder aufgebaut. Und dann... was zwischen Leipzig und... irgend, also im Erzgebirge wurde die Textilindustrie wieder aufgebaut. Die Spinnereien und dann wurden Strümpfe hergestellt. Und, und Stoffe. Das, da hatten wir, da war ja der Sprung da. Sind dann in andere Berufe gegangen. #01:49:46-6#
Astrid Kirchhof: Also die Regierung hat das ganz gut hingekriegt? Quasi
Regina Baumann: Ich schätze, ja
Astrid Kirchhof: neue Zweige? #01:49:51-6#
Regina Baumann: Dass, dass... ich meine, es gab ja keine Arbeitslosigkeit in der DDR, ne.
Astrid Kirchhof: (lacht)
Regina Baumann: Das gab's ja nicht. Und sie... ich weiß, es gab ja auch keinen Lehrstellenmangel. Sowas gab's nicht. Sie mussten, sie durften nicht lernen unbedingt, was sie wollten, ne
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Regina Baumann: Ja. Aber sie mussten was lernen und das... #01:50:07-2#
Rommy Baumann-Sevim: Aber so richtig traurig war jetzt keiner aus der Familie? Jetzt ist die Wismut weg, jetzt weinen wir? #01:50:12-6#
Regina Baumann: Nee. Also nee. Bei uns war ja niemand groß... der Onkel Kurt, der hatte, der hatte bei der Stadtverwaltung gearbeitet. Der hatte nie in der Wismut gearbeitet. Ja, und, und (lacht) der andere Bruder von meinem Vater war auch Bauer. Und nebenbei hat er Handschuhe weitergemacht. #01:50:28-1#
Rommy Baumann-Sevim: Und der, der Günther ist nach Hoyerswerda. #01:50:31-6#
Regina Baumann: Ja! Der ist dann da, ist noch ein Cousin von mir. Der ist ja natürlich, ja, der war zehn Jahre jünger. Der hat ja die Wismut gar nicht so miterlebt. Der hat, der hat Elektriker gelernt. Und ist dann als Elektriker in der Wismut, unter Tage hat der dann. Und dann ist, war die Wismut alle. Dann war (unv.) war die Birgit ja auch noch da, medizinisch... und dann ist er nach Hoyerswerda gegangen. Und dann war ja bloß unter... er war ja nicht unter Tage. War ja so, so... #01:51:00-0#
Rommy Baumann-Sevim: Tagebau. #01:51:01-1#
Regina Baumann: Tagebau. #01:51:01-8#
Rommy Baumann-Sevim: Und hat da ein gutes Leben gehabt. #01:51:03-7#
Regina Baumann: Ja. Bergleute sind und waren angesehene Leute. Der hat ja gut gearbeitet. Die wurden ja auch gut bezahlt. Rüdersdorf, ne, Kalk... #01:51:14-2#
Astrid Kirchhof: Okay. #01:51:14-9#
Regina Baumann: Die, also dieser... es gab keine Arbeitslosen in der DDR, ne. Also sie mussten. Das gab's nicht
Rommy Baumann-Sevim: Das wird immer so
Regina Baumann: Musstest nicht unbedingt dein, deinen Berufswunsch oder deine Vorstellung, konntest du nicht immer verwirklichen. Du musstest, aber du musstest was lernen. Oder die Arbeiter mussten arbeiten. Oder wenn sie auch eine Arbeit gemacht haben, die ihnen nicht gefallen hat, aber
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Regina Baumann: die mussten, ja. #01:51:38-2#
Rommy Baumann-Sevim: Es gab ja auch kaum Hausfrauen. Und das ist aber übrigens auch ein Gefühl, was man so als Kind hatte. Als Kind hatte ich in der DDR immer ein sehr sicheres Gefühl, weil alle haben gearbeitet. #01:51:49-1#
Regina Baumann: (lacht) #01:51:49-8#
Rommy Baumann-Sevim: (lacht) Ist irgendwie ganz komisch, ja
Regina Baumann: Das...
Rommy Baumann-Sevim: Und dass, dass, also eine Mutter, die zu Hause war und sich nur um die Kinder gekümmert hat... #01:51:58-1#
Regina Baumann: Das gab's ganz wenig. Also da musstest du sehen (unv.) da sein
Rommy Baumann-Sevim: Also das war... #01:52:00-7#
Rommy Baumann-Sevim: ...das war für uns exotisch. #01:52:02-2#
Regina Baumann: Ja, das gab's... #01:52:03-4#
Rommy Baumann-Sevim: (Lacht) Also, ich habe mir schon gedacht, was stimmt denn mit der nicht? #01:52:06-3#
Regina Baumann: Also das waren, das waren nur Ausnahmen. Das waren... mein (unv.) die Mutter, da jetzt auf dem Land war, oder wo kein Kindergarten war und hatte drei Kinder, dann durfte die da vielleicht mal zu Hause bleiben, ja. Aber im Großen und Ganzen haben die Frauen... also... fast alle gearbeitet, ja. #01:52:22-2#
Astrid Kirchhof: Ich wollte jetzt mal wissen, Sie kennen doch beide den Spruch, die Wismut war ein Staat im Staat? Ist das ein Mythos oder ist das...? #01:52:31-2#
Regina Baumann: Das wird schon gewesen sein. Aber, wie gesagt, das kann ich nicht so hundertprozentig beurteilen, weil... aber ich glaube, dieser Spruch stimmt. Das war schon so. #01:52:43-1#
Rommy Baumann-Sevim: Du hast ja gesagt, man durfte ab Zwickau zu einer bestimmten Zeit...
Regina Baumann: Ja, das war...
Rommy Baumann-Sevim: ...gar nicht einfach so da ins Erzgebirge fahren. #01:52:49-0#
Regina Baumann: Das war schon abgegrenzt, dieses ganze Gebiet, ne. #01:52:52-4#
Rommy Baumann-Sevim: Ich hab's jetzt natürlich nicht mehr erlebt, klar. #01:52:55-3#
Regina Baumann: Ich meine, das hat sich dann verzogen. Es ist dann, wie gesagt, nach Gera, Ronneburg, fiel mir vorher nicht ein, die Antwort. Ronneburg, Hartenstein, Schlema. Ich meine, Schlema hatte ja auch... Schlema und, und Schneeberg, und so. Schlema hat, ist ja jetzt wieder ein, ein Bad. Radon. Wir haben auch Radon, ja. Da haben sie auch große Forschungen gemacht. Ein Arbeitskollege von mir an der Bauakademie haben das... da waren (lacht) diese Radonvorkommen genauso gefährlich wie das Uran. Und da haben sie, das war so kurios. Sagt er, sie haben ein Haus untersucht. Und dann mussten sie, dann wurden Sperrschichten eingebaut, ne. Da sagt er, da wohnte eine Frau drin ihr ganzes Leben. Und die war 93. Und der hat das Radon auch nichts getan, ne. Es... es ist wie mit der Tüte, ne. Man weiß es ja nicht. #01:53:46-0#
Astrid Kirchhof: Und Sie haben gesagt, vorher haben Sie das erwähnt, im... im Einkaufsladen gab es so eine Ecke für Wismut-Personen. Fanden Sie das ungerecht, dass die ja jetzt einkaufen gehen durften? #01:54:00-0#
Regina Baumann: Es gab, es gab richtig gehende Geschäfte für, für Wismut-Angehörige. #01:54:06-6#
Astrid Kirchhof: Da waren Sie aber nicht oder Sie sind nicht reingekommen? #01:54:08-5#
Regina Baumann: Nee. Meine Mutter hatte da in so einem Laden gearbeitet, ja. #01:54:11-0#
Astrid Kirchhof: Ach so (lacht) #01:54:11-5#
Regina Baumann: Das, das war im Haus sogar eine Zeit lang, nicht, nicht immer. Das war eben so. Aber sie hatten, es hatte ja fast jeder einen Bergmann. Ja. Und der Bergmann hat ja seine... nicht so gebraucht, ne. Also, also die Versorgung war gut. Also hungern... war alles immer reichlich da. Das ist, das war jetzt... man musste natürlich anstehen. Man kriegte Milch zugeteilt. Man kriegte Milch zugeteilt, ja. Und das war aber auch nicht wenig. Aber... man musste anstehen, weil man die Milch... die kam dann einmal am Tag kam das Milchauto. Und, naja, und dann wurde die dann verkauft, ja. Das ist nicht (lacht) so wie jetzt im Supermarkt, dass du unter zehn Sorten Milch aussuchen kannst, was du willst. Das war anders, ne. Hast du eben, bist du mit dem Krug gegangen. Hast dann deine Marken, die du hattest, hast du immer geholt, ne. #01:54:58-3#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #01:54:59-1#
Regina Baumann: Es war so. Also es war nicht so, dass man... ich meine, am Anfang war es so, du warst schon so eingeteilt. Als die ersten Lebensmittelmarken kamen, war ja... die Wismut kam, die ist ja auch erst reingewachsen. Das kam ja auch alles später. Aber ich, ich kann mich nicht... ich weiß noch, beim Fleischer, also da gab's alles. Da kriegten sie ein riesengroßes Wurstpaket, wenn sie... da haben sie die Karten... #01:55:22-3#
Astrid Kirchhof: Auch, wenn man nicht Wismut-Angehöriger war? #01:55:25-4#
Regina Baumann: Nee. Sie hatten ja dann... #01:55:27-5#
Astrid Kirchhof: Ach... schon #01:55:28-4#
Regina Baumann: Sie hatten ja dann, wo der Bergmann auch holen war mein Zeug, ich brauchte es nicht. Also es gab... also ich kann mich nicht erinnern, dass irgend... dass das eine Mangelware irgendwie war. #01:55:37-3#
Astrid Kirchhof: Aber für die Familien, die nichts mit der Wismut zu tun hatten, war es dann schwieriger? #01:55:41-7#
Regina Baumann: Also ich, ich kenne niemanden, oder hab nie... ich wüsste jetzt nicht jemanden, der nichts mit der Wismut zutun hatte #01:55:46-9#
Rommy Baumann-Sevim: Wahrscheinlich hatten...
Astrid Kirchhof: Das ist auch interessant
Rommy Baumann-Sevim: ...alle einen Bergmann (lacht) einquartiert und der hat seine Marken abgegeben
Regina Baumann: (unv.) einquartiert, ja
Rommy Baumann-Sevim: Wer weiß, ja. #01:55:54-4#
Regina Baumann: Überlegen Sie mal...
Astrid Kirchhof: Ja, ja
Regina Baumann: ...die Stadt war auf 60.000 Leute angestiegen, ja. #01:55:58-5#
Astrid Kirchhof: Ja. #01:55:59-0#
Regina Baumann: Johanngeorgenstadt war vielleicht damals 4.000. Wie sie jetzt wieder sind, oder... ja. #01:56:04-4#
Astrid Kirchhof: Hatten Sie noch, oder gehört davon, dass auch noch zusätzlich zu den Bergmännern Vertriebene aufgenommen werden mussten? #01:56:13-3#
Regina Baumann: Vertriebene... also, ja, natürlich, waren... Sie meinen Vertriebene, die aus dem...? #01:56:19-3#
Astrid Kirchhof: Aus dem... ja. #01:56:20-3#
Regina Baumann: Ja. Da wurden auch in Johanngeorgenstadt... #01:56:22-0#
Astrid Kirchhof: Das gab's auch...? #01:56:22-9#
Regina Baumann: Das gab's auch. Waren auch von, hier die (unv.), die waren ja auch so... das waren dann, das waren aber Familien. Das waren keine Einzelpersonen. #01:56:30-6#
Astrid Kirchhof: Ahh, okay. #01:56:31-2#
Regina Baumann: Das waren ja Familien, ne. Die kamen aus dem... ja. Aus dem Böhmen wurden die ja raus
Astrid Kirchhof: Genau (unv.)
Regina Baumann: Ja, war ja die Grenzstadt. Das war ja so kurios, ne. Also die Grenze war ja gesperrt. Drüben wohnte die Cousine und hier in dem... #01:56:43-5#
Rommy Baumann-Sevim: Und sag mal. Der Standow, das war so ein polnischer Busfahrer
Regina Baumann: Der... der war...
Rommy Baumann-Sevim: ...war das ein Fremdarbeiter? #01:56:48-3#
Regina Baumann: Der war Fremdarbeiter. #01:56:49-1#
Rommy Baumann-Sevim: A-ha. #01:56:49-5#
Regina Baumann: Ja. #01:56:50-4#
Rommy Baumann-Sevim: Aber der war total integriert dann. #01:56:51-9#
Regina Baumann: Ja. Waren ja auch dann... ja, Gefangene von Nazi. Die wurden ja dann als Fremder weiter nach... da war ein großes Lager, wo dann später die Box gebaut wurde. Da waren Fremdarbeiter drin. Das waren so einzelne Männer. Da, ja, da hat einer eine Johanngeorgenstädterin dann geheiratet. Und die haben da ein... ein anderer ist mit meiner Cousine nach Belgien zurück, ja. #01:57:14-1#
Astrid Kirchhof: Sie haben vorher gesagt, Sie waren in der Gewerkschaft, sind es immer noch. Beide haben Sie gesagt, sind Sie nie in der SED gewesen und waren eigentlich auch nicht unter Druck. #01:57:26-7#
Regina Baumann: War nie unter Druck, nee.
Astrid Kirchhof: Was...
Regina Baumann: Hatte ja nun zum Glück so eine Arbeitsstelle, die niemanden unter Druck gesetzt hatte. Ich, ich hab ja auch nicht... ja. Wollte ja auch nicht studieren, ja. Und mein Mann musste auch nicht zur Armee. Und, aber die Wismut-Leute, die wurden dann schon ein bisschen unter Druck gesetzt, ja. Wenn ich hätte jetzt gesagt, ach, ich will, oder ich, ja, oder ich will Abitur machen, oder... dann hätte man vielleicht, wär man vielleicht an mich herangetreten, ne. Aber so, ich hab in einem Privatbetrieb gelernt, ne. Und der Konsum war auch... und in der Bauakademie dann später, ja, dann hat man die Leute nicht mehr unter Druck gesetzt. Das war dann nicht. Also da wurde ich auch nicht unter Druck gesetzt (unv.) da. Ich meine, man musste ja immer teilnehmen an den Gewerkschaftsversammlungen. War... gut... Quatsch...
Astrid Kirchhof: (unv.)
Regina Baumann: ...an den Parteiversammlungen. #01:58:21-8#
Astrid Kirchhof: Das wollte ich jetzt gerade fragen,...
Regina Baumann: Ja, ja
Astrid Kirchhof: ...da mussten Sie teilnehmen, einmal... #01:58:24-4#
Regina Baumann: Ja! Da musste ich schon mal. Einmal die Woche oder einmal im Monat. Also, weiß ich gar nicht mehr so. #01:58:28-8#
Astrid Kirchhof: Aber das war nicht so schlimm, weil es immer nur (unv.)...? #01:58:30-3#
Regina Baumann: Ach, nee. Wir waren ja unter uns. Wir waren ja, war ja die Arbeitsgruppe. Ich hab im Großraumbüro gearbeitet, Unter den Linden. Das steht nicht mehr, das Blaue Wunder (lacht). Da steht jetzt ein Großartiges, ja. Das war ein schönes Arbeits... eine schöne Stelle. #01:58:43-5#
Rommy Baumann-Sevim: Das heißt, heißt ja immer noch Lindencorso. Das ist eben nur ein anderes Gebäude. Aber Lindencorso heißt das noch. #01:58:49-8#
Astrid Kirchhof: Was, was war denn eigentlich der Grund für diese... ist das eine Art Teamtreffen gewesen? Arbeitsgruppentreffen? Dann bespricht man sich, was war in der Woche? Oder warum musste man sich einmal die Woche treffen? #01:59:01-2#
Regina Baumann: Naja. Das war die sogenannte Parteiversammlung. Die musste sein, ne
Rommy Baumann-Sevim: (unv.)
Regina Baumann: Und dann wurde man über die neuesten, ja, über die neuesten politischen Ereignisse wurde da gesprochen. Am Anfang. #01:59:13-9#
Astrid Kirchhof: Und dann... #01:59:15-0#
Regina Baumann: Ja. Dann gab's ja immer... einer war bei der Partei der Parteisekretär. Und der musste dann, dann die Leute unterrichten, ne. Damit sie auch auf dem Stand bleiben. #01:59:23-9#
Astrid Kirchhof: Okay. Hatten Sie eigentlich im Laufe der Zeit, oder auch Sie, Kontakte zu sowjetischen Mitbürgern oder eben, die halt rübergekommen sind. Oder beim Militär waren oder eben auch in der Wismut? #01:59:35-4#
Regina Baumann: Nein. #01:59:35-7#
Astrid Kirchhof: Da waren ja auch Russen? #01:59:36-3#
Regina Baumann: Gar nicht, nein. Nein. Hatten wir nicht. Das, die, die Soldaten... das wurde auch, die wurden, ja. Die wurden bewacht und in ihrem bewachten Territorium... Nein. Also wir hatten nicht. #01:59:51-3#
Astrid Kirchhof: Hatten Sie nicht. Aber das...? #01:59:54-0#
Regina Baumann: Aber es gab natürlich... es gab schon, es gab schon ein paar Frauen, die von Russen Kinder hatten. Also sowas gab es schon, ne. #02:00:02-4#
Astrid Kirchhof: Also, dass Sie da waren...? #02:00:02-8#
Regina Baumann: Das ist schon mal, ist schon mal, sowas ist dann schon mal passiert. Ich meine, es gab ja auch die Offiziere, die waren ja nicht so. Aber die einfachen Soldaten, die wurden ja bewacht, ne. #02:00:11-7#
Astrid Kirchhof: Also wurde das sehr getrennt gehalten? #02:00:13-7#
Regina Baumann: Wurde getrennt gehalten. Diese... das waren Abge... das waren Kasernen, wo die waren. Und die haben ja die, die, die Bergleute bewacht, ja. Die haben ja die Bergleute bewacht,...
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Regina Baumann: ...ja. Und nun war ja dann, anfangs nicht, aber später waren ja dann, wenn die Leute aus dem Schacht kamen, da waren ja so Schleusen. Wo sie noch diese... und auch später Zivilkleidung hatten. Wenn die Uran irgendwie hatten, klingelte das, ne. Und das waren Soldaten. Russische Soldaten. War ja SDAG Wismut. War ja sowjetisches, ne. Und die haben das bewacht. Also die haben die Objekte der Wismut bewacht, die Soldaten. #02:00:55-8#
Astrid Kirchhof: Also Sowjets gab's, aber Ihre... in Johanngeorgenstadt. Aber Ihre Familie hatte keine weiteren Kontakte. #02:01:01-6#
Regina Baumann: Wir hatten keine persönlich, ja. Das war noch (unv.) Russen, ne. Die Russen sind da, ne. Nee, die hatten ihre extra Kasernen. Das war alles abgegrenzt. Da sind sie... es ist vielleicht... das weiß... sicher gab's da auch so einen kleinen, ja, ja, wie gesagt, einen Puff oder ein kleines Freuden... Freudenzimmer oder so, wo sich die Offiziere mal mit Deutschen. Das, das gab's ja. Es gab Kinder von... also es wurden Kinder geboren von, von sowjetischen Soldaten. Das gab es schon, ja. Das, das kann ich mich noch erinnern. Die, die hält es mit den Russen. Oder der hat einen Russen. #02:01:42-0#
Astrid Kirchhof: Aber eigentlich war es nicht so gerne gesehen? #02:01:44-3#
Regina Baumann: Nein! Es wurde... wie gesagt. Es wurde alles bewacht. Und, und man hat auch keine, man hat auch keine laufen sehen in den... es... das war dann aber schon ganz, ganz viel später. Das war dann aber, als die Wismut schon zu Ende war. Wie das auch in Rödersdorf war oder hier... Fehrbelliner gab's dann russische Familien schon, ne. Da. #02:02:06-8#
Astrid Kirchhof: Ich würde jetzt zu meiner letzten Frage kommen, die ich gerne Ihnen beiden stellen möchte. Es geht noch mal um Identität. Also die Wismut war ja auch modern. Also jedenfalls sagen das viele Leute, dass da viel Modernität auch gekommen ist. Ich habe mal Schwibbögen gesehen, wo diese Halden mit eingebaut worden sind
Regina Baumann: (lacht)
Astrid Kirchhof: Also das ist so ein para... also ich finde es irgendwie sehr, sehr interessant, weil eigentlich sagt man, das ist ja was Negatives erst mal. In dem Schwibbogen ist es ja was Identitäres. Also womit man sich identifiziert, weil es was ist, wo man... #02:02:44-1#
Regina Baumann: Also ich kenne so einen Schwibbogen nicht. Aber man muss ja mal so sagen. Bergbau war schon immer in, in dieser Schwibbogen-Gegend, ne.
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Regina Baumann: Und... aber da waren keine Halden. Da waren solche Aufschüttungen am Rand. Das waren die Rannle, ne, sagte man, die Rannle. Also die Randbefestigungen, die Rannle sagte man als Erzgebirger. #02:03:06-7#
Astrid Kirchhof: Rannle? #02:03:07-3#
Regina Baumann: Rannle! (unv.)
Astrid Kirchhof: (unv.)
Regina Baumann: ...also R - A - I, ne, Ran, die Rannle. Ja. Am Rande, ne. Das waren diese Aufgeschütteten. So richtige Halden, wie dieser sogenannte Tagschacht, wo mein Vater groß geworden ist, das war bloß ein kleiner Kegel. Die haben nicht so viel mit... die haben das anders verteilt, ne. Es war ja auch... nicht so eine große Wirtschaft. Das war ja ein Kleinbetrieb, ne. Aber was mit den Schwibbogen... das kenne ich nicht. Also ich kenne bloß den, also den Original-Schwibbogen. Der hier auch überall ist. Und das sind dann solche... ja, das ist so nachgebaut, so nachgemacht, ne. Aber da ist eine Klöppelfrau und, und, und ein Schnitzer drauf. Und ein Engel. Und... ja. Also es gibt schon sehr viele Nachbildungen. Ja, aber... ich kenne da keinen Berg. #02:04:03-5#
Astrid Kirchhof: Und wie sehen Sie sich beide? Als Johanngeorgenstädterinnen oder Berlinerinnen oder... wie, wie würden Sie Ihre Identität beschreiben? #02:04:12-8#
Regina Baumann: Ach, ja. Ich sehe mich schon noch als Johanngeorgen... ja. Und mein Mann, ich meine, wir sehen uns schon noch... wir sind da geboren. Und ich meine, es ist ja nun jetzt schon... die Jahre weg sind. Aber wir sind, wir sind auch noch heimatverbunden. Ich habe auch noch zwei Schulfreundinnen, die auch, also von Johanngeorgenstadt. Die wohnen beide hier in Berlin. Und wir treffen uns auch noch regelmäßig. Und dann wird eben... ja, wird eben auch noch gequasselt wie, wie in Johanngeorgenstadt. Und die haben auch beide noch Verbindungen zu Johanngeorgenstadt, ja. Ja, ich bin auch immer noch die ganzen Jahre zu diesen Treffen. Konfirmandentreffen wurden ja bei uns noch laufend gefeiert, ja. Zum 60-jährigen war ich das letzte... zum 65-jährigen war ich das letzte Mal da. Das, das ist dann schon immer schön in... man sieht ja die... doch, doch. Nee, also ich fühle mich schon... ich, ich möchte nicht sagen, ich bin Berlin. Ja. Seit 66 [1966] wohne ich in Berlin. Aber ich bin schon in Johanngeorgen...
Astrid Kirchhof: Und Sie...
Regina Baumann: ...wir sind da geboren und dann... #02:05:09-8#
Astrid Kirchhof: Sind Sie auch Erzgebirgerin, würden Sie sagen? Also eine Frau aus dem Erzgebirge? #02:05:15-9#
Regina Baumann: Erzgebirgisch. #02:05:16-8#
Astrid Kirchhof: Würden Sie... sehen Sie sich so? #02:05:17-9#
Regina Baumann: Ja,...
Astrid Kirchhof: Schon.
Regina Baumann: ...ja-ja, ja-ja. Ich bin, wir halten auch diese ganze erzgebirgische Tradition weiter. Also gerade so Weihnachten. Ich meine, das wird erzgebirgisch gefeiert bei uns. Also wir haben nicht das Berliner Sys... also, wir feiern wie die Erzgebirger, also... und dann auch die ganze erzgebirgische Kunst. Bei mir zu Hause stehen eben auch Schwibbögen und, und die Räuchermänner. Und die Pyramiden, die es... das ist erzgebirgische Kunst. Also das ist eben, da, da halten wir schon... ist traditionell noch. #02:05:48-0#
Astrid Kirchhof: Führen Sie das weiter? #02:05:49-2#
Rommy Baumann-Sevim: Ja, doch, ich sehe mich auch schon... also, natürlich. Berlin ist ganz wichtig. Aber Erzgebirge ist auch wichtig. Und mein Sohn, Mitte 30, hat eine Weihnachtsphobie. Und ich sage dann immer so, ist ja kein Wunder, ja. Mutter ist aus dem Erzgebirge (lacht), da ist Weihnachten das Wichtigste. Und der Vater ist aus Istanbul, da feiert man Weihnachten eigentlich gar nicht. Da kann ja nur eine Weihnachtsphobie rumkommen. #02:06:12-5#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:06:13-3#
Rommy Baumann-Sevim: Also so als, als Ursprung ist es schon wichtig. Und wir wollten vorheriges Jahr im April alle ins Erzgebirge fahren. Und die Enkelkinder... #02:06:21-7#
Regina Baumann: Dieses Jahr! #02:06:22-4#
Rommy Baumann-Sevim: ...der Schwiegersohn und so. Und weil der einfach gesagt hat,...
Regina Baumann: (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: ...wir müssen das mal sehen, wo, wo, wo eigentlich... wo kommt die Familie meiner Frau her, ja
Regina Baumann: (unv.)
Rommy Baumann-Sevim: Da kam natürlich der erste Lockdown. Wir waren froh (lacht), dass wir nichts gebucht hatten
Regina Baumann: (lacht)
Rommy Baumann-Sevim: Die wollen sich das schon angucken. Also, ich denke, es ist noch mal... aber die, die meisten Berliner sind doch irgendwo, von irgendwo gekommen. Also...
Regina Baumann: Ja
Rommy Baumann-Sevim: ...und das vergisst man ja nicht. Und ich kann mir nicht vorstellen, Weihnachten anders zu feiern, als so wie im Erzgebirge. Sonst würde ich mich total verloren fühlen, ja (lacht) #02:06:57-1#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) Ganz zum Schluss, würden Sie sagen, die Wismut, auf die hätten wir gut verzichten können? Oder es war gut, dass sie da war? #02:07:09-2#
Regina Baumann: Das kann man gar nicht sagen. Das weiß man nicht. Weil... das, das, das weiß man nicht. Wenn sie nicht gekommen wäre, wäre es auch weitergegangen, ne. Dann hätten vielleicht die Betriebe, diese, die dann später... hätten dann vielleicht früher aufhören... ich meine, die weiteste Industrie ist ja die Handschuhindustrie. Die Möbelindustrie, die wäre dann vielleicht, hätte sich dann aufgebaut, ja. Aber die musste ja verzögert werden durch die Wismut. Kann man, kann man nicht sagen. Also das... weiß man nicht. #02:07:42-8#
Astrid Kirchhof: Was sagen Sie, Frau Baumann? #02:07:44-5#
Rommy Baumann-Sevim: Aus Umweltschutzgründen wäre es natürlich gut gewesen, wenn dieses Uran (lacht) dem Erzgebirge erspart geblieben wäre. Und dieser massive Uranbergbau. Andererseits, die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Und ohne Wismut gäbe es mich wahrscheinlich gar nicht. Weil dann wäre ja die ganze Entwicklung anders verlaufen. #02:08:05-6#
Regina Baumann: Wär anders, ja. #02:08:06-7#
Rommy Baumann-Sevim: Ja. Und dann würden wir ja auch nicht hier sitzen. #02:08:09-2#
Regina Baumann: Ja. #02:08:09-7#
Rommy Baumann-Sevim: Aber aus Umweltschutzgründen war die Wismut keine gute Sache. Vielleicht hat sie dafür gesorgt, dass einige Leute gut Geld verdient haben zu einer bestimmten Zeit. Aber wie hoch die Kosten waren... #02:08:22-9#
Astrid Kirchhof: hm (bejahend) #02:08:23-8#
Regina Baumann: Ja. Es haben viele viel Geld verdient. Sind auch viele auf der Strecke geblieben, ja. Nicht nur an Krankheiten, ne. Auch an anderen Sachen, ne. #02:08:33-3#
Astrid Kirchhof: Dann machen wir jetzt hier noch mal einen Cut (Pause). Wollten Sie hier uns... #02:08:37-5#
Regina Baumann: Und dann ist hier dieses Haldengelände, ne. Wie das dann... das ist das Haldengelände. Und hier unten haben sie ja so eine richtige Wohnstadt aufgebaut. So sah das eben dann aus. #02:08:47-0#
Astrid Kirchhof: Steigerdorf...
Regina Baumann: Steigerdorf
Astrid Kirchhof: ... ist das in der Nähe von Johanngeor...? #02:08:50-0#
Regina Baumann: Das ist in... gehört zu Johanngeorgenstadt. Das ist unten ab... in der Nähe vom Bahnhof. Da wurde dann richtig ein, ein Steigerdorf, also richtig aufgebaut. Baracken. Wo die Leute dann umgesiedelt wurden. Zum Teil auch aus diesen abgerissenen Häusern von, von der Altstadt. #02:09:04-6#
Astrid Kirchhof: Sagen Sie, hier, das sind die Baracken, ne? Von denen Sie gerade erzählt...
Regina Baumann: Das sind die Baracken. #02:09:08-4#
Regina Baumann: Und hier ist eben dieses mit diesem Zug, ne. Wenn die Leute dann (unv.) hatten, haben wir ja erzählt, ne. Mit den, wie das eben war. War ja nicht genug Platz in den Waggons und dann waren sie über und drüber. Und da war ja auch ein riesengroßes Zugunglück. Da auch sehr viele tot... zu Tode gekommen sind. #02:09:24-1#
Astrid Kirchhof: Sie wollten glaube ich hier noch mal den Marktplatz zeigen. #02:09:27-5#
Regina Baumann: Der muss hier sein. #02:09:28-7#
Astrid Kirchhof: Der ist da. #02:09:29-4#
Regina Baumann: Wo haben wir den? (Unv.) Hier sieht's jetzt, sieht's so aus, das hatten wir... #02:09:35-8#
Astrid Kirchhof: Ah, das können wir noch mal zeigen. #02:09:37-3#
Regina Baumann: hm (bejahend) #02:09:37-8#
Astrid Kirchhof: Also so sieht's jetzt aus.
Regina Baumann: Ja.
Astrid Kirchhof: So war's mal.
Regina Baumann: Ja.
Astrid Kirchhof: Das ist... ich sag mal, die Innenstadt. #02:09:42-3#
Regina Baumann: Ja, ja, das war die Innenstadt. #02:09:42-8#
Astrid Kirchhof: Die ist, die ist, die ist dem Erdboden gleichgemacht worden...
Regina Baumann: hm (bejahend). Und dann sieht's jetzt so aus, ja /Astrid Kirchhof ... und dann aufgeforstet. #02:09:49-8#
Regina Baumann: Schön Wald (lacht)
Astrid Kirchhof: (lacht)
Regina Baumann: ...und dann fährt man vorbei, ja. Und das ist jetzt die Neustadt. Hier ist auch ein Schwibbogen. Aber das ist nur so ein, ein, ein Bergbau (unv.). Na hier, das muss da drüben sein. #02:10:04-8#
Astrid Kirchhof: Hier hatten Sie was gez... also hier haben Sie gerade... wollten Sie da noch mal was sagen? #02:10:10-3#
Regina Baumann: Nee. Das war, das war, das war, nein, nein. Das wollte ich Ihnen bloß zeigen, wie das war. Eröffnung der Eisenbahnlinie Karlsbad Johanngeorgenstadt. Die eben jetzt noch... existiert
Rommy Baumann-Sevim: Jetzt noch fährt
Regina Baumann: Die fährt da so am Waldrand oben lang, ne. Jetzt, früher konnte man das Bädl immer schön sehen. Jetzt ist auch der Wald hochgewachsen
Rommy Baumann-Sevim: Letztes Jahr...
Regina Baumann: Und man kann heute damit noch wunderbar fahren. Es ist ganz toll, da nach Karlsbad zu fahren. Und... Sie fahren dann da durch die ganzen kleinen Ortschaften im, im Erzgebirge. Gehört ja, das böhmische Erzgebirge, was dann jahrelang gesperrt war. Aber jetzt wieder offen ist. Und man kann mit den Skiern dahin fahren. Neudek [Nejdek] und überall hin, ne. Wo haben wir denn den, den, die, die, das Rathaus? #02:10:54-1#
Astrid Kirchhof: Das ist nicht so schlimm. Es war glaube ich hier drin. Das ist nicht so schlimm, wenn es... #02:10:58-1#
Regina Baumann: Das finden wir. #02:10:59-1#
Astrid Kirchhof: ...einen Moment jetzt dauert. Kein Problem. Finden wir schon. #02:11:03-4#
Regina Baumann: Blick von der böhmischen Bahn (Blättern) (unv.) #02:11:09-1#
Astrid Kirchhof: (lacht) #02:11:10-6#
Regina Baumann: Hier ist das alte Rathaus. Das ist aber schon uralt. Also das ist... #02:11:13-6#
Rommy Baumann-Sevim: Das war vor dem Stadtbrand. #02:11:14-9#
Regina Baumann: Das ist die Kirche. #02:11:16-2#
Astrid Kirchhof: Da sieht man, weil die ganzen Wintersport, von dem Sie...
Regina Baumann: Ja, ja
Astrid Kirchhof: ...die ganze Zeit geredet
Regina Baumann: das ist ein bisschen, da ist alles drin
Astrid Kirchhof: Das ist ja echt interessant. #02:11:23-9#
Rommy Baumann-Sevim: Im Ortsteil Jugel... #02:11:25-4#
Astrid Kirchhof: Nee, jetzt finde ich es hier doch nicht. #02:11:27-5#
Rommy Baumann-Sevim: Ihr findet das schon. Im Ortsteil Jugel gab's ja ein Gebiet, da standen dann auch so kleine Häuser. Die wurden, da mussten die Leute ausziehen. Und da wurden dann wirklich die Steine drüber geschüttet. Da wurde eine Halde aufgeschüttet, ne. Wie das die Bewohner, die ehemaligen, fanden, weiß ich jetzt nicht genau, aber... #02:11:43-9#
Astrid Kirchhof: Hier! Hier haben wir es schon. #02:11:44-8#
Regina Baumann: Ach, dann ist es doch da. Ja, das ist dann, ne... hier. Das ist das Rathaus. Also wie gesagt, der Brunnen steht noch. Den haben sie wieder rekonstruiert. Auf dem Brunnen war jahrelang während der Wismut-Zeit, da war ein Kiosk draufgebaut. Da gab's was zu Essen. Und dann (lacht)... und jetzt haben sie ihn wieder schön aufgebaut. Aber wie gesagt, das Rathaus, das war sehr schön. Das war auch innen sehr schön. Kann ich mich noch erinnern. Da waren so, so bunte Fenster. #02:12:10-0#
Astrid Kirchhof: Also das ist, das Rathaus...
Regina Baumann: Das ist alles weg
Astrid Kirchhof: ...ist weg und der Brunnen ist geblieben? #02:12:13-8#
Regina Baumann: Brunnen ist jetzt wieder rekonstruiert. #02:12:15-6#
Astrid Kirchhof: Und jetzt ist das alles Wald? #02:12:17-8#
Regina Baumann: Ja. In der Nähe ist alles Wald. Und in, und da, in der Nähe... da so oberhalb von dem Brunnen haben sie so mehrere Tafeln. Die ganze Entwicklung haben sie sehr schön aufgearbeitet. Das haben sie sehr schön gemacht, ja.
Astrid Kirchhof: hm (bejahend)
Regina Baumann: Aber da haben wir keine Bilder von. #02:12:33-7#
Astrid Kirchhof: Wo haben die denn eigentlich das Rathaus später hin gebaut? Das muss... #02:12:36-4#
Regina Baumann: Das Rathaus? Das ist Schutt! Ne
Astrid Kirchhof: Aber...
Regina Baumann: Nee. Und dann...
Astrid Kirchhof: Wo ist denn der...?
Regina Baumann: ...und jetzt haben wir ein Rathaus, ne, das war eine ehemalige russische Kaserne. Und dann war die, die Nationale Volksarmee drin. Und das haben sie jetzt ausgebaut und das ist jetzt das Rathaus von Johanngeorgenstadt. Da sind natürlich auch noch andere Gewerbe und sowas drin. Und auch... #02:12:55-6#
Astrid Kirchhof: Und zu DDR-Zeiten, wo war der Bezirksrat? Oder, weiß ich nicht... #02:12:59-6#
Rommy Baumann-Sevim: Das, das Rathaus war eins (unv.)... #02:13:01-4#
Regina Baumann: Da war, da war, nee
Rommy Baumann-Sevim: In der Mittelstadt
Regina Baumann: Nein! Nein, nein. Nee, nee. In der... da war dann hinter, hinter dem Kaufhaus, was sie weggerissen...
Rommy Baumann-Sevim: Ja, meine ich doch!
Regina Baumann: ...haben, da waren Baracken und da waren so...
Rommy Baumann-Sevim: (unv.)
Regina Baumann: ...da musste... #02:13:13-8#
Astrid Kirchhof: Also in der Mittelstadt. #02:13:15-2#
Regina Baumann: Da war ein Hilfs... #02:13:18-5#
Rommy Baumann-Sevim: Das war kein Rathaus
Regina Baumann: War kein Rathaus,...
Rommy Baumann-Sevim: ..., das war einfach...
Astrid Kirchhof: Das war einfach ein Gebäude und da haben sie sich getroffen (unv.) von der SED
Regina Baumann: ... das war, das war einfach ein Gebäude, da haben sie sich getroffen, da drin, ja. #02:13:25-0#
Regina Baumann: Ja, aber... zu... ja. Dieses Kaufhaus, alles weggerissen, ja. #02:13:31-4#
Astrid Kirchhof: Gut! Dann...
Rommy Baumann-Sevim: (lacht)
Regina Baumann: Habt...
Astrid Kirchhof: ...lassen wir es dabei, bei diesen Fotos. #02:13:36-3#
Regina Baumann: Habt ihr genug? (Lacht) #02:13:37-2#
Astrid Kirchhof: Ja (lacht) wir haben viel, viel, viel. Dann danke ich Ihnen,...
Rommy Baumann-Sevim: (lacht)
Regina Baumann: (lacht) haben uns heiß geredet
Astrid Kirchhof: ... dass Sie vorbeigekommen sind beide. Es war sehr spannend und sehr schön, auch noch mal einen anderen Blickwinkel... #02:13:47-3#
Rommy Baumann-Sevim: Siehst du. Das wirst du nicht bereuen! (Lacht) #02:13:49-4#
Regina Baumann: Ja (lacht). Ja, dieser Pulverturm, der stand eigentlich noch. Da wurde das Pulver aufbewahrt von diesem früheren Schacht. Wenn die Sprengungen machen mussten, ne. Und der steht heute noch. Den haben sie noch erhalten,...
Astrid Kirchhof: Ja?
Regina Baumann: Ja, ja. Und ich habe... praktisch auf der gegenüberliegenden Seite, haben sie so, so ein bisschen einen neuen Stadtteil aufgebaut. Was früher mal auch Haldengelände war. Und dann haben sie jetzt auch eine Straße danach benannt, der Pulverturm. #02:14:19-9#
Rommy Baumann-Sevim: Straße am Pulverturm. #02:14:20-9#
Regina Baumann: Ja. Und mein Schwager wohnt da. Und der ist so ein bisschen aggressiv, sage ich, dann hast du die richtige Straße. #02:14:25-9#
Astrid Kirchhof: (Lacht) Schön! #02:14:28-1#
Regina Baumann: Sage ich, die passt zu dir. #02:14:29-7#
Astrid Kirchhof: (Lacht) #02:14:30-1#
Regina Baumann: Der wohnt am Pulverturm fünf. Ja. #02:14:32-3#
Astrid Kirchhof: Sehr schön. #02:14:33-8#
Regina Baumann: Ja. #02:14:34-2#
Rommy Baumann-Sevim: Gut! #02:14:34-7#
Astrid Kirchhof: Vielen, vielen Dank, dass Sie...
Regina Baumann: Gerne, ja (lacht)
Astrid Kirchhof: ...vorbeigekommen sind, beide.